Paschtunen: Umfassende Ablehnung westlicher Werte und Ideen
Seite 4: Fazit: Wie weiter mit Kabul?
Bis in weitere Zukunft werden sich Pakistan und der Rest der Welt mit den Taliban in Kabul anfreunden müssen, eine neue Invasion kommt bei dieser Bilanz nicht in Frage. Und man muss ihnen, so unglaublich schwer das vielen vor allem im Westen fällt, ein paar Dinge zu Gute halten.
Erstens, und das kann gar nicht hoch genug gewertet werden: Der Krieg, der im April 1979 begonnen hat, ist aus, nach 42 Jahren.
Es gibt etwas Widerstand in Panjshir und Badakhshan, und eine in Nangrahar und Kunar aktive angebliche Fraktion des IS (Daeesh, ISKP) verübt Anschläge, zumeist gegen Hazara und andere Shia in Kabul. Gleichzeitig gibt es im ganzen Land die seit Urzeiten üblichen Stammesscharmützel.
Doch alles zusammen ist für afghanische Verhältnisse kein Krieg. Zweitens sind die afghanischen Taliban nicht expansiv, sie war es nicht von 1996 bis 2001 und ist es nicht jetzt.
Natürlich agiert die TTP zum Teil aus Afghanistan, sie ist aber keine Marionette. Drittens entspricht die Fragmentation des Landes am Besten dem Naturell aller Bewohner, nicht nur den Paschtunen. Hamid Karzai war Bürgermeister von Kabul, nicht Präsident.
Das galt für alle Regimes samt den Königen – nur mit großer ausländischer Unterstützung konnte ansatzweise ein zentralisierter Staat aufgebaut werden. Außer einer winzigen Elite in Kabul wollte kein Afghane, egal welcher Ethnie, jemals so einen Staat.
Die Taliban ist es egal, ob sie offiziell anerkannt wird oder nicht, und die UNO spielt wie sonst wo keine Rolle. Wie Pakistan mit ihnen und den eigenen Paschtunen auskommt, bleibt völlig unklar.
Sonst kann man nur raten, trotz allen Meldungen über geschlossene Mädchenschulen und Arbeitsverbote für Frauen, mit den Taliban zu kommunizieren und interagieren, wenn nicht offiziell, dann halt inoffiziell.
Sie werden bleiben, daran gibt es kaum Zweifel. Vermutlich ist mit ihnen besser verhandeln, weil sie Dank Herkunft und Sozialisation meist ziemlich direkt sagen, was sie denken. Ihre Herrschaft entspricht Kultur, Religion, Sitten und Gebräuchen der übergroßen Mehrheit der Bevölkerung des Landes.
Es war immer ein Irrtum, sie für eine Partei oder Bewegung zu halten – es sind Paschtunen und die sind anders, als sie der Westen wünscht. Westliche Werte werden sie, nach der Vorstellung der US-Amerikaner und ihrer Hilfstruppen, erst recht ablehnen.