Opt-in für Spam, Verbindungsdaten speichern, wenn notwendig

Die großen EU-Parlamentsblöcke haben sich mit dem Rat vor der entscheidenden Abstimmung in Fragen von Überwachung, Spam und Cookies geeinigt

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Nach all der Aufregung um die drohende Verpflichtung der Telekommunikationsanbieter zur Speicherung von Verbindungsdaten (Internet-Petition gegen Speicherung von Verbindungsdaten), die über Europa hereinbrechende Spam-Flut (Entscheidende Spam-Abstimmung im Europäischen Parlament steht bevor) oder das Verbot von Cookies haben die zwei größten Blöcke des EU-Parlaments, die Christdemokraten (EPP/ED) und die Sozialisten (PES), jetzt überraschenderweise einen Kompromiss mit dem Europäischen Rat gefunden.

Kurz vor der entscheidenden Zweiten Lesung der Datenschutzrichtlinie für den elektronischen Bereich, die den ganzen Wirbel verursacht, haben sich die Verhandlungsführer der Abgeordneten mit der momentan die Ratspräsidentschaft innehabenden spanischen Regierung nach harten Verhandlungen auf sieben Anfügungen zu der Richtlinie verständigt. Sollten sich die Parlamentarier nun auch am Donnerstag in der Abstimmung für die Kompromissklauseln mit absoluter Mehrheit und den mindestens erforderlichen 314 Stimmen entscheiden, dürfte somit die gefürchtete letzte Abstimmungsrunde mit dem die Länderregierungen vertretenden Rat nicht mehr nötig und die umkämpfte Richtlinie verabschiedet werden.

Die getroffene Einigung ist weniger problematisch für die Einschränkung von Grundrechten der Bürger, als bislang von vielen Beobachtern befürchtet. Im Bereich der geforderten Verbindungsdatenspeicherung bleibt der Text am schwammigsten. Hier sollen die Mitgliedsstaaten bestehende Datenschutzbestimmungen gesetzlich lockern dürfen, um "Strafverfolgungen durchzuführen oder die nationale und öffentliche Sicherheit zu schützen". Allerdings nur, "wenn dies eine notwendige, angemessene und verhältnismäßige Maßnahme innerhalb einer demokratischen Gesellschaft ist." Die für eine begrenzte Periode gestattete Datenspeicherung und Überwachungsmaßnahmen müssen zudem das allgemeine EU-Gemeinschaftsrecht sowie Menschenrechtskonventionen beachten.

Statewatch sieht allerdings im "Kompromiss" keine Verbesserung, sondern lediglich eine Anpassung an die Bedürfnisse der Strafverfolgungsbehörden und der Regierungen.

Eine Kehrtwende haben die Abgeordneten beim Punkt Spam vollbracht. Sie akzeptieren nun die Position des Rats, der sich seit längerem im Gegensatz zu den entscheidenden Europaparlamentsausschüssen für das "Opt-in"-Verfahren bei Werbebotschaften im E-Mail-Verkehr ausgesprochen hat. Nutzer müssten also ihre ausdrückliche Erlaubnis geben, bevor Marketer sie mit ihren "Informationen" bedenken dürften. Auf Deutschland kämen damit rechtliche Änderungen zu, da es bisher kein allgemeines Gesetz gegen Spam hierzulande gibt.

Auch in der Frage der Cookies haben sich die Parlamentarier dem Rat angepasst. Die sollen genauso wie die umstrittenen Web-Bugs oder andere Software zum Sammeln von Informationen über das Nutzungsverhalten der Surfer nun nicht mehr generell verboten werden. Allerdings verlangt der Kompromiss, dass Nutzer vor dem Setzen eines Cookies "klare und ausführliche Informationen" über ihre Verwendung im Voraus erhalten und sie mit diesem Wissen ausgerüstet auch ablehnen können.

Die Abgeordneten und die spanische Ratsführung sind sich außerdem einig, dass die Richtlinie nach drei Jahren evaluiert werden soll. Die Abstimmung im Plenum findet am 30. Mai statt.