Neues von den Urahnen

Kommt der moderne Mensch aus Südafrika? Wann hat er das Feuer entdeckt, und warum ließ er sich als Bauer nieder?

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Die Frühgeschichte des Menschen ist Vergangenheit - doch ihre Erforschung ist ein dynamischer Prozess. Das zeigte sich in der vergangenen Woche auf ungewöhnlich vielfältige Weise - zu fast allen großen Fragen hatten Forscher Neuigkeiten parat.

Woher kommt die Menschheit?

Die Wiege der Menschheit wird bisher in Ostafrika vermutet. Wirklich sicher ist sich die Wissenschaft darin aber nicht, zumal auch aus anderen Teilen Afrikas wichtige paläanthologische Funde stammen. In PNAS wählen Forscher nun ein anderes Herangehen: Sie untersuchen die heute dort lebende, native Bevölkerung auf ihre Gen-Vielfalt. Die Idee: Wenn die gesamte Menschheit durch Wanderungen aus dem an ihrem Ursprung gebildeten Genpool entstanden sein sollte, dann müsste sich der Ursprung auch heute noch durch seine besonders große genetische Variabilität auszeichnen. Eine solche fanden die Autoren des Papers nun bei Jäger-Sammler-Gruppen, die heute in Südafrika, Namibia und Tansania leben und deren Sprache sich durch spezielle Klicklaute auszeichnet.

Warum haben unsere Vorfahren irgendwann mit dem Anbau von Nahrung begonnen, statt sich weiterhin als Jäger und Sammler zu betätigen?

Die auf den ersten Blick einleuchtende Annahme besteht darin, dass es effizienter war, sich Nahrung selbst heranzuziehen, statt auf die Suche danach zu gehen. Der US-Forscher Samuel Bowles argumentiert in PNAS auf simple, aber überzeugende Weise dagegen: Er hat berechnet, welche der beiden Tätigkeiten für unser Vorfahren physisch anstrengender war, indem er die Kalorienbilanz bestimmte. Tatsächlich sprechen rein ökonomische Argumente nicht für die Landwirtschaft. Dass sie sich trotzdem durchsetzte, dafür findet der Forscher andere Erklärungen: Zum einen verringerte das Ende der Mobilität die Kosten für die Aufzucht von Kindern. Zum anderen könnten die von der Landwirtschaft erzeugten Vorräte ein interessantes Plünderziel für konkurrierende Gruppen gewesen sein - was unsere neubäuerlichen Vorfahren dazu inspiriert haben könnte, stärker als diese in Waffen und Verteidigung zu investieren, wodurch sie eine gewisse Vorherrschaft errangen.

Camp der Agta, einer der modernen Jäger-Sammler-Kulturen auf den Philippinen, deren Struktur die Forscher untersucht haben.

Wann haben unsere Vorfahren die ersten Lagerfeuer errichtet?

Sich am Lagerfeuer ein Straußensteak braten oder Eier kochen - das gehörte nach Meinung mancher Forscher schon vor zwei Millionen Jahren zum gewöhnlichen Verhalten unserer Vorfahren. Die Theorie: Der Gebrauch des Feuers habe den Frühmenschen zu einer gesünderen Lebensweise geholfen, sie zu sozialen Interaktionen gebracht und ihre Gehirne wachsen lassen. Tatsächlich aber wurde wohl erst mit der Auswanderung nach Europa der Gebrauch des Feuers eingeführt - bei genauer Analyse fossiler Funde in PNAS zeigt sich jedenfalls, dass bei keinem Fund, der älter als 400.000 Jahre ist, eindeutig die bewusste Benutzung des Feuers nachweisbar ist. Offenbar hat erst die Kälte in Europa unsere Ahnen (und auch den Neandertaler) vom Nutzen des Feuers wirklich überzeugen können.

Was hat die Menschen zum Lernen und zur Kooperation befähigt?

Was den Menschen schon relativ frühzeitig vor seiner tierischen Konkurrenz auszeichnete, war offenbar die Zusammenarbeit in Gruppen. Doch wie hat sich diese Kooperation entwickelt? Bisher hat man das vor allem anhand von Fossilien und mit dem Vergleich mit heutigen Primaten zu erkunden versucht. In Science wählen Forscher nun ein anderes Herangehen: Sie analysieren die Strukturen moderner Jäger-Sammler-Gemeinschaften. Die überraschende Erkenntnis: Im Gegensatz zu früheren Annahmen sind die meisten Mitglieder dieser Gruppen nicht direkt miteinander verwandt. Genetisch sind die Gemeinschaften überaus ausgewogen zusammengesetzt, weder väterliche noch mütterliche Linien dominieren, in der Regel herrscht Monogamie. Das ermöglichte den Gruppen, einen Weg zur friedlichen Zusammenarbeit zu finden - was ihnen schließlich dabei geholfen haben müsste, innovativ zu sein, indem sie erfolgreiches Verhalten anderer imitierten. Dazu muss man bedenken, dass der Mensch etwa 95 Prozent seiner Entwicklungsgeschichte in solchen Strukturen verbracht hat.

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