Rechtsanspruch auf Rückkehr von Teilzeit auf Vollzeit?

Mütter fürchten den Karriereknick. Die Familienpolitik der großen Parteien macht damit Wahlkampf

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Die Parteien scharen sich um die bürgerliche Mitte; im Wahlkampf suchen sich dabei insbesondere die Union, die Sozialdemokraten und die Grünen über die Familienpolitik zu profilieren. Bevorzugte Ansprechpartner ist die Altersmitte mit mittlerem Einkommen, die gutausgebildeten Anfang Dreißigjährigen bis zu den Fünfzigjährigen. Das neue bürgerliche Ideal, das man im Blickpunkt hat, sind die modernen Zweierbeziehungen auf gleichberechtigter Partner-Basis, die sich Kinder wünschen oder sie schon haben, dadurch aber in ihrem beruflichen Werdegang so wenig wie möglich eingeschränkt werden wollen.

Zur ohnehin gegebenen Unsicherheit gegenüber den Entwicklungen auf dem Arbeitsmarkt - auch dem viel berichteten Fachkräftemangel im Bereich der technischen Berufe werden privat wie öffentlich andere Aussagen gegenüber gestellt - kommen die besonderen Unsicherheiten, die eine Familiengründung mit sich bringt. Ein Resultat daraus ist, mit Kindern zu warten, bis Ausbildung, Berufserfahrung und Netzwerk einige Sicherheit versprechen; zum anderen hofft man auf Unterstützung durch die Politik. Ein Ball, der im Wahlkampf gerne aufgenommen wird.

39 Prozent der Frauen und 28 Prozent der Männer bereuen, dass sie Elternzeit genommen haben, hat eine neue, noch unveröffentlichte Umfrage des Bundesfamilienministeriums herausgefunden. Die Wiedereingliederung in den Arbeitsmarkt verlief schwierig, beklagt wird ein "Karriereknick". Zu lesen war dies am gestrigen Sonntag in der Welt, die vorab an die Ergebnisse gekommen ist. 4.000 Mütter und Väter beteiligten sich an der Umfrage, die von der Publikation aus dem Haus Springer mit besonderem Engagement verfolgt wird.

So ist dem Bericht in der WamS auch ein Interview mit der Familienministerin Schröder (CDU) beigesellt. Dort rückt sie eine politische Forderung in den Vordergrund, die der Umfrage zu entnehmen ist. So sehen Mütter wie auch in weniger häufigen Fällen auch Mütter zwar ihren Wunsch nach einer Reduzierung der Arbeitszeit von ihren Chefs unterstützt, sehen sich anderseits dadurch aber auch in eine schwierige Situation gebracht - denn anscheinend ist schwer, von Teilzeit wieder auf Vollzeit umzuschalten, was berufliche Nachteile mit sich bringt. Man wird von wichtigen Projekten ausgeschlossen, der Aufstieg ist versperrt.

Kristina Schröder fordert deswegen "eine gesetzliche Verankerung des Rückkehranspruchs von Teilzeit auf Vollzeit" - eine Forderung, die sie erstmal testet, in dieser Legislaturperiode sei das wahrscehinlich nicht mehr möglich, aber vielleicht nach der Wahl, lässt sie im Interview verstehen. Zwar hätten die Arbeitgeber schon einiges getan, aber "fatal wäre dagegen der Schluss, dass nun nichts mehr zu tun ist":

Sorgenvoll stimmt mich zum Beispiel, dass noch immer viel zu viele Eltern karrieretechnisch auf der Verliererseite landen, bloß weil sie Angebote wie Heim- oder Teilzeitarbeit nutzen.

Auch die familienpolitische Sprecherin der Grünen im Bundestag, Katja Dörne schließt sich der Forderung nach einem gesetzlich verankerten Rückkehrrecht von Teilzeit auf Vollzeit an. Ihre Parteikollegin, Ekin Deligöz, ebenfalls Expertin für familienpolitische Fragen stimmt darin überein, dass Teilzeitarbeit der "Karrierekiller Nummer eins in Deutschland" sei und fordert, dass der berufliche Ausstieg aus der Teilzeit möglich sein müsse. Auch die familienpolitische Sprecherin der SPD-Bundestagsfraktion, Sönke Rix, findet an der Forderung selbst nichts auszusetzen, merkt aber an, dass anderes wichtiger sei: "genügend gute Kinderbetreuungsplätze".

Man darf gespannt sein, wie Unternehmen auf die Forderung nach einem Rückkehranspruch in eine Vollzeitbeschäftigung reagieren. Die Lobby, die hier agiert, ist nicht unwichtig und steter Tropfen höhlt den Stein?

Dass sie in den letzten Jahren stärker mit dem Thema Vereinbarkeit von Familie und Beruf konfrontiert wurden, hat der Untersuchung zufolge schon Wirkung gezeigt, wie die Frankfurter Rundschau notiert: "Vier von fünf Befragten gaben an, dass die Inanspruchnahme von Elternzeit in ihren Firmen heutzutage als unproblematisch erachtet wird."