Neue Hoffnung für die deutsche Solarbranche

Seite 2: Weltmarktanteil deutscher Hersteller auf weniger als ein Prozent geschätzt

Es ist die Molekülstruktur, die den Strom erzeugt, was Zimmermann als "Fluch und Segen zugleich" bezeichnet: Einerseits sind durch neue Moleküle immer neue Anwendungen möglich. Anders als bei den siliziumbasierten Solarzellen lässt sich andererseits die Lebensdauer der neuen Sonnenkraftwerke nicht mit Gewissheit vorhersagen. Zimmermann: "Die ist für jedes neue Material neu zu prüfen". Der Freiburger Forscher sieht die Dresdner Firma aber gut aufgestellt, "Heliatek hat schon sehr stabile Zellen demonstriert".

Könnten Innovationen, wie die organische Fotovoltaik aus Dresden, der deutschen Solar-Branche einen Impuls geben? Volker Quaschning, Professor für regenerative Energiesysteme an der HTW Berlin, ist skeptisch: "Der Weltmarkt wächst jährlich um 20 bis 30 Prozent", um konkurrenzfähig zu bleiben, hätten deutsche Solarbranche mitwachsen müssen. Nur so könne man konkurrenzfähige Preise aushandeln, etwa beim Grundstoff Silizium.

"In dem Moment, wo der Heimatmarkt weggebrochen ist, hatten die Deutschen keine Chance mehr, mitzuwachsen", sagt Quaschning, der den Weltmarktanteil deutscher Hersteller auf weniger als ein Prozent schätzt. Zudem: "Die Politik unternimmt nichts, um dem Markt Vertrauen zurückzugeben."

Das sieht auch Birger Zimmermann so. Wer der Branche einen Wachstumsschub geben wolle, der "müsste dafür ein entsprechendes Wirtschaftsumfeld schaffen, so wie es die rot-grüne Bundesregierung einst mit dem Erneuerbaren-Energien-Gesetz gemacht hat." Derlei sei derzeit nicht in Sicht. Das Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme hat in einer Studie untersucht, wie die deutschen Klimaziele erreicht werden können. Ergebnis: Das geht nur mit einem massiven Ausbau der Fotovoltaik. "Von allein wird dieser massive Ausbau nicht passieren", sagt Zimmermann, "wir brauchen einen zeitgemäßen und ambitionierten Plan mit wirksamen Instrumenten."

Deshalb erscheint der Schritt des Schweizer Konzerns Meyer Burger auf den zweiten Blick auch weniger revolutionär, als er zunächst erscheint: Finanziert wird der Neustart des Solargeschäfts durch eine Kapitalerhöhung um 155 Millionen Euro - die vierte in rund zehn Jahren. Im gleichen Zeitraum haben die Aktien des Unternehmens 97 Prozent an Wert verloren. Das Land Sachsen-Anhalt gibt 22,5 Millionen Euro Starthilfe hinzu, 300 Leute werden zunächst eingestellt, weit über tausend sollen sich beworben haben.

Die Neue Züricher Zeitung bewertet den Neustart in Deutschland als Verzweiflungstat, mit der sich der Schweizer Konzern zu retten versucht. Anfangs soll sich die Produktionskapazität beider Werke in Freiberg und Thalheim auf 400 Megawatt belaufen.

Zum Vergleich: Allein die "Solar Factory III" fertigte am Standort Freiberg 600 Megawatt im Jahr. Aber vielleicht geht der Plan ja auf. Der Schweizer Bundesrat beschloss gerade eine Erhöhung der Solarförderung für kleine Fotovoltaik-Dachanlagen, exakt solche, die Meyer Burger anbieten will.

Stimmt die Nachfrage, soll die Fertigung bis 2022 auf 1.400 Megawatt hochgefahren werden. Das wäre dann wirklich eine "Renaissance der europäischen Solarindustrie".