Nazivergleiche und Faschismusbegriff: Wie viel NSDAP steckt in der AfD?

Seite 2: Der instrumentelle Nazibegriff

Nun ist es bekannt, dass auch die Nazi- bzw. Faschismusvergleiche einen klar instrumentellen Zweck hatten, So fällt auf, dass die taz, die angekündigt hat, die Linien für die AfD-Ergebnisse bei Wahlen braun einzuzeichnen, ganz ohne jegliche Bezüge auf Nazis und Faschismus auskommt, wenn sie über die Asow-Brigaden in der Ukraine berichtet.

Unter der Überschrift "Demokratischer Mentalitätswandel" wurde dort berichtet, dass sich in der Ukraine Soldaten unsinnigen oder besonders gefährlichen Entscheidungen der Militärhierarchie widersetzen und öffentliche Kritik an Vorgesetzten üben.

"Mit dieser Überprüfungspraxis wurde in einer der renommiertesten Einheiten der ukrainischen Armee – der 12. Brigade der Nationalgarde ‚Asow‘ – begonnen", heißt es dann in dem Artikel ganz wertfrei. Da wird mit keiner Silbe erwähnt, dass die Asow-Brigaden von Neonazis gegründet wurden und dass sie heute noch entsprechende Symbole tragen.

Rechtsextremer Kampfverband mit Renommee

Deshalb wurden erst vor wenigen Wochen Propagandaauftritte von Asow in mehreren europäischen Städten verhindert. Doch dem taz-Journalisten Juri Konkewitsch ist die Nazi-Connection kein Wort wert, im Gegenteil hebt er Asow noch positiv hervor, in dem er von "renommierten Asow-Brigaden" spricht.

Man stelle sich nur vor, in der taz würde über eine innerparteiliche Entwicklung der AfD geschrieben . Natürlich würde dort der Zusatz nicht fehlen, dass es um eine laut Verfassungsschutz um eine rechtsextreme Organisation geht – oder es würde gleich von Nazis oder Faschisten gesprochen.

Wenn dann in der taz ein Autor die rechtsextremen Asow-Brigaden nur als "renommiert" hervorhebt, zeigt sich ein instrumenteller Umgang mit Nazi- und Faschismusvergleichen. Weil Asow in der Ukraine aufseiten des Westens und vor allem Deutschland kämpft, wurden sie schon mal vorsorglich entnazifiziert.

Solche Töne in der Zeitung zu lesen, die bis zur Farbe der Zustimmungswerte in Umfrage-Grafiken die AfD als Nachfolger der Nazis darstellen will, muss zumindest irritieren. Hier wird schnell deutlich, dass mit den Nazibegriffen beliebig verfahren wird. Was einem politisch in den Kram passt, wird entnazifiziert, was man ablehnt, muss dann kräftig angebräunt werden. Das hat mit antifaschistischer Analyse wenig zu tun.

Der autoritäre Staat, die AfD und die Restlinke

Vor allem soll damit vergessen gemacht werden, dass es keinen Faschismus benötigt, um Kriege zu führen und die Menschenrechte selektiv außer Kraft zu setzen. Aktuell können sich in Deutschland die Staatsapparate aus der Kritik nehmen, indem sie nur besonders klar die AfD als Nazis und Faschisten bezeichnen.

Dann kann umso geräuschloser der autoritäre Umbau des Staates vorangetrieben werden, wie es in letzten Jahren in Deutschland geschehen ist, wo die Politiker ganz offen bekunden, dass Deutschland kriegsfähig gemacht werden soll. Darauf hat Manfred Sohn am Freitagabend bei einer Veranstaltung im Berliner Sprechsaal hingewiesen, die sich kritisch mit der politischen Funktion des Faschismusbegriffs befasste.

Tatsächlich knüpfte die Kritik an linke Diskussionen in den 1970er-Jahren an, die auch klargestellt hatten, dass der neue Faschismus nicht mit SA-Stiefeln heranzieht, sondern aus dem Staatsapparat selbst kommt. Solche Aspekte werden vergessen, wenn man aus der AfD eine NSDAP 2.0 macht. Dass man aber nun auf einmal die AfD zum Verbündeten machen sollte, auf diese Idee kann nur ein Dieter Dehm kommen.

