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Seite 3: Im Aufstieg der USA lag der Keim des Niedergangs

Obwohl die Grundlagen der Kernphysik in Europa entwickelt worden waren, erlangten die USA mit der Nukleartechnik die Weltherrschaft. Da militärisch-technische und wissenschaftliche Vormachtstellung in der Geschichte stets verbunden waren, galten die US-Physiker der Nachkriegszeit plötzlich als die führenden Denker, obwohl sich ihre Autorität letztlich aus dem erfolgreichen Bau der Bombe herleitete. In den folgenden Jahrzehnten dominierte eine Tradition von Big Science Großforschungseinrichtungen die Wissenschaft.

Jeder intelligente Narr kann Dinge größer, komplexer und gewaltiger machen. Es gehört eine Menge Inspiration und Mut dazu, sich in die gegenteilige Richtung zu bewegen.

Albert Einstein

Technische Gigantomanie und eine oberflächliche Interpretation der Ergebnisse in komplizierten Modellen mit zahlreichen ad-hoc-Annahmen ersetzten das genuine wissenschaftliche Denken. Zwar wurde eine Reihe von theoretischen Wunschvorstellungen in die Daten interpretiert.

Wirkliche Entdeckungen, so wie der Nachweis der elektromagnetischen Wellen durch Heinrich Hertz oder Einsteins E=mc2, haben jedoch in der Folge stets auch zu technologischen Revolutionen geführt. Solche Erkenntnisse gibt es seit über siebzig Jahren nicht mehr, und auch darin liegt ein Problem des Westens.

Die USA waren über Jahrzehnte am erfolgreichsten in der technologischen Verwertung der Grundlagenphysik, dies verwandelte den seit den Tagen der Mayflower präsenten Exzeptionalismus in ein überschäumendes Selbstbewusstsein, die Welt beglücken zu müssen, notfalls mit Bomben.

Lange Zeit konnten die Sowjetunion und China aufgrund ihrer ideologischen politischen Systeme nicht konkurrieren. Mit den Umbrüchen 1989 änderte sich dies. Russland und China sind nun in vielem stärker, aber der Westen immer noch in seiner oberflächlichen Denkkultur gefangen.

Wir gleichen allmächtigen, unzufriedenen Göttern, die nicht wissen, was sie wollen.

Yuval Harari

Nicht Konkurrenz, Rüstung und Kriege werde die Menschheit zu neuen Horizonten führen, sondern Kooperation und genuines Interesse an der Natur und der Erhaltung unserer Lebensbedingungen.

Man kann in Deutschland heute den Lauf der Welt wohl nicht viel beeinflussen, aber sich einem untergehenden Imperium als Vasall anzudienen, zeugt nicht von Weitsicht. Ausgerechnet Wladimir Putin zitiert heute Albert Einstein mit dem Satz: "Wir wissen nicht, mit welchen Waffen der dritte Weltkrieg geführt wird, aber der vierte wird mit Äxten und Steinen ausgetragen". Wir sollten uns schämen, von ihm daran erinnert zu werden.

Dr. Alexander Unzicker ist Physiker, Jurist und Sachbuchautor. Neu erschienen im Westend-Verlag ist sein Buch "Einsteins Albtraum – Der Aufstieg Amerikas und der Niedergang der Physik".

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