Putins Korridore: Nur eine perfide Geste?
Seite 2: Humanitas als Täuschungsmanöver
- Putins Korridore: Nur eine perfide Geste?
- Humanitas als Täuschungsmanöver
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Anna Borschewskaya, Expertin am Washingtoner Institut für Nahost-Politik, unterstützt Horowitz' Thesen zu den Fluchtwegen. Sie analysiert Putins Vorgeschichte in der Manipulation von humanitären Beschlüssen und sagt, auch in Syrien habe sich Moskaus Taktik durch ein ähnliches Vorgehen ausgezeichnet.
Unter anderem habe der Kreml in Syrien schon mehrere Deeskalationsabkommen ausgehandelt und dann gebrochen, nur um seine Position zu festigen. So könnte die Einrichtung des humanitären Korridors in Mariupol Teil einer solchen Strategie sein. Wie die Nachrichtenagentur Reuters berichtet, ist die Evakuierung der eingekesselten Stadt ja abermals gescheitert. Beide Seiten weisen sich gegenseitig die Verantwortung dafür zu.
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Das Internationale Komitee des Roten Kreuzes (IKRK) schrieb auf Twitter: "Die gescheiterten Versuche unterstreichen das Fehlen einer detaillierten und funktionierenden Übereinkunft zwischen den Konfliktparteien." IKRK-Präsident Peter Maurer erklärte in Genf: "Die Menschen zahlen einen immer höheren Preis".
Der Sturm auf die ukrainische Hauptstadt Kiew steht derweil unmittelbar bevor. Wie The Kyiv Independent Anfang der Woche twitterte, gibt es laut Bürgermeister Vitali Klitschko "schwere Kämpfe um Kiew", besonders im Nordwesten. Weiter teilte Klitschko mit:
Mit extremer Wut zerstört der Feind Bucha, Hostomel, Vorzel, Irpin. Sie töten vorsätzlich Zivilisten.
Bürgermeister Vitalii Klitschko
Angaben des ukrainischen Außenministeriums zufolge sind nahe der Kiewer Vorstadt Irpin bei einem Versuch zur Einrichtung eines "grünen Korridors" acht Zivilisten getötet worden. Der Bürgermeister von Butscha, Anatolij Fedortschuk, sei verletzt worden.
Mariupol-Korridor vermint?
Mariupol am Asowschen Meer ist mit 440.000 Einwohnern eine der größten Hafenstädte der Ukraine. Die Lage dort ist katastrophal, die Wasserversorgung der Stadt unterbrochen.
Wie das Rote Kreuz gegenüber der BBC mitteilte, soll der Mariupol-Korridor, der für die zweite fehlgeschlagene Evakuierungsaktion aus der belagerten ukrainischen Stadt vorgesehen war, vermint gewesen sein. Dominik Stillhart, Einsatzleiter des IKRK, sagte in der Sendung Today auf die Frage, was mit den sogenannten humanitären Korridoren schiefgelaufen sei, dass man tagelang versucht habe, mit der ukrainischen und russischen Seite zu sprechen.
Doch es gab offensichtlich weiterhin Probleme, über die Einzelheiten eines Waffenstillstandsabkommens übereinzukommen. In dem Gespräch mit BBC Radio 4 fügte er hinzu, dass das IKRK-Team bei Erreichen des ersten Kontrollpostens am Sonntag feststellen musste, dass die vereinbarte Route "tatsächlich vermint war".
Die ukrainische Vizeregierungschefin Iryna Wereschtschuk äußerte Presseberichten zufolge, sie habe Russland vorgeschlagen, Fluchtkorridore in den Westen zu öffnen. Die russischen Vorschläge nannte sie "keine annehmbare Variante der Öffnung von humanitären Korridoren". Flüchtende Ukrainer würden sicher nicht aus den nördlich von Kiew gelegenen Orten nach Belarus fliehen, nur um dann per Flugzeug nach Russland gebracht zu werden.
Nordwestlich der Hauptstadt Kiew liegt Hostomel, das seit Beginn des Kriegs wegen des nahen Flugplatzes besonders heftig umkämpft ist; der Großteil der ursprünglich 16.000 Einwohner ist geflohen. Den Verbliebenen droht aufgrund der fortgesetzten Kämpfe eine humanitäre Katastrophe.