Rasterfahndung in Vorratsdaten: Die unterschätzten Finanzermittlungen

Seite 3: Europäische Kommission fordert zentrale Bankkontenregister

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Auch die damaligen G7-Staaten (heute G8) hatten die Bedeutung von Finanzermittlungen erkannt und hierfür eine Financial Action Task Force (FATF) gegründet. Die Organisation entwickelt Standards für Finanzermittlungen, die dann in Gesetzgebungsakte der Europäischen Union einfließen. Ihre regelmäßig aktualisierten "Empfehlungen" enthalten auch die "proaktive Strafverfolgung". Wie die Europäische Union regt auch die FATF die Einrichtung neuer, übergreifender "nationaler Zentren" aus mehreren Behörden an. Die Einrichtungen müssten "direkt oder indirekt" Zugang zu "finanziellen, administrativen und polizeilichen Informationen" erhalten.

Die meisten EU-Mitgliedstaaten unterhalten bereits zentrale Register, über die Ermittler Angaben zu Bank- und Zahlungskonten von Verdächtigen oder Beschuldigten abfragen. Nun plant die Europäische Kommission deren EU-weite Vernetzung. Auf diese Weise können Ermittler schnell über Kontodetails verfügen, ohne die Staaten in aufwändigen Prozeduren einzeln anzufragen.

Im Februar hat die Kommission einen neuen Aktionsplan zur Bekämpfung der Terrorismusfinanzierung veröffentlicht. Er enthält 20 Maßnahmen und Empfehlungen, darunter auch Gesetzgebungsakte wie die EU-weite Einführung des Straftatbestands der Geldwäsche. Umtauschplattformen für virtuelle Währungen (Bitcoins) sollen zukünftig ebenfalls der Pflicht zur Verdachtsmeldung unterliegen. Guthabenkarten werden reglementiert und die "Barmittelüberwachung" auf per Fracht- oder Postversand befördertes Geld ausgeweitet.

SEPA macht Ermittlern Probleme

Nun soll erneut geprüft werden, ob die Europäische Union ein eigens System zum Aufspüren der Terrorismusfinanzierung errichten will. Europäische Ermittler nutzen derzeit das gemeinsame Programm der EU und der USA zum Aufspüren der Finanzierung des Terrorismus (TFTP). Dort werden Daten zu internationalen Finanztransaktionen des belgischen Dienstleisters SWIFT gesammelt und verarbeitet. Über Europol können Kriminalämter Anfragen bei US-Behörden stellen.

Allerdings hat das TFTP aus Sicht der Sicherheitsbehörden Schwachstellen. So sind beispielsweise Zahlungen innerhalb der Union nicht von dem Abkommen erfasst, mit der verpflichtenden Umstellung auf das SEPA-Verfahren verschwinden innereuropäische Finanztransaktionen vom Radar der Ermittler. Ursprünglich hatte die Europäische Kommission deshalb erwogen, ein Trackingsystem lediglich für SEPA-Überweisungen einzuführen.

Schließlich soll die Verfolgung von Finanzströmen auch im Bereich der Migrationskontrolle genutzt werden. Europol errichtet derzeit ein "Zentrum zur Bekämpfung der Migrantenschleusung". Laut den Ratsschlussfolgerungen vom 26. Januar diesen Jahres soll das Zentrum vor allem Finanzermittlungen betreiben. Dabei sollen die Ermittler auch mit der bei Europol angesiedelten Zentralstelle für Verdachtsmeldungen kooperieren.

Die Innen- und Justizminister der Europäischen Union haben dies in Schlussfolgerungen ihrer heutigen Ratstagung bekräftigt. Demnach sei es "unbedingt erforderlich", bei Fällen von Migrantenschleusung die Finanzströme zu verfolgen. Auch die Grenzagentur Frontex soll die Mitgliedstaaten bei Finanzermittlungen unterstützen, etwa durch die Befragung von Geflüchteten. Zur "Finanzaufklärung" und zum Mapping von Netzwerken der Fluchthelfer müssten Finanzermittlungen auch "proaktiv" vorgenommen werden.