Norwegens Erdöl: Der Anfang vom Ende einer Ära

Seite 4: Blick in die Zukunft: Zwei Johans stemmen sich gegen das Ende

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Nach 2001 verzeichnete die norwegische Ölförderung ein Dutzend aufeinanderfolgende Jahre mit rückläufiger Produktion. Bobachter vermuten, dass nun eine letzte langfristige Produktionssteigerung in der norwegischen Ölgeschichte bevorstehen könnte, die in den frühen 2020er Jahren erwartet wird. Viel hängt von den beiden "Johan"-Feldern ab, die Norwegen dann in Dienst stellen will: Johan Sverdrup (förderbare Reserven von 2-3 Milliarden Barrel) in der Nordsee, 160 Kilometer westlich von Stavanger, und Johan Castberg (0.5 Milliarden Barrel) in der Barentssee, 150 km nordwestlich von Goliat gelegen.

Johan Sverdrup gehört zu den fünf größten Ölfeldern, die jemals auf dem norwegischen Schelf entdeckt worden sind. Die Produktion soll Ende 2019 beginnen und 2022 die volle Nennkapazität von 660000 Barrel pro Tag erreichen.

Um die Förderung im Johan Castberg-Feld beim gegenwärtigen Preisniveau profitabel zu gestalten, werden die Förderkosten optimiert. Die anfänglich anvisierte Gewinnschwelle von 80 US-Dollar pro Barrel wollen Statoil und die Partner von Eni und Petoro auf mittlerweile 35 US-Dollar pro Barrel gedrückt haben. Die von der norwegischen Regierung ursprünglich bevorzugte Förderlösung im Verbund mit einer Pipeline zum Festland wurde fallengelassen und durch ein FPSO-Schiff ersetzt, bei dem die Fördermengen von 30, über ein weites Gebiet verteilt niedergebrachten Bohrungen zusammenlaufen werden. Auf diese Weise sollen 2022 rund 200.000 Barrel pro Tag gefördert werden können. Zu diesem Zeitpunkt sollen die beiden Johans dann rund die Hälfte des norwegischen Öls fördern.

Erdgas gewinnt an Bedeutung: Norwegens Öl- und Gasproduktion 1970-2021. Bild: Bernd Schröder, nach Daten des norwegischen Öl- und Energieministerium/ Öldirektorats

Nachdem die maximale Ölförderung in Norwegen bereits um die Jahrtausendwende erreicht wurde, steht das bei Erdgas noch aus. Da die meisten Ölfelder auf dem norwegischen Kontinentalschelf gashaltig sind und in den letzten Jahren neue Gasprojekte wie etwa Snøhvit hinzu kamen, lag die Gasproduktion auf einem relativ stabilen Niveau von 115 Milliarden Kubikmetern pro Jahr. Ungefähr 40 Prozent der Kohlenwasserstoffreserven in der Barentssee sind gasförmig. Deshalb ist in den kommenden Jahren eine der Ölbranche ähnelnde, allmähliche Wanderung des Gassektors Richtung Norden zu erwarten.

Für das Öl selbst wird das nächste Jahrzehnt den Anfang vom Ende bringen, das, wenn auch schrittweise daherkommend, unvermeidlich erscheint. Beobachter erwarten, dass der Anteil Norwegens am globalen Ölmarkt von derzeit zwei Prozent zurückgehen und sich in den 2020er Jahren auf ein Prozent einpegeln wird.

Doch noch es nicht soweit. Gerade hat Norwegen laut Reuters in der jüngsten Bieterrunde 75 neue Offshore-Öl-Erkundungslizenzen an Unternehmen vergeben - ein Rekord auf dem norwegischen Schelf. 45 Lizenzen liegen im Gebiet der Nordsee, 22 im Europäischen Nordmeer und 8 weitere in der Barentssee. 34 Unternehmen erhielten Pachtverträge, unter anderem Statoil, Aker BP, Shell, Total, ConocoPhillips, Lundin Petroleum und ExxonMobil.

Johan Castberg, Snøhvit und Goliat: Kohlenwasserstoffe aus der Barentssee. Bild: Norwegisches Öldirektorat.