Pluto bekommt Konkurrenz aus der direkten Nachbarschaft

Um Himmelskörper WW31 kreist ein Mond

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WW31 ist ein Himmelskörper im Kuiper-Gürtel. In der neuesten Ausgabe des Wissenschaftsjournals Nature stellen Astronomen ihre Analysen dieses binären Systems vor.

WW31, Bild: Canada-France-Hawaii Telescope

1998 wurde das Doppelsystem WW31 entdeckt, seither wird diskutiert, worum es sich genau handelt. Christian Veillet vom Canada-France-Hawaii Telescope in Hawaii und Kollegen vom Southwest Research Institute in Boulder Colorado, dem Space Telescope Science Institute in Baltimore, Center for Astrophysics, Cambridge in Massachusetts, Oberservatoire de Paris, Lowell Observatory in Flagstaff, Arizona und Institute for Astronomy in Honolulu auf Hawaii haben sich seit vier Jahren eingehend mit den beiden Objekten beschäftigt und sie bestätigen jetzt, dass es sich definitiv um ein binäres System handelt.

Ein kleiner Mond kreist in einer exzentrischen und sehr weit entfernten Umlaufbahn um WW31

Am Ende unseres Sonnensystems, hinter dem Pluto ist es kalt, dort kreisen tief gefrorene Gesteins-Brocken, die als Reste der ursprünglichen protosolaren Nebel gelten, aus dem sich das Sonnensystem schließlich formte. Ab und zu stürzt mal eines dieser Objekte aus dem Kuiper-Gürtel und zieht dann als Komet mit einen Glutschweif über den Nachthimmel. Der Kuiper-Gürtel wird auch Edgeworth-Kuiper-Gürtel oder Kuiper-Disk genannt. Inzwischen ist deutlich, dass sich an diesem äußersten Rand unseres Systems eine große Menge interplanetarer Himmelskörper tummelt. Es gibt Schätzungen, dass sich dort mindestens einzelne 70 000 Objekte mit mehr als 100 Kilometer Durchmesser befinden sollen, nachgewiesen werden konnten dort seit 1992 inzwischen fast 600 (Vgl. List Of Transneptunian Objects). Die Spekulationen über kleinere Eisbrocken in dieser Region gehen bis zu Stückzahlen von Milliarden.

Pluto ist der neunte und äußerste Planet des Sonnensystems und seit Jahren immer wieder in der Diskussion, denn er ist kleiner als unser Mond und ein finsterer Eisbrocken. Als Bestätigung, dass Pluto zu Recht als Planet klassifiziert wird, gilt der um ihn kreisende Mond Charon, der 1978 entdeckt wurde (Vgl. Informationen zu Pluto und Charon). Zur Erforschung des Pluto, der noch nie aus kurzer Distanz erforscht wurde, sollte noch in diesem Jahrzehnt eine Sonde der NASA starten. Colleen Hartman, zuständig bei der NASA für die Erkundung des Sonnensystems freute sich speziell darauf, weil die Astronomen davon ausgehen, dass diese Region sich seit Bildung des Sonnensystems kaum verändert hat:

Eine Expedition zum Pluto und anderen Objekten im Kuiper-Gürtel ist wie der Besuch einer Kühlkammer mit Proben des ältesten Materials aus dem Sonnensystem, dem Stoff, aus dem sich alle Planeten, auch die Erde, gebildet haben. Aber das Aufregendste daran, einen unerforschten Planeten zu besuchen, sind die Entdeckungen, mit denen wir nicht rechnen.

(Vgl. Zum Pluto, langsame Fahrt voraus!). Aufgrund der veränderten politischen Situation in den USA plant die Regierung jetzt die Streichung des Projekts - stattdessen wird in militärische Weltraumforschung investiert (Vgl. Plutonium statt Pluto).

Staubring im Sonnensystem, wahrscheinlich bedingt durch Kollisionen von Gesteins- und Eisbrocken im Edgeworth-Kuiper-Gürtel Bild: ESA/Ulysses

Aber jetzt bekommt Pluto Konkurrenz aus der direkten Nachbarschaft, denn WW31 hat auch einen eigenen Mond, wie das internationale Forscherteam um Veillet nachweisen konnte. Die Werte lassen noch keinen genauen Rückschluss auf die Dichte von WW31 zu, die der des Pluto entsprechen, aber auch geringer sein könnte. Genauen Aufschluss über die Masse werden weitere Untersuchungen ergeben. Die Astronomen haben alle Aufnahmen von 1998, die international gemacht wurden, miteinbezogen und dazu weitere aus den Jahren 2000-2002 untersucht. Zuletzt nutzte das Team dafür gezielt das Hubble Weltraumteleskop. Der Vergleich aller Daten ergab die verschiedenen Positionen der beiden Himmelskörper zueinander. Die Forscher sind sich jetzt vollkommen sicher, ein echtes binäres System entdeckt zu haben. WW31 mit seinem Mond ist von dem bisher einzigen Doppelsystem der Region, Pluto und Charon, deutlich verschieden. WW31 ist viel kleiner, sein Durchmesser beträgt wahrscheinlich 170-370 Kilometern (zum Vergleich: Pluto ca. 2300 km und Charon 1100 km). Der elliptische Orbit ist sehr exzentrisch. In einer Distanz von 4000 bis 40 000 Kilometern kreist der Mond 570 Tage lang um WW31. Der Albedo (die Rückstrahlfähigkeit) der binären Komponenten von WW31 beträgt 0,05-0,08, normal geht man für Objekte im Kuiper-Gürtel von 0,04 aus.

Seit 1998 haben sich bisher insgesamt sieben Kuiper-Gürtel-Objekte als binäre Systeme heraus gestellt, mit ziemlicher Sicherheit werden weitere folgen.

Vielleicht bewegen die neuen Erkenntnisse die US-Politik zu einer Veränderung ihrer Position. Die Wissenschaftler haben schon in der Vergangenheit intensiv für die Pluto-Mission gekämpft, denn ein archäologischer Ausflug in die Frühzeit unseres Sonnensystems könnte viele relevante Ergebnisse über WW31 und seinen Begleiter, Pluto und Charon, und nicht zuletzt die Herkunft der Erde bringen.