Preis der Sicherheit

35 Milliarden Dollar gegen explodierende Flugzeugtanks

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Als 1996 der vollbesetzte Jumbojet Flug TWA 800 von New York nach Paris kurze Zeit nach dem Start explodierte, wurde sofort ein Anschlag vermutet. Doch weder die Theorie von der Bombe an Bord noch vom landgestützten Stingerangriff bestätigte sich. Nachdem das Flugzeug in mühseliger Arbeit aus den übrig gebliebenen Schippselchen rekonstruiert worden war, blieb nur noch eine Erklärung übrig: Ein explosives Gemisch aus Kerosindampf und Luftsauerstoff im Tank hatte einen tödlichen Funken erhalten und die Katastrophe verursacht.

Schon damals mag dies dem einen oder anderen einen Schauer über den Rücken gejagt haben. Die Zahl von Moslemextremisten mit Stingern ist gottseidank immer noch begrenzt, aber Kerosintanks haben die Flugzeuge doch alle. War das Schicksal von TWA 800 nur ein dummer Zufall, der sich nicht wiederholen kann?

Dem scheint nicht so. Wie zuerst CNN berichtete, warnt Boeing, dass 3200 Flugzeuge der 737, 747 und 757 von defekten Treibstoffpumpen betroffen sein könnten. Bei der ersten Warnung im August sprach Boeing noch von lediglich 118 Flugzeugen (eine Zahl, die einen durchaus auch schon nervös machen könnte). Doch Ende September kam die Enthüllung der extrem großen Zahl von Maschinen, deren Pumpen (die übrigens von Hydro Air of Burbank zugeliefert wurden) den katastrophalen Zündfunken produzieren könnten.

Die amerikanische Flugverwaltung hat sofort reagiert, indem sie zunächst die Fluggesellschaften anwies, mit vollen Tanks zu fliegen (hochentzündlich ist lediglich das Knallgasgemisch, nicht der Treibstoff) und eine Überprüfung aller betroffenen Flugzeuge im Besitz amerikanischer Fluglinien anordnete.

Wie New Scientist berichtet, reicht dies Konsumentenverbänden nicht. Sie verweisen darauf, dass es bereits die notwendigen Technologien gebe, um derartige Unglücksfälle sicher ausschließen zu können. Bereits 1996, nach der TWA-800-Katastrophe, empfahl das US National Transportation Safety Board den Einbau dieser Technologien (die bislang nur bei Militärmaschinen Anwendung finden) in Passagiermaschinen. Doch ein Ausschuss der amerikanischen Flugaufsicht lehnte dies ab: Eine striktere Kontrolle der Pumpen würde genauso reichen, und die Kosten von 35 Milliarden Dollar im Laufe der nächsten 15 Jahre wären schlichtweg zu hoch.

Die Gegenseite argumentiert, dass der Ausschuss, der damals die Empfehlung ablehnte, in der Hand von Industrielobbyisten war, und dass die Zahl 35 Milliarden völlig übertrieben sei - die Gegenschätzung beläuft sich auf 5 Milliarden Dollar.

Andere Abteilungen der amerikanischen Flugaufsicht sind nicht untätig und erproben derzeit die oben genannten militärischen Sicherungssysteme für die zivile Luftfahrt. Im Prinzip geht es darum, schon die Bildung des Knallgases zu verhindern. Dazu wird entweder bereits auf dem Boden Stickstoff in die Tanks gepumpt oder aber Stickstoff während dem Flug aus dem Luftstrom aufgenommen und in die Tanks überführt.