Post Corona

Seite 4: "Schöne neue Welt"

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Die Praxis der Zerstörung ist gnadenlos. Was das Corona-Virus und die autokratisch verfügten Maßnahmen dagegen gemeinsam haben: die Starken überleben und die Schwachen sterben. Während allerdings der virale Infekt - in Kooperation mit kaputtgesparten Gesundheitssystemen - nur ganz wenige Menschen trifft, die an und mit ihm zugrunde gehen, werden die Folgen flächendeckender Betriebsschließungen und Ausgangssperren viele Unternehmen und Beschäftigte in den Ruin treiben.

Zyklisch wiederkehrende Krisen lösen üblicherweise ökonomische Konzentrationsprozesse aus, umso mehr diese aktuelle Krise, die gerade das gesamte soziale und wirtschaftliche Leben auf Null stellt. Kapitalmäßig schwach aufgestellten Unternehmen, kleinen Werkstätten, von Eigentümern geführten Geschäften fehlt schlicht das Durchhaltevermögen, große Ketten übernehmen dann das Terrain. Dieser Vorgang ist in so manchen Branchen schon lange vor 2020 Wirklichkeit, wie ein Blick auf den Lebensmittel- oder Baumarkthandel zeigt. In der jetzigen Krise beschleunigt sich dieser Prozess allerdings enorm, zumal große Betriebe leichter zu staatlichen Hilfen kommen und schneller ihre Beschäftigten kündigen oder in Kurzarbeit schicken.

Wie soll auch der kleine Buchhändler, dessen Geschäft behördlich geschlossen wurde und dem von einem auf den anderen Tag der Umsatz komplett wegbricht, darauf reagieren, woher das Geld für Miete, Gas, Strom und Wasser nehmen und seine zwei Angestellten auf Kurzarbeit ummelden, auch wenn es gar nichts zu arbeiten gibt. Ihm gegenüber steht der Branchenriese Amazon, der bald nach der Schließung des stationären Buchhandels verkündet hat, in nächster Zeit keine Bücher mehr auszuliefern, weil er mit den Bestellungen für tausend andere Produkte und Klopapier nicht mehr nachkommt. Der Buchmarkt wird ihm ohnedies nach zwei, drei Monaten auf dem Tablett serviert. Der Versandhändler Amazon stellte in den vergangenen Tagen weltweit 100.000 neue PackerInnen ein, sein Umsatz schnellte in zehn Tagen um zehn Mrd. Dollar in die Höhe.

Die staatlich herbeigeführte Monopolisierung führt in vielen Branchen zum Ende des von Eigentümern geführten Klein- und Mittelbetriebes. Der Wirt ums Eck war vor Corona, zwei Dutzend Starbucks-ähnliche Restaurantketten werden in Zukunft Vielfalt für den Gaumen simulieren. Die wirklich Reichen müssen dort freilich nicht einkehren, sie kaufen ja auch ihre Schuhe nicht bei einem der drei oder vier Großhändler, sondern lassen sie sich beim Schuster handfertigen.

Post Corona beschert ganzen Sektoren und auch neuen Branchen ungeheuren Aufschwung. Der Siegeszug der Pharmaindustrie war nach dem Knock-out der Tabakindustrie mit weltweit verordneten Rauchverboten nur kurz unterbrochen, nun steht er am Anfang eines nie dagewesenen Höhenflugs. Für sämtliche Bereiche, die mit Medizin zu tun haben, stellt 2020 ein Wendejahr dar. Immerhin wird die Außerkraftsetzung unserer Grundrechte staatlicherseits mit der Volksgesundheit argumentiert. Besser könnte die Akkumulationshilfe für die chemische Industrie und ihre pharmazeutischen Verästelungen nicht sein.

Darüber hinaus dürfte es keine besonders gewagte Prophezeiung sein, wenn man den Einzug der Künstlichen Intelligenz in so gut wie alle Branchen vorhersagt. Wie sich herausgestellt hat, ist der Mensch ein Überträger gefährlicher Viren und die nächste, mutmaßlich viel schlimmere Epidemie kommt bestimmt. Was liegt also näher, als den Faktor Mensch aus dem Wirtschaftsleben zurückzudrängen oder ihn ins Homeoffice zu verdammen. Dort kommt er nicht mit seinesgleichen in physischen Kontakt, auch mögliche Proteste gegen den Konkurrenten KI bleiben viral.

Krisengewinner werden auch all jene Unternehmen sein, die im autoritären Zeitalter besonders gebraucht werden: Ordnungs- und Kontrollhüter jeder menschlichen und technischen Art. Das reicht von sogenannten Sicherheitsfirmen für Objektschutz und Bewegungskontrolle über Software-Produzenten bis zu Drohnenerzeugern und -bedienern im Dienste eines "gesunden," störungsfreien Ablaufs des organisierten Kapitalismus. Dazu werden auch neue Berufsgruppen ins Zentrum der Macht vorrücken, die seit Wochen Notfallpläne und Notverordnungen, Ausgangssperren und Repressionsapparate ausarbeiten: medizinische Technokraten in weißen Kitteln, Psychologen, Militärs.

Die neue Arbeitsform ist die Vereinzelung. Eine solche gibt es freilich schon länger in post-industriellen Produktionsprozessen, nun beschleunigt sich diese Tendenz. Hilfreich dabei könnte der gesamte Kontrollapparat sein, der in diesen Wochen und Monaten Bewegungsprofile und Gesundheitsindikatoren jedes einzelnen aufzeichnet. Sein Ausbau zu einem vielversprechenden Zukunftssektor scheint unausweichlich. Als Legitimation für seinen Fortbestand kann nach dem Ende der Corona-Krise z.B. eine drohende ökologische Katastrophe in die Bresche springen. Ein grün angehauchter autoritärer Staat stößt kurzfristig auf weniger Widerstand. Und das Mäntelchen eines Green New Deal kann Billionen an Staatshilfen für entsprechende Konzerne leichter verdecken.

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