"Russki Mir": Ideologie des Putinismus erobert Russlands Schulen und Unis
- "Russki Mir": Ideologie des Putinismus erobert Russlands Schulen und Unis
- Ideologie soll in alle Unterrichtsfächer wandern
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Im russischen Bildungsbereich findet ein radikaler Umbruch statt. Liberale Hochschulen und unliebsame Lehrkräfte werden ins Visier genommen. Wohin geht die Reise?
Die russischen Schulen und Universitäten waren noch bis zur russischen Ukraine-Invasion im Februar 2022 ein vergleichsweise ideologiearmer Ort. Einige Hochschulen galten auch als liberal und fortschrittlich mit entsprechendem Lehrpersonal und internationalen Kontakten. Moderne, urbane Studenten standen oft dem herrschenden System Putin sehr kritisch gegenüber. Die normalen Schulen waren weit von der Politik.
Diese Bildungswelt ist seitdem in einem radikalen Umbruch. Die Ideologen des politischen Establishments haben die Weltanschauung der "Russki Mir", der Russischen Welt als theoretische Grundlage des Putinismus entwickelt. Sie ist ultrakonservativ, wenn nicht reaktionär, setzt auf die Einheit alles "Russischen", womit notfalls auch gegen ihren Willen Ukrainer und Weißrussen eingeschlossen sind. Die Ideale liegen in der Vergangenheit und sind natürlich gegen den Westen gerichtet.
Wer abweicht, wird bestraft
Parallel werden nun in der Welt der Bildung alle Einrichtungen auf Kurs gebracht. Regierungskritische Professoren wie Ilja Inischew von der Moskauer Hochschule für Wirtschaft wurden entlassen oder wie der linke Soziologe Boris Kagarlizky, Professor an der Moskauer Hochschule für Sozial- und Wirtschaftswissenschaften gleich inhaftiert.
Einstmals als fortschrittlich geltende Universitäten wie die Moskauer Higher School of Economics stehen unter verstärkter Beobachtung des Inlandsgeheimdienstes FSB und fahren notgedrungen einen Anpassungskurs. Als aktuellster Fall gilt die Europäische Universität in Sankt Petersburg. Sie erhielt erst in dieser Woche eine Strafe wegen einer Teilnahme an Aktivitäten einer "unerwünschten Organisation".
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Grundlage waren Bücher über antike chinesische Philosophen, Petersburger Universitäten, kulturelle Unterschiede zwischen Nationen und die Globalisierung in der Unibibliothek. Diese wurden mit Unterstützung westlicher NGOs erstellt, die von Seiten von Russlands Offiziellen als unerwünscht gelten, etwa das US-amerikanische Kennan Institute.
Nach Auskunft der Universität befanden sich die Werke in der Bücherei noch aus der Zeit, als es in Russland noch gar kein Gesetz über "unerwünschte Organisationen" gab. Sie will deswegen gegen die Strafe vorgehen – die Zeit solcher Literatur in russischen Bildungseinrichtungen dürfte jedoch definitiv vorbei sein.