Philosophierende Dinos

"Dinosaurier" von Disney ist einmal wieder der bisher aufwendigste und teuerste computeranimierte Film

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Jetzt fangen die Dinosaurier auch noch das Philosophieren an. Zumindest in der neusten Disney-Produktion, die stolze 200 Millionen Dollar verschlungen hat. Warum, das sieht jeder sofort, der sich Ralph Zondags und Eric Leightons Film Dinosaurier anschaut. Noch nie zuvor waren die Dinos nämlich so "lebensecht" wie hier und auch die anderen Tiere, die sich auf der Leinwand tummeln, schauen erstaunlich realistisch aus.

Gut drei Jahre lang wurde an diesem bisher aufwendigsten und teuersten computeranimierten Film in einem eigens dafür errichteten Studio gearbeitet. Die dafür verwendeten Computer waren insgesamt 3,2 Millionen Rechenstunden im Einsatz, die rund 100 Millionen Dateien belegten den Speicherplatz von etwa 70000 CD-ROMs, und herauskamen schließlich 23 digital animierte Dinosaurier-Spezies, die danach in Naturkulissen - aufgenommen unter anderem in Hawaii, Neuseeland und Samoa - virtuell integriert wurden.

Und das Ergebnis ist so perfekt, dass eigentlich nur noch die Stimme Heinz Sielmanns oder Bernhard Grzymeks fehlt, die einem aus dem Off ein paar Anekdoten zu den schönen Dinobildern erzählt. Obwohl die beiden natürlich sofort gemerkt hätten, dass die Disney-Leute prähistorisch gesehen ganz schön gemogelt haben. Die netten Lemuren-Äffchen beispielsweise waren zur Tatzeit des Films noch evolutionstechnisch in Arbeit und auch der präsentierte Dino-Mix ist arg willkürlich.

Viel störender ist allerdings, dass die Ungetüme ganz normal mit menschlicher Stimme reden. Zwar ist man das von (Kino-)Comics jeglicher Art ja gewöhnt, aber gerade weil hier alles so echt ausschaut, reagiert man anfangs auf die ungewöhnliche Sprachbegabung der Kolosse doch etwas irritiert. Dass übrigens nur die Guten reden können, während die bösen Fleischfresser zum Schweigen und Griesgrämig-Blicken verurteilt sind, wird dagegen bestimmt die Vegetarier unter den Zuschauern erfreuen.

Los geht die eigentliche Geschichte aber erst einmal mit einem Ei, das aus einem Nest einer Iguanodon-Mutter geraubt wird und über mehrere Stationen schließlich genau vor den Füßen einer Lemuren-Familie landet. Aus dem Ei schlüpft dann der kleine süße Dino Aladar, der von den Affen adoptiert wird und eine glückliche Kindheit erlebt. Doch eines schönen Tages macht es plötzlich WOMM! Ein Meteorit schlägt in der Nähe des Affen-Paradieses ein, die Zerstörung ist gewaltig, aber Aladar kann mit seiner Familie gerade noch übers Meer entkommen.

Bei seiner Flucht schließt er sich danach einer imposanten Dinosaurierherde an, die wegen dieser Katastrophe losgezogen ist, um sich einen neuen Lebensraum zu suchen. Schnell wird unser Aladar zum Widersacher des Herdenführers Kron. Und dann fangen die Dinos tatsächlich das Philosophieren an. Der mächtige Kraftprotz vertritt nämlich das Darwinsche Überlebensprinzip und redet zuweilen so, als ob er einem sozialdemokratischen Parteitag die Gründung von Elite-Universitäten verkaufen muss. Dagegen hält Aladar flammende Reden gegen die Ellenbogengesellschaft, verurteilt das Recht des Stärken und fordert mehr Solidarität und Gemeinsinn.

Wortreiche Diskussionen, die gerade in einer Disney-Produktion doch etwas befremdlich wirken. Und dass nun ausgerechnet einer der größten Unterhaltungskonzerne der Welt mit einem Film so vehement gegen den vom Egoismus und Neo-Darwinismus geprägten Zeitgeist eintritt, irritiert beim Zuschauen tatsächlich genauso wie die ungewöhnliche Sprachbegabung der Dinos.

Aber schaden kann so etwas ja nicht, und so gönnen wir natürlich dem sozialverträglichen Helden gern den Sieg über seinen Kontrahenten Kron und auch das wunderschöne Happyend mit seiner süßen Dino-Braut.