Nordkorea gibt sich verhandlungs- und abrüstungsbereit

Gute Stimmung soll in Pjöngjang geherrscht haben.

Kim Jong-un spielt den Ball auf die Seite von Trump, der aber mit dem deeskalierenden Spielzug überfordert zu sein scheint

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Die USA haben neue Sanktionen gegen Nordkorea wegen des angeblichen Gebrauchs von chemischen Waffen verhängt. Gemeint ist der tödliche Anschlag im Februar des letzten Jahres mit einem Nervengift auf Jong-Nam, den Halbbruder von Kim Jong-un. Die Sanktionen sind eher symbolisch, sollen aber wohl deutlich machen, dass das Weiße Haus den Druck auf Nordkorea weiter erhöht.

In den USA berichten die Mitarbeiter von 38 North, die aus der Ferne die Vorgänge in Nordkorea beobachten und immer mal wieder verdächtige Aktivitäten im Hinblick auf das Atomwaffenprogramm melden, sie hätten auf Satellitendaten im Februar Aktivitäten in einem 5-MW-Reaktor in Yongbyon entdeckt. Auf den Bildern sei über einige Tage hinweg eine Wasserdampfwolke zu sehen gewesen, wie sie normalerweise bei einem Betrieb des Reaktors entsteht. Allerdings konnte kein Ablassen von Kühlwasser in den nahegelegenen Fluss entdeckt werden.

Das, so sinnieren die Autoren, könne darauf hinweisen, dass die Wolke nichts mit dem Reaktor zu tun hat - oder dass, was wahrscheinlicher sei, die Abwasserrohre verlängert worden seien. Darauf deute die Eisschmelze auf den Fluss hin: "Wenn der Reaktor wieder in Betrieb ist, was die Hinweise nahelegen, dann bedeutet das, dass Nordkorea die Produktion von Plutonium wahrscheinlich für sein Atomwaffenprogramm wieder aufgenommen hat." Überdies sei dort ein neues militärisches Zeltlager eingerichtet worden.

Nordkorea auf Schmusekurs

Die USA und Südkorea werden trotz des vor den olympischen Winterspielen begonnenen Versöhnungskurses von Nord- und Südkorea die jährlichen großen Militärübungen Key Resolve und Foal Eagle im April beginnen, hatte vor einer Woche ein Sicherheitsberater des südkoreanischen Präsidenten angekündigt. An den Militärübungen nehmen bis zu 300.000 südkoreanische Soldaten und mehr als 15.000 amerikanische teil. Sie beginnen normalerweise Ende Februar oder Anfang März, wurden aber wegen der Winterspiele auf Wunsch von Südkorea verschoben und sollen nach dem Ende der Paralympischen Spiele beginnen.

Nordkorea hatte mit diffusen Gegenmaßnahmen gedroht, falls die USA die Militärübungen durchführen. Diese würden die Versöhnung gefährden. Allerdings scheint Kim Jong-un derzeit darauf bedacht zu sein, die Verständigung mit Südkorea voranzubringen, was auch einen Keil zwischen Südkorea und den USA treiben könnte. Der könnte auch durch die Auferlegung von Zöllen verschärft werden, die Trump auch gegen Südkorea richten will. Kim Jong-un äußerte jetzt gar Verständnis dafür, dass die Militärübungen nicht weiter verschoben werden können.

Bei den zweitägigen Gesprächen zwischen Südkorea und Nordkorea, bei denen sich auch Kim Jong-un mit den Gesandten des südkoreanischen Präsidenten Moon Jae In offenbar in guter Stimmung getroffen und mit einigen diniert hat, scheint es zu produktiven Gesprächen einer weiteren Annäherung gekommen zu sein. Nordkorea scheint nun auf Deeskalation zu setzen. Kim bot Gespräche mit den USA an, um über eine Normalisierung der Beziehungen, aber auch über den Abbau der Atomwaffen zu reden. Nordkorea habe das Angebot gemacht, so die südkoreanische Delegation, während der Gespräche keine Atomwaffen- und Raketentests durchzuführen. In Südkorea wird nun gerätselt, wie ernsthaft das Angebot verstanden werden soll.

