Öl, Macht und Manipulation: Wie die USA die Welt am Tropf halten
- Öl, Macht und Manipulation: Wie die USA die Welt am Tropf halten
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Ölmarkt wird durch neokolonialistische Verträge manipuliert. Ziel sind Überproduktion und Preisdumping. Das hat weitreichende Folgen.
Auf Telepolis habe ich Anfang Dezember die These zur Diskussion gestellt, dass die USA die Hauptverantwortung für die gegenwärtige Klimakrise tragen. Die Kommentare zu diesem Beitrag haben jedoch gezeigt, dass historische und wirtschaftspolitische Hintergründe meiner Argumentation für ein besseres Verständnis meiner These unerlässlich sind, in dem genannten Beitrag aber ausgelassen wurden, um ihn möglichst kurzzuhalten.
Bei dieser Gelegenheit muss ich auf den Vorwurf eines Kommentators eingehen, meine Analyse basiere auf einem angeblich der Linken eigenen Antiamerikanismus. Ein solcher Vorwurf wird vor allem von Leuten erhoben, die nicht wahrhaben wollen, dass ihr Wohlstand zum Teil den neokolonialistischen Verhältnissen in der Weltwirtschaft geschuldet ist, für die in der Tat die USA eine wesentliche Verantwortung tragen.
An diesem Vorwurf ist allerdings etwas dran. Die neokolonialistischen Verstrickungen der USA in die Geschichte der Weltwirtschaft sind so stark und oft auch so grausam, dass – wie dem Überbringer schlechter Nachrichten – ihre ganze Hässlichkeit oft dem Beobachter angelastet wird. Mit anderen Worten: Die USA erzeugen durch ihr unsägliches Wirken in der Geschichte den Antiamerikanismus im Grunde selbst.
Grundlage der folgenden Analyse ist die unbestrittene Tatsache der neokolonialistischen Weltarbeitsteilung, deren Gegenstand der Austausch "billiger Rohstoffe gegen Fertigprodukte" ist. Die globale Energieversorgung nimmt in dieser Weltarbeitsteilung eine zentrale Stellung ein.
Unsichtbare Machtressource der USA
Die USA machen sich beide Realitäten, die globale Energieversorgung und die neokolonialistische Weltarbeitsteilung, als unsichtbare Machtressource ihrer Hegemonie zunutze. Hier werden die Mechanismen der Instrumentalisierung des Energiesektors durch die USA analysiert.
Tatsächlich sind die geopolitischen Ereignisse der letzten hundert Jahre mit ihren folgenschweren Kriegen, Regime-Changes Millionen von Toten etc. im Globalen Süden ohne Kenntnis dieser Zusammenhänge nicht zu verstehen.
Hinzu kommt ein weiteres essenzielles globales Problem, das mit der US-Hegemonie verwoben ist: die Klimakrise, die bereits in Telepolis vom 1. Dezember 2023 dargestellt wurde.
Zur analytischen Darstellung und Entschlüsselung der Hintergründe der hier aufgezählten folgenreichen Entwicklungen bedarf es des Rückgriffs auf politökonomische Theorien und deren geopolitische Einordnung].
Funktionsweise neokolonialer Energieversorgung
Um mit dem letzten Punkt zu beginnen, muss auf die marxistische Rententheorie zurückgegriffen werden, die fundierteste ökonomische Theorie zur Erforschung der Ökonomie von Naturreichtümern.
Nach dieser Theorie sind natürliche Reichtümer (Boden in der Landwirtschaft, mineralische Rohstoffe und fossile Energieträger) aufgrund ihrer Erschöpfbarkeit monopolisierbar. Die Eigentümer der Natur (Privateigentümer oder Staaten) verhalten sich auf den Märkten des Kapitalismus wie Monopolisten.
Ihnen steht eine Grundrente zu. Die Höhe der Grundrente hängt jedoch von der realen Marktmacht der Eigentümer ab, d.h. davon, ob sie in der Lage sind, den Preis ihres natürlichen Monopols, ihres Rohstoffs, wie bei allen Monopolen auf ein möglichst hohes Niveau zu optimieren.
Erdöl: Langfristige Verträge und politischer Druck
Sind die Eigentümer schwach, z.B., weil sie abhängige Kolonien oder Quasi-Kolonien sind, wie die Erdöl besitzenden Staaten im Nahen Osten im 19. und 20. Jahrhundert, dann können sie zur leichten Beute ihrer Kolonialmächte werden, indem mächtige Konzerne ihnen langfristige Nutzungsverträge aufzwingen und sie damit ihrer wirtschaftlichen Autonomie als Marktteilnehmer berauben.
Die multinationalen Ölkonzerne – mit Ausnahme von BP und der niederländischen Shell allesamt US-Konzerne – hatten zu Beginn des 20. Jahrhunderts mit den Eigentümerstaaten langfristige Pachtverträge zur Ausbeutung des Öls abgeschlossen, in der Regel über 60 Jahre.
Drei Faktoren machen diese Pachtverträge zu neokolonialistischen Verträgen: Erstens sind nicht Ölmengen, sondern Landflächen Gegenstand der Verträge. Damit sichern sich die Konzerne die Option, bei gleichbleibenden Pachtzinsen so viel Öl wie möglich aus dem gepachteten Gebiet herauszuholen, was unter den Bedingungen des freien Marktes unmöglich und im Grunde ein Betrug ist.
Zweitens die Langfristigkeit dieser Verträge, die es den Eigentümern unmöglich macht, als Marktteilnehmer immer präsent zu sein und auf Marktentwicklungen angemessen zu reagieren. Und drittens sind die Pachtzinsen viel zu niedrig und langfristig festgelegt. Als Kostenfaktor sind diese Pachtzinsen für die Unternehmen daher nahezu vernachlässigbar.
Unmoralische Verträge: Beispiel aus Iran und Saudi-Arabien
So erwarb etwa 1901 William Knox D'Arcy, ein Strohmann Großbritanniens, wie weiter unten näher erläutert wird, die Nutzungsrechte an drei Vierteln des iranischen Staatsgebietes für 60 Jahre gegen eine Einmalzahlung von 40.000 Pfund Sterling und 16 Prozent des jährlichen Nettogewinns. Erwähnenswert ist auch das Abkommen der Standard Oil of California von 1933 mit Ibn Saud, dem König von Saudi-Arabien.
Danach erhielt diese US-amerikanische Ölgesellschaft gegen eine Einmalzahlung von 35.000 Pfund Sterling und eine geringe Gewinnbeteiligung die Nutzungsrechte an einem Gebiet von 500.000 Quadratkilometern für ebenfalls 60 Jahre.
Ähnliche Verträge wurden mit den Machthabern in Kuwait, Irak und anderen Ölstaaten abgeschlossen.
Damit hatten diese Konzerne freie Hand, nein, sogar den ökonomischen Anreiz, bei vertraglich vereinbarter konstanter Grundrente in kurzer Zeit möglichst viel Öl aus dem Boden zu holen. Damit wurden ökonomisch wichtige Marktregeln für erschöpfbare Ressourcen in ihr Gegenteil verkehrt.
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