Russische Präsidentschaftswahl: Klarer Sieg durch westliche Schützenhilfe

Seite 2: Schlechtes Abschneiden der Kommunisten war absehbar

Platz 2 für den Kommunisten Charitonow habe ich in früheren Beiträgen vorhergesagt, aber doch ein Ergebnis über fünf Prozent statt der erreichten 4,4 Prozent erwartet. Nach meiner Einschätzung zielt die Wahlstrategie der KPRF (Kommunistische Partei der Russischen Föderation) auf die nächste Präsidentschaftswahl, bei der eine erneute Kandidatur Putins fraglich ist.

In der aktuellen Kriegssituation und bei den Erfolgen an der Front, in der Wirtschaft und Verbesserungen in der Sozialpolitik, wurde eine harte Kampfkandidatur bei dieser Wahl wohl als aussichtslos und zudem kontraproduktiv gesehen.

Entsprechend kandidierte auch nicht der sehr bekannte Parteichef und Politveteran Sjuganow. Der Wahlkampf agitierte vor allem gegen die Überbleibsel des Oligarchen-Kapitalismus der 1990er-Jahre und nicht gegen Putin persönlich.

Ein zentraler Programmpunkt von Charitonow war zudem die Unterstützung kinderreicher Familien. Im Westen gilt das als wertekonservativ, in Russland hingegen als sozialistisch und in der Traditionslinie zur Sowjetunion.

Die Rechtspopulisten der LDPR

Auch an dieser Stelle scheint der Kreml die Position der Kommunisten übernommen zu haben und das Jahr 2024 wurde prominent zum "Jahr der Familie" erklärt – was ich erstmals durch Werbung an russischen Flughäfen erfuhr.

Platz 3 und 4 entsprechen ebenfalls meiner Einschätzung, wonach die rechtspopulistische LDPR (Liberal-Demokratische Partei Russlands) ohne ihren 2022 verstorbenen Parteichef Wladimir Schirinowski Schwierigkeiten haben wird. Denn die Partei war faktisch die Person Schirinowski und das Parteiprogramm war eher sein gesprochenes Wort als der niedergeschriebene Text.

Hinzu kommt, dass sich die Positionierung der Partei als rechte politische Kraft, von liberalkonservativ bis rechtskonservativ, mit dem amtierenden Präsidenten überschneidet.

Auch Putin wird durch einflussreiche Kräfte im Kreml als konservativer Politiker dargestellt, als Verteidiger konservativer Werte, des Christentums und der traditionellen Familie. Dadurch hat er nicht nur die Unterstützung von konservativen und religiösen Gesellschaftsgruppen in Russland, sondern ist auch bei Konservativen bis Rechtskonservativen in westlichen Staaten äußerst beliebt und wird von vielen in einer Linie mit Viktor Orbán und Donald Trump gesehen.

Westen sollte über Wahlergebnis reflektieren

Entsprechend platzierte sich Sluzki mit 3,2 Prozent sogar hinter dem Liberalen Dawankow mit 3,9 Prozent. Zum Zweitplatzierten, Charitonow, beträgt der Abstand sogar eine Million Stimmen.

Dawankow konnte bei seiner Kandidatur mit den Stimmen der "kosmopolitischen Kleinbürger" rechnen. Auch deshalb, weil ihm nach einigen, missglückten oder kalkulierten, Aussagen vorgeworfen wurde, in der Ukraine kapitulieren zu wollen.

Umgekehrt bestätigt dies wieder das geringe Potenzial dieser kleinen Gesellschaftsgruppe, die im Kern aus antipatriotischen Zeitgenossen in Moskau und St. Petersburg besteht und, trotz aller Unterstützung aus dem Westen, nicht über fünf Prozent kommt.

Entscheidungsträger im Westen sollten nach diesem Wahlresultat in sich gehen und hinterfragen, warum sie alles dafür tun, um die Beliebtheit von Wladimir Putin inner- und außerhalb Russlands zu erhöhen. Glauben sie mittlerweile ihrer eigenen Propaganda? Können sie nicht anders?

Und vor allem: Was machen deutsche Politiker und Medien nach einem möglichen Wahlsieg von Trump? Vielleicht ist es an der Zeit, den Traum von einem neuen Jelzin in Russland aufzugeben und Realpolitik im Interesse des eigenen Landes zu betreiben?