Quod licet Iovi, non licet bovi

Bundeskanzler Gusenbauers "gerichtetes" iPhone - Kavaliersdelikt oder egal legal?

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Mehrere Jahre nach Verabschiedung der weitgehend unbeachtet gebliebenen EU-Urheberrechtsrichtlinie stellte sich der österreichischen Öffentlichkeit in der iPhone-Affäre plötzlich die Frage, ob das Entsperren eines Mobiltelefons wirklich verboten sein kann - und ob man Menschen in öffentlichen Positionen das verbotene Manipulieren eines Mobiltelefons eher nachsieht als anderen.

Zuerst machte der österreichische Bundeskanzler Alfred Gusenbauer (SPÖ) Schlagzeilen als Trendsetter. Er wurde nämlich beim EU-Gipfel am 13. März zusammen mit seinem iPhone fotografiert - vor der offiziellen Markteinführung des Geräts in Österreich. Hiesige Medien vermuteten deshalb, dass der österreichische Bundeskanzler das Gerät möglicherweise aus den USA mitgebracht hatte. Allerdings waren alle dort verkauften Geräte nach Angaben von Apple mit einer Ländersperre versehen, welche sie für den Einsatz mit europäischen Providern unbrauchbar machen sollte. In diesem Fall hätte sich Gusenbauer das Gerät entsperren müssen. Ein relativ unproblematischer Vorgang – wären da nicht in jüngster Zeit eingeführte Monopolschutzvorschriften wie die EU-Urheberrechtsrichtlinie, welche die "Umgehung" von "technischen Schutzmaßnahmen" verbietet. Das BZÖ stellte deshalb eine parlamentarische Anfrage, mit der die Oppositionspartei herausfinden wollte, woher Gusenbauer das Gerät hat und ob es "illegal entsperrt" wurde.

Allerdings ist eher unklar, ob und welche Rechte bei einer Umgehung des iPhone-Sperrmechanismus verletzt werden: Zwar steht in Österreich wie auch in Deutschland der Einsatz von Umgehungstechnologien unter Strafe. Doch gilt dies durch die Verankerung im Urheberrecht zwar für Musik und sonstige Unterhaltungsmedien, nicht aber für reine Anwendungsprogramme. Zudem ist eine Umgehung von technischen Maßnahmen, egal was sie schützen, nach § 91 Satz 2 des österreichischen Urheberrechtsgesetzes ausdrücklich dann nicht strafbar, wenn sie zum eigenen Gebrauch geschieht.

Dr. Franz Schmidbauer, Richter am Salzburger Landesgericht und Betreiber der Plattform Internet4Jurists.at äußerte gegenüber Telepolis die Auffassung, dass bei einer Entsperrung maximal "Lizenzbedingungen" verletzt würden, die man beim Kauf "akzeptiert". Rechtlich hätten diese allerdings kaum Konsequenzen. Im Gegensatz zu Musik darf Software Schmidbauer zufolge bis zu einem gewissen Grad modifiziert werden, um sie "an die eigene Arbeitsumgebung“ anzupassen. Ob das Freischalten eines Apple iPhone unter solch ein erlaubtes Anpassen subsumiert werden kann, ist jedoch unklar.

Angesprochen auf das Zwielicht, in das der SPÖ-Politiker rutschte, meinte Schmidbauer: "Ich würde an den Herrn Bundeskanzler Gusenbauer appelieren, dass die Handys allgemein freigegeben werden. Diese Schutzmechanismen schaffen letztlich nur Kartelle, die einem freien Wettbewerb entgegenstehen. Dahin müsste die Politik dringend gehen - ähnlich wie in Frankreich. Es soll konsumentenfreundlicher sein und dann soll es jeder haben können. Auch der Herr Gusenbauer, egal bei welchem Anbieter."

Trotz der Urheberrechtsrichtlinie ist die Rechtslage in der EU nämlich nicht so einheitlich ist, wie man das vielleicht glauben möchte. Während das Entsperren von Mobiltelefonen in Österreich und Deutschland in einer rechtlichen Grauzone stattfindet, erlaubt beispielsweise Frankreich explizit die Freischaltung von Handys. Einschränkungen von Geräten auf einzelne Netze sind dort unbekannt. Was in Österreich also eventuell rechtlich problematisch sein könnte, ist in Frankreich ganz legal.

Allerdings machte Gusenbauers SPÖ bisher ebenso wenige Schritte in Richtung einer solchen Liberalisierung, wie Anstalten, Anfragen nach der Herkunft und dem Zustand des iPhone wirklich beantworten zu wollen. Stattdessen kolportierte man, dass es sich um ein Privathandy handle und es deshalb für den Dienstvollzug "unerheblich" sei. Damit bleibt offen, ob es sich der Bundeskanzler "richten" konnte und auf welche Art sein Apple iPhone nach Österreich gelangt ist: Ordnungsgemäß versteuert und verzollt - oder einfach im Handgepäck mitgenommen.