Noch ein Problemfall im alten Europa

Rumsfeld ist über das neutrale Österreich verärgert, das die Verlegung von US-Truppen blockiert

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Nach Frankreich und Deutschland bekommt nun auch Österreich sein Fett ab. Vor dem US-Senat ärgerte sich Verteidigungsminister Donald Rumsfeld gestern, dass die Verlegung von US-Truppen aus Deutschland nach Italien nicht einfach über Österreich durchgeführt werden kann.

"Nichts als Ärger mit dem alten Europa", so könnte man die Grundtenor der Aussagen des US-Verteidigungsministers vor dem US-Senat zusammenfassen. Zwar würden nur wenige Länder "Probleme" machen, das würde aber Verzögerungen verursachen. Als Beispiel führte der Rumsfeld jetzt Österreich an.

"Derzeit versuchen wir zum Beispiel einige Kräfte von Deutschland hinunter nach Italien zu verlegen und Österreich verursacht uns Probleme hinsichtlich der Verlegung der Truppen mit der Bahn. Das bedeutet, dass wir hinauf nach Rotterdam oder mit der Bahn durch drei oder vier Länder müssen. Die Truppenverlegung wird deshalb noch einige Tage benötigen", so Rumsfeld. Der US-Verteidigungsminister wollte den Journalisten allerdings nicht sagen, ob diese Truppen an den Persischen Golf verlegt werden sollen.

Ob diese Aktion im Zusammenhang mit dem Irak-Konflikt steht, ist aber für Österreich von entscheidender Bedeutung. Die immerwährende Neutralität wurde in der Verfassung des Landes verankert. Alle Genehmigungen, die irgendwie in Zusammenhang mit einem Krieg stehen, werden deshalb einem strengen Prüfungsverfahren unterzogen und dürfen nur in Zusammenhang mit einem bestehenden UNO-Mandat erteilt werden.

Der österreichische Verteidigungsminister Herbert Scheibner von der FPÖ bestätigte bereits vor einigen Tagen, dass die USA in Wien informell angefragt hatten, ob Österreich die Durchfuhr von militärischem Gerät über sein Territorium gestatten würde. Scheibner erteilte den USA eine Abfuhr. Österreich könne lediglich im Rahmen von "UNO-mandatierten Missionen wie KFOR, SFOR oder Enduring Freedom Genehmigungen für die Durchfuhr von Truppen oder Material geben".

Rückendeckung erhielt Scheibner von seinem Parteivorsitzenden Herbert Haupt, der in einer Aussendung betonte: "Österreich beteiligte sich immer nur an Frieden sichernden Missionen, die durch ein internationales Mandat gedeckt waren. Daran wird sich auch in Zukunft nichts ändern."

Hingegen fuhr die Außenministerin Benita Ferrero-Waldner von der ÖVP in ihren Kommentaren zum Irak-Konflikt zunächst eher einen Zick-Zack-Kurs. Die Mulitmedia-Show von Powell vor dem UN-Sicherheitsrat fand sie immerhin "beeindruckend". Letztlich schlug sie sich dann aber doch auf die Seite Frankreichs und Deutschlands. Gegenüber dem Standard betonte sie: "Ich habe Verständnis für die Position Frankreichs, Deutschlands und Belgiens, die ja grundsätzlich zur Verteidigung der Türkei stehen, aber zum jetzigen Zeitpunkt, wo es noch keine Sicherheitsratsresolution gibt, nicht in Richtung Irakkrieg planen wollen."

Auf die jüngsten Äußerungen Rumsfelds reagierte man in Österreich durchweg verärgert. Den US-Außenminister wird das kleine neutrale Land letztlich nicht wirklich interessieren. Am Beispiel Österreich wollte er vor allem illustrieren, dass ein Abzug von US-Truppen aus Europa aus amerikanischer Sicht sinnvoll erscheint. "Es ist klar: Für uns ist es besser, nicht eine solch starke Konzentration (in Europa) zu haben." Allein in Deutschland sind derzeit noch an die 70.000 US-Soldaten stationiert.