Olympia-Bewerbung oder Klima-Warnung?

Seite 2: "Winterwunderland" in Gefahr

Gleichzeitig bedroht der Klimawandel die Existenz vieler Bewohner der Region, die vom Image des "Winterwunderlands" und der proklamierten Heimat des Weihnachtsmannes auf dem Rentierschlitten sowie vom Wintersport leben. Mittelfristig profitiert der Skisport in der Region Lappland jedoch vom Klimawandel, da die Einrichtungen im Süden Finnlands weit mehr betroffen sind und die Sporttouristen nach Norden ausweichen. Doch durch die Pandemie geriet der Tourismus in Lappland in Gefahr, worauf die Interessenvertretungen die Regierung in Helsinki erfolgreich unter Druck setzten, die Eindämmungsmaßnahmen für die Zeit ab Weihnachten wieder etwas zurückzunehmen.

Auch Salla an der russischen Grenze lebt vom Wintersport und zeigt seine Anlagen in einer Grafik auf der Webseite für die angedachte Sommerolympiade Der Ort ist durchaus auch auf wohlhabende Touristen ausgerichtet, ihm kommt zugute, dass dieses Jahr ein neuer Nationalpark in seiner Nähe gegründet werden soll.

Es gibt auch einen deutschen Unternehmer, der ein Hotel und Restaurant aus Eis betreibt und die Bewerbungsaktion für die Sommerolympiade auf Anfrage unterstützt. Was die Verbreitung der Idee an die Medien betrifft, verweist er an Paula Aspholm, die Tourismusmanagerin vor Ort. Diese reagiert auf die Anfrage jedoch nicht direkt, sondern lässt eine PR-Beraterin aus New York via Mail antworten.

Valerie Silverman Kerr verweist darauf, dass eine Werbeagentur in Brasilien namens "Agencia Africa" für die Prokuktion, die Werbung und gesamte Unterstützung der Kampagne verantwortlich sei. Kerrmann, Inhaberin der Agentur "VSK Public Relations" ist nach eigenen Angaben besonders für "beeindruckende Medienplatzierungsarbeit" bekannt.

Die Idee sei in Zusammenarbeit zwischen der Agentur, der Regionalvertretung "House of Lappland" sowie der Stadtverwaltung von Salla entstanden. Wer zuerst die Idee hatte, will sie auch auf Nachhaken nicht verraten - sie Initiative sei in Teamarbeit entstanden, um "das globale Problem Klimaerwärmung in Angriff zu nehmen".

Vielleicht erscheint es ein wenig kleinlich, hier nachzubohren, und "Media Placement" ist eine schon lange etablierte Branche, nichts wirklich Neues. Die Frage ist jedoch, wem dient dieser finanzielle Aufwand? Dem Wohle des Planeten oder dem touristischen Benefit Sallas und der Region Lapplands?

Sollte der Schwerpunkt auf Letzterem liegen, dann darf gefragt werden, ob solche Aktionen mittel- bis langfristig dem Kampf gegen die Erderwärmung nicht eher schaden. Denn gerade der Kampagnencharakter der Klimaschutzbewegung wird von deren Gegnern ja gerne kritisiert - und das nicht selten kombiniert mit dem Vorwurf, dass sich hinter dem Druck, den die Klimaschützer machen, doch nur irgendwelche Interessen wirtschaftlicher Art verbergen würden.

Vor mehr als einem Jahr machte schon einmal ein kleiner Ort im Norden Finnlands von sich reden - Poulanka eine vom Bevölkerungsschwund betroffene Kleinstadt mit einem "Pessimistenverein", der sie zur pessimistischsten Stadt der Welt erklärte und dazu absonderliche Youtube-Videos produzierte.

Nach lokalen und überregionalen Berichten kam die BBC vorbei und löste ein kurzes globales Medieninteresse aus, auch Telepolis berichtete seinerzeit. Dies schien jedoch nicht gesteuert gewesen zu sein, die plötzliche Medienpräsenz des Ortes in der Region Kainuu könnte aber als Vorbild für die aktuelle Kampagne gedient haben.

Finnland gilt jedenfalls als angesagt und sympathisch, wozu der Mix aus Natur, innovativer Technologie und einem etwas skurrilen und schweigsamen Menschenschlags beiträgt, der nach Erhebungen der UNO im glücklichsten Land der Welt lebt.

Wer sich die Bewerbung für die Sommerolympiade nun ausgedacht hat und was wirklich das Motiv war, konnte - wie schon erwähnt - nicht herausgefunden werden. Heraus kam jedoch, dass man viele Medien mit gut gemanagtem "Media Placement" in Sachen Klimaschutz wie ein Packesel beladen kann, ohne dass das Lastentier den Inhalt der Beladung wirklich inspiziert.

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