Naturfeuerwerk

Die Abschiedsvorstellung der Leoniden steigt am Dienstag

Der folgende Beitrag ist vor 2021 erschienen. Unsere Redaktion hat seither ein neues Leitbild und redaktionelle Standards. Weitere Informationen finden Sie hier.

Wer diesmal nicht schaut, wird es nicht mehr erleben. Denn bis sich die Laufbahn der Erde erneut mit der Staubspur des Kometen Tempel-Tuttle kreuzt und ein wahres Sternschnuppenfeuerwerk an den Himmel zaubert, wird es Ende dieses Jahrhunderts werden. Meteoriten-Fans dürften daher in den nächsten Tagen umso mehr ihren Spaß an den Leoniden haben.

Tempel-Tuttle nähert sich auf seiner ellipsenförmigen Umlaufbahn alle 33 Jahre der Sonne, die seine vereiste Oberfläche antaut und eine Staubspur aus losgelöstem Eis und Gesteinsbruchstücken hinterlässt. Kreuzt die Erde auf ihrer Umlaufbahn die Staubspur des Kometen, dann treffen die nur wenige Millimeter großen Staubteilchen mit einer Geschwindigkeit von über 70 Kilometern pro Sekunde auf die Erdatmosphäre und verglühen dort zur "Sternschnuppe". Da diese vom Sternbild Löwe auszugehen scheinen, nennt man sie Leoniden.

Feuerball eines Leonidenschwarms 1999. Foto: Hamid Barzegar

Obwohl auch schon in diesen Tagen mehrere Duzend Sternschnuppen in den frühen Morgenstunden zu sehen sind, rechnen die Astronomen erst in der Nacht auf Dienstag (19. November) mit dem Höhepunkt. Bis zu 5.000 Meteore, so schätzen Experten, werden dann pro Stunde in der Erdatmosphäre verglühen. Neben eventuellen Wolken dürfte jedoch dieses Jahr auch der Vollmond viele der weniger hell leuchtenden Sternschnuppen überstrahlen, so dass Astronomen schätzen, dass wohl eher nur um die 500 Meteoriten pro Stunde zu sehen sein werden.

Die Erde durchquert zwar jedes Jahr Mitte November die Flugbahn des Kometen, doch der Umfang der Meteoritenschauer hängt davon ab, wie stark sich Staubmaterial an dieser Stelle konzentriert. So waren seit 1998 jedes Jahr eindrucksvolle Sternschnuppenschauer zu beobachten. Auch dieses Jahr bewegt sich die Erde dabei durch zwei Staubwolken. Die Astronomen rechnen damit, dass die erste Staubwolke, die der Komet bei seiner Sonnennäherung im Jahre 1767 abgestoßen hat, etwa gegen fünf Uhr morgens den maximalen Meteoritensturm verursachen wird, der von ganz Westeuropa aus zu sehen sein soll. Sechs Stunden später kommen dann die Nordamerikaner (5.15 Uhr Ortszeit) in den Genuss, die Meteoriten beim Durchqueren der zweiten Wolke zählen zu dürfen, die der Komet 1866 absonderte und letztes Jahr seinen asiatischen Zuschauern einen reichen Sternschnuppenregen bescherte. In den nächsten Jahrzehnten wird die Erde diese Staubwolken nicht mehr kreuzen, bis zum nächsten intensiven Sternschnuppenregen kann es daher nach Schätzungen der NASA bis zum Jahre 2098 oder gar 2131 dauern.

Die Anzahl und Leuchtstärke der zu beobachtenden Sternschnuppen liefert Astronomen wichtige Hinweise auf die Größe der Staubkörner und so auf die Beschaffenheit des Staubschweifs des Kometen. Während Menschen auf der Erde und in Flugzeugen keinen Schaden zu befürchten haben, kann diese Information für die Satellitenbetreiber und Weltraumagenturen von großer Wichtigkeit sein, denn selbst winzige Staubteilchen können den empfindlichen Spiegel eines Weltraumteleskops beschädigen oder für einen Kurzschluss in der Bordelektronik des Satelliten sorgen.

Das European Space Operations Center (ESOC) warnt daher auch dieses Jahr, momentan von Raketenstarts eher abzusehen und die rund 700 Satelliten zum Teil abzuschalten oder so auszurichten, dass sie nur eine möglichst kleinen Angriffsfläche für die Staubkörner bieten. Anderenfalls könnten größere Staubstücke die Sonnensegel durchschlagen, kleinere Körner verdampfen bei der Kollision mit dem Satelliten, wobei eine elektrisch aufgeladene Gaswolke entsteht, die zu einem Kurzschluss führen kann.

Für die Besatzung der Internationalen Raumstation ISS hingegen bestehe keine Gefahr, selbst Einschläge von Staubkörnern mit einigen Zentimetern Durchmesser soll zumindest der Besatzung keinen Schaden zufügen. Die ISS-Besatzung wird das vorerst letzte Schauspiel der Leoniden am Besten beobachten können. Erdlingen empfiehlt die NASA, nicht starr auf das Sternbild des Löwen im östlichen Himmel zu starren, sondern den Horizont aufmerksam zu beobachten, und viel Zeit mit zu bringen.

Für die Wissenschaftler spielt der reiche Meteoritenregen jedoch noch eine weitere interessante Rolle. Mit zwei Flugzeugen wollen 42 Astrobiologen unter Leitung des SETI Instituts und der NASA die beiden Staubwolken beobachten und herausfinden, welches Material eventuell bis zum Erdboden durchkommt und wie sich das organische Material bei der Begegnung mit der Erdatmosphäre verhält. Letztendlich erhofft man sich dadurch die Beantwortung der noch ungelösten Frage, ob Leben auf der Erde aus dem All kam.