Trump: "Wir werden sehen"

Indirekt macht Kim Jong-un damit auch darauf aufmerksam, in welcher Abhängigkeit sich Südkorea von den USA befindet. Die Situation ist ähnlich wie in Afghanistan, wo sich Washington weigert, in direkte Gespräche mit den Taliban einzutreten. Gegenüber Nordkorea eiert die Trump-Regierung herum, sie hat auch nicht strikt Gespräche abgelehnt, sie müssten aber unter den richtigen Bedingungen geführt werden, heißt es. Trump twitterte zunächst skeptisch: "Wir werden sehen, was daraus wird."

Später fügte er an, um die USA und vor allem sich nicht als Spielverderber dastehen zu lassen: "In Gesprächen mit Nordkorea wurde ein möglicher Fortschritt erzielt. Erstmals seit vielen Jahren wird von allen betroffenen Parteien ein ernsthaftes Bemühen gemacht. Die Welt beobachtet und wartet! Das kann vielleicht eine falsche Hoffnung sein, aber die USA sind bereit, entschlossen zu handeln, in welche Richtung es auch geht." Ansonsten will er suggerieren, dass seine Politik die Annäherung ermöglicht habe. Eingeleitet hat die Entspannung Nordkorea, Trump, der bislang auf militärischen Druck gesetzt hat, wurde von Kim Jong-un an die Seite gestellt. Anstatt nun die Initiative zu übernehmen und konkrete Bedingungen und Angebote für einen Dialog zu machen, will Trump abwarten, was zeigt, dass es im Weißen Haus kein Konzept zur Lösung des Nordkorea-Konflikts gibt.

Ungewohnte Bilder aus Nordkorea.

Verzicht auf Atomwaffen als Dialogangebot

Derweil setzen Nord- und Südkorea den Versöhnungskurs fort. Im April soll bereits ein Gipfel mit Kim Jong-un und Moon Jae-in im südkoreanischen Haus des Friedens in Panmunjeom an der Grenze stattfinden. Sollte das Treffen zustande kommen, wäre dies das erste Mal, dass ein nordkoreanischer Führer südkoreanischen Boden seit dem Ende des Koreakriegs (1950-1953) betreten hat. Davor soll es bereits ein Telefongespräch geben und es soll eine Hotline eingerichtet werden, um die militärischen Spannungen zu reduzieren.

Nordkorea hat nach Darstellung der südkoreanischen Delegation bei den Gesprächen deutlich zu erkennen gegeben, dass man bereit sei, die koreanische Halbinsel atomwaffenfrei zu machen. Es gebe keinen Grund, Atomwaffen zu besitzen, wenn die Sicherheit des Regimes gesichert sei und es keine militärischen Bedrohungen mehr gebe. Das hieße natürlich, worauf Nordkorea immer insistiert hat, dass die USA nicht nur die Militärübungen einstellt, sondern auch seine Truppen aus Südkorea abzieht.

Es scheint, als habe Kim Jong-un, der bislang den pubertären Muskelprotz spielte und mit dem Fortschritt des Atomprogramms prahlte, nun umgeschaltet. Die Drohungen haben nichts gefruchtet, Trump spielte hier nur allzu willig mit, weil er die Sprache versteht. Jetzt aber hat Nordkorea den Ball geschickt auf die Seite von Trump gelegt, der nicht mehr so tun kann, als habe er es mit einem Verrückten zu tun, der meint, den größeren Knopf zu haben, obgleich er diesen besitzt. Direkt bestätigt hat Nordkorea offiziell die Version nicht, die Südkoreas Delegation mitgeteilt hat. Womöglich bereitet man sich sicherheitshalber auf eine neue Provokation vor, falls die Initiative nicht vorankommt.