NSU-Prozess: Ein Plädoyer wird zur "Kriegserklärung"
Seite 3: Warum war die Serie von August 2001 bis Februar 2004 zweieinhalb Jahre lang unterbrochen?
- NSU-Prozess: Ein Plädoyer wird zur "Kriegserklärung"
- Warum macht die Bundesanwaltschaft das?
- Warum war die Serie von August 2001 bis Februar 2004 zweieinhalb Jahre lang unterbrochen?
- "Irrlichter" und "Fliegengesurre"
- Keinerlei Ähnlichkeit
- "Keine Klarheit über Ablauf der Tat und Anzahl der beteiligten Personen"
- Verstrickung des Verfassungsschutzes und seiner V-Leute böte ein Motiv
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Im Jahr 2001 wurden mit der Ceska-Pistole in kurzen Abständen drei Morde verübt, soviel wie in keinem anderen Jahr. Danach war die Serie von August 2001 bis Februar 2004 zweieinhalb Jahre lang unterbrochen. Warum? Dazu verhalte sich Beate Zschäpe nicht, so die Anklagevertreterin Greger in ihrem Plädoyer. Aber auch sie verhält sich nicht dazu. Sie hat keine Erklärung.
Das in exakt diesem Zeitraum laufende Strafverfahren gegen die rechtsextreme Band Landser könnte eine solche Erklärung liefern. Während des Landser-Verfahrens wurde der Zschäpe-Freund Thomas Starke, der am Vertrieb der Landser-CD beteiligt war und gegen den heute wegen NSU-Unterstützung ermittelt wird, als V-Person der Sicherheitsbehörden gewonnen.
Mord Nummer acht am 4. April 2006 in Dortmund. Opfer ist Mehmet Kubasik, deutscher Staatsangehöriger, 1991 als kurdischer Asylbewerber aus der Türkei gekommen. Oberstaatsanwältin Greger trägt vor, was bereits in der Anklageschrift ihrer Behörde steht, verschweigt aber zahlreiche Erkenntnisse, die sich in den letzten Jahren ergeben haben.
Zum Beispiel Medienberichte vom Frühjahr 2017, nach denen ein Bauarbeiter zwischen November 2001 und März 2002 gemeinsam mit Uwe Böhnhardt und Uwe Mundlos auf einer Baustelle in Dortmund gearbeitet haben will. Die beiden sollen sich "Jörg" und "Guido" genannt haben. Das Bundeskriminalamt, das den Zeugen bereits 2012 befragt hatte, nannte seine Angaben "glaubhaft". Der Bauarbeiter identifizierte auch Beate Zschäpe als die Frau, die seine beiden Arbeitskollegen in Dortmund besucht haben soll. Greger erwähnt den Sachverhalt mit keinem Wort. Das erspart ihr, begründen zu müssen, warum der keine Relevanz habe.
Ebenso: Zum Tatort Dortmund sollen Böhnhardt und Mundlos im April 2006 mit einem Wohnmobil der Mietfirma Horn aus Chemnitz gefahren sein. Der Untersuchungsausschuss des Bundestages hat herausgefunden, dass der Vermieter selber am Tattag in Dortmund war. Das sollte sich 2007 im Zusammenhang mit dem Polizistenmord von Heilbronn wiederholen. Nur Zufälle?
Dann: Ein Polizeiinformant hatte erklärt, die Person Toni S. habe einem oder beiden Uwes kurz vor dem Mord eine Waffe übergeben. Toni S. war einmal V-Mann des Verfassungsschutzes von Brandenburg. Sein Handy soll, wie im Bundestagsausschuss zur Sprache kam, am Tattag in der Funkzelle des Tatortes eingeloggt gewesen sein. Ungeklärte Sachverhalte.
Und schließlich gibt es eine Dortmunderin, die als Zeugin vor Gericht widerspruchsfrei geschildert hatte, das Trio wenige Tage vor dem Mord im Garten ihres Nachbarn bemerkt zu haben. Dieser Nachbar gehörte zur nationalen Szene der Stadt. Die Zeugin, Veronika von A., hatte sich nicht an die Polizei oder die Bundesanwaltschaft gewandt, in die sie kein Vertrauen hatte, sondern an Anwälte der Nebenklage.
Auf diesen Sachverhalt ging Greger nun explizit ein. Zschäpe sei bei "keiner Tat" am Tatort gewesen, wiederholte sie und setzte zum Schlag gegen die Opferanwälte an: "Die Existenz von rechten Hintermännern an den Tatorten, die einige Anwälte ihren Mandanten offenbar versprochen hatten, hat sich nicht bewahrheitet. Ich erinnere nur an die dramaturgische Aussage der Zeugin Von A."
Ein Rechtsanwalt, der die Tochter des Ermordeten vertritt, nannte das eine "Frechheit". Ein anderer Anwalt: "Infam". Eine Opferanwältin sagte, die Bundesanwaltschaft wolle offensichtlich "Krieg" - und fügte hinzu: "Dann wird sie Krieg bekommen."