Ohne Plan und Perspektive: Mehr deutsche Soldaten für den Irak und Afghanistan

Seite 2: Afghanistan-Mission unterstützt in Regierung eingebundene Warlords

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Schon unter Karsai wurde begonnen, Warlords in die Regierung einzubinden, was Korruption und lokale Machtzentren nicht gerade reduziert hat. So wurde bereits der Warlord Atta Mohammad Noor als Gouverneur der nördlichen Provinz Balkh von der Kabuler Regierung abgesetzt, aber er lässt sich nicht entmachten (Regierungsinterne Machtkämpfe). Angeblich soll gerade eine Einigung erzielt worden sein, Genaueres weiß man nicht. Der Warlord Abdul Rashid Dostum wurde letztes Jahr von Ghani zum Vizepräsidenten gemacht. Mit der islamistischen Hizb-e Islami des Warlords Gulbuddin Hekmatyar wurde ein Friedensdeal abgeschlossen.

Seit Tagen protestieren Afghanen in der Provinz Ghazni gegen die Regierung in Kabul, nachdem Milizen in Uniform einen Ladenbesitzer und zwei Kinder getötet, 5 Frauen verletzt und zwei Personen verschleppt haben. Tausende verlangen auch in Nadir Shah Kot in der Provinz Khost, dass die Verantwortlichen für die Tötung von vier Zivilisten zur Rechenschaft gezogen werden. Sie waren in Kämpfen zwischen Aufständischen und afghanischen Streitkräften als "Kollateralschaden" ums Leben gekommen. Der Unmut in der afghanischen Bevölkerung wächst, nachdem immer mehr Zivilisten sterben müssen. Im Februar wurden 202 Zivilisten getötet und 89 verletzt.

Ghani ist im Gegensatz zu Donald Trump klar, dass es nach 17 Jahren Krieg keine militärische Lösung für Afghanistan geben wird. Daher werden nicht nur die für Kriminalität, Drogenhandel und Korruption verantwortlichen Warlords integriert, sondern es muss auch Verhandlungen mit den Taliban gehen. Unter Barack Obama gab es erste vorsichtige Versuche, die aber wieder eingestellt wurden, Donald Trump scheint daran nicht anschließen zu wollen, von der alten Bundesregierung hat in dieser Hinsicht auch wenig gehört, abgesehen davon, dass mit den friedlichen Teilen der Taliban ein Dialog aufgenommen werden sollte.

Der afghanische Präsident hat vor wenigen Tagen auf dem Friedenskonferenz "Kabul Process" aber noch einmal einen Versuch gestartet, der weit darüber hinausgeht, nur in einen Dialog einzutreten. Er wandte sich, vermutlich auch wegen der anstehenden Parlamentswahlen im Sommer, an die Anführer der Taliban und an alle Mitglieder, an den Verhandlungstisch zu kommen. Er offerierte eine Amnestie, einen Waffenstillstand und sogar die Bildung einer politischen Taliban-Partei mit eiunem Büro in Kabul an (Der Ball liegt nun bei den Taliban).

Washington blockiert eine Lösung

Das Angebot zeigt aber auch die begrenzte Macht der afghanischen Regierung. Die Taliban, die scharf die Einbindung der Warlords in die Regierung kritisieren, begrüßten zwar Ghanis Initiative, aber sie wollen nicht mit der afghanischen Regierung, sondern mit den Amerikanern verhandeln, ansonsten ist ihre Forderung, dass die amerikanischen Truppen und die der anderen Nato-Staaten erst vollständig das Land verlassen müssen. Aus Washington kam zwar auch die Aufforderung an die Taliban, das Angebot Ghanis anzunehmen, es gebe "keine Vorbedingungen für den Frieden". Zuvor hatte schon Alice Wells vom US-Außenministerium gesagt, die Türe stehe für die Taliban offen. Aber es ist klar, dass die US-Regierung sich weigert, direkt mit den Taliban, gegen die die USA in den längsten Krieg der Geschichte zogen, in einen Dialog einzutreten.

US-Präsident Trump hingegen glaubt, die Taliban mit militärischer Gewalt in eine Friedenlösung treiben zu können - eine Strategie, die seit 17 Jahren gescheitert ist. Es werden von Washington auch keine Angebote gemacht, übrigens dieselbe fatale Strategie der Stärke, wie sie auch gegenüber Nordkorea betrieben wird ("Nordkorea wird mit Sicherheit weiterhin am Atomprogramm festhalten"). Donald Trump sagte am 29. Januar nach einem Anschlag der Taliban: "Wir wollen nicht mit den Taliban sprechen. Es mag irgendwann die Zeit dazu kommen, aber das wird lange dauern." Seine Strategie ist, die Truppen zu erhöhen und die Angriffe zu verstärken, aber keine Zeit zu nennen, wann die Soldaten abgezogen werden.

Es ist diese verfahrene Situation, in die sich Deutschland mit einer Erhöhung der Bundeswehr-Präsenz hineinziehen lässt. Der Bundestag hat keine Möglichkeit, ausführlicher über Sinn und Zweck der Missionen in Afghanistan und im Irak zu diskutieren. Die Abgeordneten werden wieder einmal zum Stimmvieh gemacht. Es geht schon gut los mit der neuen GroKo, sollte es nicht größeren Einspruch oder die Weigerung geben, Hals über Kopf über gefährliche und planlose Auslandseinsätze der Bundeswehr abstimmen zu müssen. Damit erweist sich die neue-alte Bundesregierung als Lakai von Washington, d.h. von Trump, und von einer Politik, die letztlich ohne Perspektive, aber mit hohem militärischem Einsatz nationale Interessen vertritt.