Bleibt die Querfront mit der AfD eine abseitige Idee?

Der ehemalige Bundestagsabgeordnete der Linken schraubte zunächst etwas bemüht an der umstrittenen Faschismus-Definition des Kommunisten Georgi Dimitroff herum, um dann festzustellen, dass demnach die AfD mindestens das kleinere Übel ist. Offen empfahl Dehm, dass BSW und AFD in Thüringen und Sachsen Koalitionsgespräche aufnehmen sollten. Sie könnten seiner Meinung höchstens daran scheitern, dass die AfD sich als "AFDP", also besonders neoliberal gibt.

Der Rassismus, die Hetze gegen Minderheiten der AfD scheint für Dehm ein unbedeutendes Problem zu sein. Bisher sind solche offenen Querfront-Bestrebungen im BSW nicht erwünscht. Das garantiert aber – soweit erkennbar – nicht, dass sich das nicht ändert, wenn alle Koalitionsgespräche mit anderen Parteien scheitern.

Der Vortrag im Berliner Sprechsaal machte aber auch deutlich, dass Menschen, die sich aus analytischen Gründen gegen einen inflationären Faschismusbegriff in Bezug auf die AfD wenden, mit solchen Querfront-Bestrebungen nichts zu tun haben. Wenn man richtigerweise analysiert, dass wir mitten in einem autoritären Staatsumbau sind, dann ist der Aufstieg der AfD ein wichtiges Zeichen dafür. Wer sich gegen diesen autoritären Umbau wendet, muss auch die AfD bekämpfen und nicht etwa mit ihr Bündnisse schmieden.


Redaktionelle Anmerkung

Zu diesem Beitrag erreichte uns eine Zuschrift von Diether Dehm, der im Beitrag erwähnt wird:

Peter Nowak hätte wenigstens kurz die Ohren aufsperren sollen, wenn er die Veranstaltung schon so frühzeitig verlassen hat. Weder hatte ich die AfD zum „Verbündeten“ erklärt, noch meine Kritik an der AfD auf deren Neoliberalismus begrenzt, wie er behauptet, sondern sie wörtlich sogar als „die zionistischste Fraktion im Bundestag“ bezeichnet.

Außerdem hätte Novak zumindest den anderen Referenten, Dr. Manfred Sohn (den früheren Fraktionsvorsitzenden der Linken im niedersächsischen Landtag und heutigen Leiter der DKP-nahen Marx-Engels-Stiftung) erwähnen können.

Wenn Novak die Dimitrowsche Faschismus-Definition von 1935 nicht passt, wäre auch zumindest etwas sachliche Kritik daran (und nicht bloß die lapidare Anpassungformel „umstritten“) denkbar gewesen. Dimitrow hatte den Faschismus an der Macht als terroristische Diktatur des imperialistischsten Monopolkapitals bezeichnet. Die Kräfte, die gerade in einen dritten Weltkrieg treiben, hatten Manfred Sohn und ich eher im woken Weißen Haus, bei Blackrock-Merz und der Ampel-Regierung gesehen, als in der AfD, die (wohl aus anderen Gründen als wir Marxisten) „Frieden mit Russland“ fordert.

Ich hatte im "Sprechsaal" auch nie für "Querfront" geworben. Allerdings die sächsischen und thüringischen Techtelmechtel des BSW mit den Kriegstreibern CDU, FDP und SPD kritisiert - wenn gleichzeitig Sahra Wagenknecht „Frieden mit Russland“ zur obersten Verhandlungskategorie erklärt. Um aus dieser Zwickmühle herauszukommen, hatte ich dann empfohlen, dass ALLE, soweit sie es mit dem Grundgesetz (Angriffskriegsverbot, Zensurfreiheit, Sozialstaatlichkeit) neu versuchen wollen, miteinander verhandeln. Und dies nicht in Hinterzimmern, sondern im Beisein alternativer Medien wie Nachdenkseiten, Telepolis uä.

Wenn dann solche Verhandlungen mit AfDlern oder Sozialdemokraten scheitern, schafft das wenigstens entzaubernde Aufklärung. Aber ein Miteinanderreden ist vor allem nötig, um die Friedensbewegung endlich zu verbreitern. Und diese Notwendigkeit war und ist mit Dimitrow präzise zu begründen.

Dr. Diether Dehm

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