Proteste, Bremser und Herkules-Aufgaben

Seite 2: Schnell, aber nicht schnell genug

Die Internationale Energieagentur IEA meldet für 2021 einen neuen Rekord beim Ausbau der erneuerbaren Energieträger, wie die britische Zeitung Guardian berichtet. Demnach wurden 290 GW neue Leistung installiert. Hauptsächlich handele es sich um neue Windräder und neue Solaranlagen.

In den kommenden Jahren bis 2026 würden weltweit die Erneuerbaren 96 Prozent des Zuwachses bei den Stromerzeugungskapazitäten ausmachen. Die Hälfte davon gehe allein auf das Konto der Solarenergie.

Der starke Zuwachs 2021 sei ein weiteres Zeichen für die Geburt einer neuen globalen Energiewirtschaft, so IEA-Direktor Fatih Birol laut Guardian. Die hohen Rohstoffpreise seien eine Herausforderung für die neuen Branchen, zugleich bekämen sie aber einen Wettbewerbsvorteil gegenüber den fossilen Energieträgern, deren Preise ebenfalls steigen.

Wenn aber die Menschheit bis zur Mitte des Jahrhunderts tatsächlich so gut wie ohne CO2-Emissionen auskommen soll, reicht das bisherige Ausbautempo noch lange nicht. Es müsste nach Ansicht der IEA noch einmal verdoppelt werden.

Schneller als geplant

In China arbeitet man daran. Das Land war zwar auch 2021 der größte CO2-Verusacher – ein Titel den es erst seit circa 15 Jahren hält, zuvor waren es etliche Jahrzehnte lang die erheblich kleineren USA – aber es ist auch Weltmeister im Ausbau der Wind- und Solarenergie. Wie berichtet wird in der Volksrepublik für dieses Jahr allein bei der Sonnenenergie von einem Zubau von 55 bis 65 GW gerechnet.

In der Windkraft werden ähnliche Werte erreicht, zumal es inzwischen auch auf See losgeht. Vor den Küsten weht es meist deutlich mehr, als an Land und Chinas flache Küstengewässer sind für den Bau von Offshore-Anlagen bestens geeignet. Außerdem sind sie den Verbrauchszentren in den Küstenprovinzen deutlich näher als die meisten großen Windparks im Inland.

Die IEA rechnet entsprechend damit, dass China sein Ausbauziel bei den Erneuerbaren mit 1.200 GW Leistung schon 2026 statt erst 2030 erreichen wird. Das wäre durchaus typisch für die chinesischen Klimaziele.

Herkules-Aufgabe

Diese sind in den vergangenen rund zehn Jahren stets vorzeitig erreicht worden. Aktuell hat die Volksrepublik im Rahmen der Pariser Klimaübereinkunft versprochen, dass ihre Treibhausgas-Emissionen 2030 ihren Höhepunkt überschreiten. Fatih Birol geht laut Guardian allerdings davon aus, dass dies schon erheblich früher der Fall sein könnte.

Vermutlich wird er recht haben. In den vergangenen Jahren sind die chinesischen Emissionen kaum noch gewachsen. Im ersten Halbjahr 2021 sind sie im Zuge der wirtschaftlichen Erholung nach dem Corona-Einschnitt zwar deutlich angestiegen, aber schon ab der Jahresmitte gab es im Vergleich zum Vorjahr kaum noch weiteres Wachstum.

Doch ein Ende des Wachstums ist natürlich erst der Anfang. Deutlich über 50 Prozent des Stroms wird in China immer noch von Kohlekraftwerken erzeugt. Die mit Windrädern und Solaranlagen zu ersetzen ist eine Herkulesaufgabe, die unter anderem den Ausbau von verlustarmen Übertragungsnetzen und Speichern erfordert.

Auch darüber hat Telepolis in diesem Jahr mehrfach berichtet.