Organisierte Rechtlosigkeit?
Seite 3: Rechtliche Regelungen für Zentrale Unterbringungseinrichtungen und Abschiebungen
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Nach dem Gesetz zur Einführung beschleunigter Asylverfahren von Februar 2016 und dem Gesetz zur besseren Durchsetzung der Ausreisepflicht vom Mai 2017 kann das BAMF u.a. Geflüchtete
* aus sog. sicheren Herkunftsstaaten (Albanien, Bosnien und Herzegowina, Ghana, Kosovo, Mazedonien, Montenegro, Senegal, Serbien. Geplant ist, auch Algerien, Marokko und Tunesien auf diese Liste zu setzen sowie künftig sämtliche Staaten mit einer "regelmäßigen Anerkennungsquote unter fünf Prozent".)
* deren Identität, z.B. wegen fehlender Pässe, angezweifelt wird
* die das Bundesgiebiet zwischenzeitlich verlassen hatten und einen Folgeantrag stellen
* die sich weigern ihre Fingerabdrücke abzugeben
* die ihren Antrag im EU-Ankunftsland hätte stellen müssen, sogen. "Dublin-Fälle"
* die illegal eingereist sind
in "besonderen Aufnahmeeinrichtungen" festhalten und dort die Asylverfahren durchführen.
Das BAMF weist Flüchtlinge seit 2016 nach einem festgelegten Verteilungsschlüssel in sogenannte Ankunftszentren ein. Seit Anfang Dezember ist das in NRW die Landeserstaufnahmeeinrichtung, LEA, in Bochum. Innerhalb weniger Stunden erfolgen hier ein medizinisches Vorscreening zur Beurteilung besonderen Schutzbedarfs und der Reisefähigkeit sowie die anschließende Verteilung auf die Bundesländer nach dem EASY-Computerprogramm.
Noch am selben Tag werden die Asylsuchenden an eine Erstaufnahmeeinrichtung, EAE, weitergeleitet. Dort werden die Asylanträge möglichst komplett bearbeitet, "von der ärztlichen Untersuchung über die Aufnahme der persönlichen Daten und der Identitätsprüfung, der Antragstellung und Anhörung bis hin zur Entscheidung über den Asylantrag. Bei Menschen mit sehr guter Bleibeperspektive sowie Antragstellenden aus sicheren Herkunftsländern mit eher geringen Bleibeaussichten kann in der Regel innerhalb weniger Tage angehört und über den Asylantrag entschieden werden."
Anschließend werden die Asylbewerber in eine der 34 Zentralen Unterbringungseinrichtung, ZUE, in NRW verbracht. Fünf davon, je eine pro Regierungsbezirk, hat die Landesregierung zu "Ausreisezentren" erklärt, in Bonn, Hamm, Willich, Ibbenbüren und Oerlinghausen. Dort sind zu zwei Dritteln "Asylbewerber mit geringer Bleibeperspektive" und zu einem Drittel solche mit "normalen" Asylverfahren untergebracht.
Derzeit befinden sich insgesamt rund 12.000 Menschen in ZUEs; die Gesamtkapazität ist auf 20.000 Personen ausgelegt. Bislang sollen sie dort höchstens sechs Monate bleiben. Geplant ist, die "Wohnverpflichtung" auf zwei Jahre und für abgelehnte Asylbewerber bis zur Abschiebung bzw. Ausreise zu verlängern. (Koalitionsvertrag Juli 2017 Seite 109)
In ZUEs herrscht Beschäftigungsverbot und die Leistungen sind "auf das physische Existenzminimum für vollziehbar Ausreisepflichtige" beschränkt. Dafür wird das "Sachleistungsprinzip" bevorzugt.