Oberverwaltungsgericht: Versammlung gegen Corona-Maßnahmen kann stattfinden
Tausende haben sich bereits am Brandenburger Tor versammelt, die Polizei hat das Tragen des Mund-Nase-Schutzes angeordnet, weil die Abstände nicht gewahrt würden
Der Gang vor das Oberverwaltungsgericht hat nur den vorhergehenden Beschluss des Verwaltungsgerichts bestätigt, dass die von Querdenken 711 angemeldete Versammlung heute stattfinden kann. Ganz knapp heißt es im Twitter-Account des Gerichts: "1. Die Demonstration #b2908 kann stattfinden. 2. Es gilt das Abstandsgebot, aber es gibt keinen Maskenzwang. Die Entscheidung des #OVGBerlin ist rechtskräftig."
Die Entscheidung ist endgültig. Damit bestätigte das Gericht den Beschluss der Vorinstanz, dass eine unmittelbare Gefahr für die öffentliche Sicherheit nicht gegeben ist. Insbesondere wurde das Fehlen einer detaillierten Gefahrenprognose für das Versammlungsverbot beanstandet, ein "bloßer Verdacht oder Vermutungen" reichten nicht aus. Der Veranstalter habe ein ausreichendes Hygienekonzept vorgelegt. Ein vorbeugendes Versammlungsverbot aus der Verdichtung der Menschenmenge am 1. August abzuleiten, ist nicht statthaft, eine bewusste Missachtung sei daraus nicht abzuleiten.
Besonders betonte das Verwaltungsgericht, dass man aus der kritischen Haltung der Teilnehmer gegenüber den Corona-Maßnahmen kein bewusstes Ignorieren des Abstandsgebots zur Begründung eines Verbots ableiten könne, sonst wäre ein Protest gegen die Maßnahmen nicht möglich. Das aber ist durch die Meinungs- und Versammlungsfreiheit gewährleistet. Auch der Hinweis auf die Zusammensetzung der Teilnehmer bis hin zu extremen Rechten könne kein Verbot begründen, wenn es keine "konkreten Anhaltspunkte" gibt, "dass sich die Äußerungen der Teilnehmer im strafrechtlich relevanten Bereich bewegen".
Der Berliner Polizei - und dem dem Senat - wird zudem ein schwerwiegender Ermessensfehler vorgeworfen, weil gar nicht versucht wurde, vor einem Verbot "das mildere Mittel von Auflagen" auszuschöpfen. Mit der Geste des autoritären Staats wurde hingegen gleich ein Verbot erlassen und damit gegen die Verhältnismäßigkeit verstoßen.
Bei der Anmeldung wurde eine Demonstration mit 17.000 Teilnehmern und eine Kundgebung von 22.500 Teilnehmern beantragt. Die Veranstalter hatten behauptet, dass am 1. August mehr als eine Million Menschen an den Protesten teilgenommen haben, und wollten nun eine noch größere Protestbewegung mit Teilnehmern aus Europa organisieren. Warum dann die Teilnehmerzahlen so niedrig angegeben wurde, die sich in etwa mit der Schätzung der Polizei für die Demo und die Versammlung decken, ist fraglich. Damit könnte die Polizei schnell ein Mittel haben, bei Überschreitung der Teilnehmerzahl die Versammlung aufzulösen, wenn sie dies durchsetzen kann. Die Polizei hatte bereits gedroht, sie werde "zügig räumen", wenn die Auflagen nicht eingehalten werden. Ein erster Konflikt bahnt sich bereits an. Die Polizei hat angeordnet:
Die Teilnehmenden der Demo, die von Unter d. Linden über Friedrichstr., Alex, Leipziger Pl. zum Brandenburger Tor laufen will, wurden mehrfach vergeblich aufgefordert, die Abstände einzuhalten. Daher wird nun von unserem Einsatzleiter das Tragen des MNS zur Auflage gemacht.
Jetzt beginnen sich bereits Tausende am Brandenburger Tor zu versammeln. Nach Bericht von rbb herrsche eine "aufgeheizte Stimmung" und würden die Abstände nicht eingehalten. Nach dem zuerst erlassenen Verbot ist damit zu rechnen, dass sich mehr Menschen als das letzte Mal dem Protest anschließen werden und die Stimmung womöglich auf beiden Seiten aggressiver sein könnte. Es finden zudem weitere Veranstaltungen und Gegendemonstrationen statt.