Russland setzt Getreideabkommen aus: Welche Folgen jetzt drohen

Das Abkommen ist ausgesetzt, aber nicht tot. Kreml besteht darauf, dass auch russische Agrarexporte möglich sein müssen. Warum auch die EU für das Scheitern verantwortlich ist.

Russland hat das von der UNO vermittelte Getreideabkommen mit der Ukraine ausgesetzt. Die Entscheidung wurde am Montag, nur wenige Stunden nach dem mutmaßlichen Anschlag auf die Krim-Brücke bekannt gegeben. Der Kreml erklärte jedoch, die Entscheidung habe nichts mit ihm zu tun.

"Tatsächlich sind die Schwarzmeerabkommen seit heute nicht mehr gültig", sagte Kreml-Sprecher Dmitri Peskow laut Reuters in einer Telefonkonferenz mit Reportern. "Leider ist der Teil der Schwarzmeerabkommen, der Russland betrifft, bis heute nicht umgesetzt worden, sodass er nicht mehr gilt."

Warum Russland das Abkommen nicht verlängert

Sobald der Russland betreffende Teil der Vereinbarungen erfüllt sei, werde die russische Seite unverzüglich zur Umsetzung des Abkommens zurückkehren, fügte Peskow hinzu.

Der Kreml argumentierte in der Vergangenheit, dass russische Agrarexporte und Ausfuhren von Düngemitteln weiterhin behindert würden, obwohl sie durch das Abkommen ermöglicht werden sollten. Sie unterlägen zwar nicht den westlichen Sanktionen; aber notwendige Finanztransaktionen, Logistik und Versicherungen würden beeinträchtigt.

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Die Auswirkungen dieser Entscheidung, das Abkommen auslaufen zu lassen, könnten erheblich sein. Die Ukraine und Russland sind wichtige Akteure auf den Getreidemärkten und tragen zur weltweiten Versorgung mit Weizen, Gerste, Mais, Raps, Rapsöl, Sonnenblumenkernen und Sonnenblumenöl bei. Die Unterbrechung des Getreideexports aus der Ukraine könnte zu Preisanstiegen und Engpässen führen und eine globale Nahrungsmittelkrise verschärfen.

Die Vereinbarung wurde ursprünglich im Juli 2022 geschlossen und sollte es der Ukraine ermöglichen, ihr Getreide trotz des Kriegs über ihre Schwarzmeer-Häfen zu exportieren. Die Schiffe fahren entlang eines 310 Seemeilen langen und drei Seemeilen breiten Korridors. In einem türkischen Hafen werden die Schiffe inspiziert, um sicherzustellen, dass sie keine Waffen geladen haben.

Folgen der russischen Entscheidung für die Ukraine und die Welt

Sowohl Russland als auch die Ukraine verdienen mit den Ausfuhren von Getreide und Ölsaaten Milliarden. Für die Ukraine spielt das Abkommen eine wesentliche Rolle: Das Land ist durch den Krieg verarmt und über beide Ohren bei westlichen Ländern verschuldet. Ohne die Einnahmen wird es schwieriger, Wohlstand und Einnahmen für den Staatshaushalt zu sichern.

Die Lage der Landwirtschaft in der Ukraine ist ohnehin schon schwierig. Riesige Agrarflächen hat das Land an Russland verloren. Viele Gebiete sind zudem vermint. Auch der Bruch des Kachowka-Staudamms zog verheerende Folgen nach sich. Weite Flächen wurden mit Schlamm überflutet, der durch Industrieabfälle belastet war. Diese Böden sind vorerst nicht nutzbar.

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Das Getreideabkommen wurde auch damit begründet, dass der Hunger in der Welt gelindert werden sollte. Hauptempfänger der Lieferungen war allerdings China, heißt es nun bei der Deutschen Presse-Agentur (dpa). Aber auch die Futtertröge in der europäischen Viehzucht wurden aus der Ukraine beliefert.

Die ärmsten Länder profitierten in erster Linie nur mittelbar von den ukrainischen Lieferungen – durch niedrige Getreidepreise auf den Märkten. Lediglich 1,9 Millionen Tonnen Weizen und 26.000 Tonnen Sonnenblumenöl wurden nach Angaben der UN-Konferenz für Handel und Entwicklung (Unctad) direkt an sie geliefert.

Warum die Vermittlung der UNO scheiterte

Am Dienstag vergangener Woche hatte UN-Generalsekretär António Guterres einen Versuch unternommen, das Getreideabkommen zu retten. Voraussetzung für die Lösung wäre allerdings gewesen, dass die Europäische Union eine Tochtergesellschaft der Rosselkhozbank wieder an das Swift-Zahlungssystem anschließt, damit Getreide- und Düngemittellieferungen bezahlt werden können.

Die Europäische Union war dazu allerdings nicht bereit. In Brüssel schlug man dagegen vor, eine neue Bank zu gründen, um die Finanzgeschäfte abwickeln zu können. Im Kreml wurde dies als ein "bewusst nicht umsetzbarer Plan" eingestuft, berichtete dpa. Denn es dauere Monate, bis eine solche Bank an Swift angeschlossen sei.

Die Sanktionen gegen die russische Landwirtschaftsbank aufzuheben, wurde allerdings auch als undurchsetzbar angesehen. Denn dafür müssten alle EU-Staaten zustimmen, was an der Fraktion der Hardliner in Polen und den baltischen Staaten scheitern dürfte.

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