Pluto verblüfft Astronomen

Atmosphäre des Planeten bläht sich auf

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Der äußerste Planet unseres Sonnensystems verblüfft die Astronomen, denn neue Untersuchungen zeigen, dass sich seine Gashülle in den vergangenen 14 Jahren ausgedehnt hat. Die Forschung hatte damit gerechnet, dass sich die Atmosphäre mit zunehmender Entfernung von der Sonne abkühlen und damit zusammen ziehen würde.

Pluto und Charon, Bild: NASA

In der aktuellen Ausgabe des Wissenschaftsmagazin Nature berichten zwei Astronomen-Teams über neue Beobachtungen der Atmosphäre des Pluto. Der nach dem römischen Gott der Unterwelt benannte Himmelskörper kreist auf einer exzentrischen, stark elliptischen Bahn einmal in 248 Jahren um die Sonne, dabei war er ihr 1989 sehr nahe, seitdem bewegt er sich schnell von ihr weg. Mit einem Durchmesser von 2274 km ist er kleiner als viele Monde anderer Planeten. Er besteht aus Felsen und etwa einem Drittel Eis, seine Oberflächentemperatur schwankt zwischen -235 und -210 Grad Celsius, möglicherweise gefriert seine dünne Atmosphäre aus Stickstoff (mit Spuren von Methan und Kohlenmonoxid), wenn er weit von der Sonne entfernt ist. Allerdings schwankt das Klima auf dem unwirtlichen Eisklumpen stärker als vermutet (vgl. Pluto wird kälter und wärmer zugleich). Als Trabanten hat Pluto seinen Mond Charon dabei. Seit seiner Entdeckung 1930 gilt er als der neunte Planet, aber in den letzten Jahren wurde dieser Status durch Entdeckungen größerer Objekte im Kuiper-Gürtel in Zweifel gezogen (vgl. Quaoar zeigt Pluto die rote Karte). Wahrscheinlich ist er eher ein Asteroid, bisher ist er aber als Planet klassifiziert.

Im Verhältnis zu den anderen Planeten ist Pluto schlecht erforscht, denn bisher wurde er noch nie von einer Raumsonde besucht. Aber seine Gashülle kann analysiert werden, wenn er vor einem hellen Fixstern vorbei zieht und ihn dabei von der Erde aus betrachtet verdunkelt. Dieser Vorgang, der einer Sonnenfinsternis entspricht, wird Okkultation genannt und kann bedingt voraus berechnet werden (vgl. Potential Occultations by Pluto). Im Juli und August vergangenen Jahres bedeckte Pluto nach 1988 zum ersten Mal wieder das Licht ferner Sterne und wurde dabei von Astronomen durch leistungsfähige Teleskope in der ganzen Welt sorgfältig beobachtet (vgl. The stellar occultations by Pluto of July 20 and August 21, 2002). Jetzt veröffentlichen J.L. Elliot vom Massachusetts Institute of Technology und 28 Kollegen von vielen weiteren Observatorien und Universitäten in den USA ihre daraus gezogenen Erkenntnisse. Sie verglichen die neuen Daten mit denen, die 14 Jahre vorher erhoben worden waren und stellten eindeutig fest, dass sich die Atmosphäre des Pluto trotz seiner Flugbahn mit steigender Distanz zur Sonne ausgedehnt hat.

Die Temperatur sank nicht, sondern erhöhte sich entgegen der Erwartung um ungefähr ein Grad Celsius. Nach Meinung der Forscher hängt das mit Schwankungen der Oberflächentemperatur zusammen, durch die Plutos Stickstoff-Gashülle stark beeinflusst wird. Eine Erwärmung könnte durch das Einfangen von Weltraumstaub verursacht worden sein, weil dadurch die Sonnenstrahlung besser absorbiert wird und ein Erwärmungsprozess in Gang kommt. Tatsächlich hat sich Pluto seit 1954 sichtbar verdunkelt.

B. Sicardy vom Observatoire de Paris und 40 Kollegen von Observatorien und Universitäten in aller Welt bestätigen diese Ergebnisse und berichten in Nature, dass sich der atmosphärische Druck rund um Pluto in den vergangenen 14 Jahren verdoppelt hat. Sie vermuten, dass auch die extremen Jahrzeiten auf dem äußersten Planeten zu diesem Effekt beigetragen haben. 1987 kam die südliche Polarkappe nach 120 Jahren in Dunkelheit zum ersten Mal wieder ins Sonnenlicht, während über der nördlichen eine ebenso lange Nacht anbrach.

"Diese Beobachtungen kommen zur rechten Zeit," bemerkt William Hubbard von der University of Arizona in seinem begleitenden News&Views-Artikel. Er hofft auf eine verstärkte Forschung und die Chance "in den nächsten Jahren ..., mehr über diesen Planeten zu erfahren - zu einer Zeit, in der es technologische Entwicklungen möglich machen, auch über die Durchführbarkeit einer Weltraummission zum Planeten nachzudenken". Die Astronomen bauen auf die finanziell noch nicht gesicherte Mission New Horizons, die hoffentlich 2006 startet und Pluto 2015 erreichen soll.