"Patriarchen beißen bei mir auf meine harte Klit"

Skandalrapperin Lady Bitch Ray über den Bitchsm-Feminismus und die vaginale Selbstbestimmung

Das feministische Gesamtkunstwerk Lady Bitch Ray alias Reyhan Sahin hat ihren Doktor mit einer Arbeit über die Bedeutung des muslimischen Kopftuchs gemacht, hat ein Buch mit dem Titel "Bitchsm" zu ihrer Philosophie veröffentlicht und ist auch ansonsten immer für ein schlaues Bonmot zu haben. Ein Gespräch mit der Skandalrapperin.

Der Philosoph und Medientheoretiker Georg Seeßlen behauptet: "Natürlichen Sex hat es nie gegeben." Inwieweit ist für Sie das Biologische am Sex Ideologie und inwiefern ist Sex politisch?

Lady Bitch Ray: Doch! Ich habe ungezügelt-natürlichen Sex mit meinen Lustknaben! Und beim Ficken denke ich in keinster Weise an meine Ideologie oder an Politik! Grundsätzlich bin ich aber ein sehr ideologischer Mensch, ich versuche immer die Gleichberechtigungsbalance beim Sex gemäß meiner Bitchsm-Philosophie zu finden, wenn zum Beispiel ein Mann mich nur fellieren lassen, jedoch selbst nicht cunnilingieren will. Dann nehme ich ihn an seinem Schopf und schieb ihn mir zwischen die Beine.

Sie setzen sich mit ihren Werken und Auftritten für "vaginale Selbstbestimmung", "Vagina-Style" und Bitchism ein. Können Sie uns diese Begriffe erläutern und eventuell ihren Zusammenhang darlegen?

Lady Bitch Ray: Zunächst einmal: "Bitchsm" schreibt bitch so und nicht mit zwei "i", denn es ist eine von mir gegründeter Neologismus. "Vagina Style" soll das weibliche Geschlecht symbolisieren, er steht für die Emanzipation der modernen Frau auf allen Ebenen: In den Medien, in der Musik und in der Wissenschaft. Mein Buch Bitchsm fasst meine feministischen Gedanken zusammen, ich habe es anhand eigener Erfahrungen und Bebachtungen geschrieben und nicht - wie oftmals von Buchverlagen angestrebt - andere schreiben lassen! Die vaginale Selbstbestimmung entspricht einem der sechs (SEX) Bitchsm-Tugenden, dazu gehört unter anderem auch die "Vaginale Unabhängigkeit", die "Vaginale Freiheit" und der "Vaginale Intellekt".

Die Vaginale Selbstbestimmung soll Frauen dazu ermutigen, selbst Regie in ihrem Leben zu führen. Wie viele Frauen lassen sich immer noch von Männern lenken?! Dies fängt bei den Finanzen an und endet bei der psychischen Abhängigkeit. Frauen müssen heutzutage aufwachen und begreifen, dass sie sich mehrheitlich immer noch unterwerfen. Und Bitchsm greift diese akute Problematik an und will Frauen zum Protest ermutigen: Gehen wir in Strapsen auf die Strasse und demonstrieren!

Bei Ihrem Auftritt in der Harald Schmidt Show haben Sie es geschafft, dem ansonsten nie um eine dumme Bemerkung verlegenen, fleischgewordenen Abiturscherz Oliver Pocher komplett den Schneid abzukaufen. Sie setzten also ihren "Bitchism" als Waffe gegen Idioten ein. Wie wichtig ist dabei die Ironie?

Lady Bitch Ray: Ich finde, dass ich vielmehr Harald Schmidt zum Schweigen gebracht habe: Er hat mich weder vor, noch nach der Sendung begrüßt oder verabschiedet. Und das, obwohl die Redakteurin meinte, er würde sich vorher bei den Gästen üblicherweise vorstellen. Oliver Pocher hingegen saß vorher auf der Kante des Sofas und machte mir Komplimente, während ich mir die Fußnägel lackierte. Patriarchen beißen bei mir eben auf meine harte Klit. In puncto Entertainment kann mir keiner etwas vormachen. Und Ironie gehört dabei selbstverständlich dazu.

Unterscheidet sich die Reaktion des Publikums auf Sie nach Ethnie, Klasse und Geschlecht?

Lady Bitch Ray: Ja, ich könnte mit meinen Erfahrung eigentlich eine gesonderte Studie starten. Mittlerweile weiß ich genau, wie Deutsche, Kanaken, Araber und Frauen verschiedenen Alters auf Lady Bitch Ray reagieren. Und das ist auch immer mein Check, wenn ich Leute kennen lerne: Sind sie zu schwach für Lady Bitch Ray, werden sie als potenzielle Bekanntschaft ausselektiert.

"Ich lese gerade Marx"

Von welchen Theoretikern sind Sie beeinflusst?

Lady Bitch Ray: Charles Sander Peirce, Julia Kristeva, Ferdinand de Saussure … und ich lese gerade Marx.

Sie setzen sich mit ihren Aussagen zwischen alle Stühle, insofern Sie sich einerseits gegen Zwangsheirat und Ehrenmorde und andererseits gegen die Diskriminierung von muslimischen Kopftuchträgerinnen wenden. Wie geht das zusammen?

Lady Bitch Ray: Das geht ganz gut zusammen. Oder meinen Sie, dass junge muslimische Kopftuchträgerinnen alle unterdrückt, devot und eingeschüchtert sind? - Pustekuchen! Das sind mehrheitlich tuffe, moderne und zielstrebige Frauen, von denen sich beispielsweise eine Sonya Kraus oder eine Daniela Katzenberger eine große Scheibe abschneiden sollten! Denn im Gegensatz zu diesen Frauen unterwerfen sich Kopftuchträgerinnen in keiner Weise männlichen Medienformaten á la "Ich spiel Mal die dumme Blondine, damit ich Geld verdienen kann!" Wann ist diese dumme Unterwerfung eigentlich passé?

Inwieweit steht dieses Konzept in der Tradition des klassischen Feminismus - oder steht es diesem entgegen?

Lady Bitch Ray: Ich würde sagen, mein Bitchsm-Feminismus ergänzt den klassischen Feminismus. Zum Beispiel geht der Bitchsm-Feminismus nicht nur auf die Probleme und Emanzipationskonflikte der einheimischen Frau, sondern auch auf Frauen verschiedener Herkunft ein. Aber das erläutere ich genauer in meinem Bitchsm-Werk.

Hatten Sie schon einmal Kontakt zu Alice Schwarzer?

Lady Bitch Ray: Ja, ich hatte Kontakt zu Frau Schwarzer. Ich warte übrigens immer noch darauf, dass sie meinen Artikel veröffentlicht, den ich im November vergangenen Jahres für die Zeitschrift "EMMA" geschrieben habe: Frau Schwarzer, wann drucken Sie endlich meinen Artikel?

Wie ordnen Sie selbst Ihre Musik im aktuellen Hip-Hop-Kontext ein?

Lady Bitch Ray: Ich würde sagen, ich mache progressiven "Bitch-Rap". Hip Hop hat eine Votze, und das vergessen so viele Schwanzträger heute, leider!