Saakaschwili gibt nicht auf
Ukraine schiebt den georgischen Ex-Präsidenten und Ex-Gouverneur von Odessa, der eine Protestbewegung gegen die Regierung anführt, nach Polen ab
"Bringt mich zurück in die Ukraine, ich will in der Ukraine verurteilt werden!", donnerte Mikhail Saakaschwili, ehemals Gouverneur von Odessa auf einer Pressekonferenz am Dienstag in Warschau. Der 50-Jährige wurde am Montag gewaltsam von Uniformierten in einem Kiewer Restaurant festgenommen und per Flugzeug nach Warschau abgeschoben.
Seit September machte der gebürtige Georgier in der Ukraine Stimmung gegen Staatspräsident Petro Poroschenko, von der Generalstaatsanwaltschaft in Kiew wurde ihm ein Staatsstreich vorgeworfen. Saakaschwili konterte in Warschau, würde er wirklich einen Staatsstreich geplant haben, so hätte er nicht abgeschoben werden dürfen. Der Georgier kündigte an, eine Protestbewegung gegen den ukrainischen Staatspräsidenten Petro Poroschenko in Europa zu starten und seine ukrainische Staatsbürgerschaft wieder zu erlangen. Er sei derjenige, den der Präsident am meisten fürchte, "da ich ein Mensch bin, den man nicht kaufen kann".
Es ist eine weitere Etappe im Ringen des selbsternannten ukrainisch-georgischen Volkstribuns mit seinem ehemaligen Freund und aktuellen Gegner Petro Poroschenko. Doch wer hat nun die besseren Karten?
Der ukrainische Staatspräsident holte den polyglotten Georgier 2015 als Gouverneur nach Odessa, um in dem korruptesten Gebiet des Landes Reformen einzuführen, für die Saakaschwili in seiner Zeit als georgischer Präsident bekannt wurde. Doch nach einem Jahr warf dieser hin und warf Poroschenko vor, mit anderen Oligarchen notwendige Reformen im Land zu blockieren - und sich von seinem Denken nicht von Putin zu unterscheiden.
Angst vor einer Protestbewegung
Poroschenko bürgerte den Rebellen, der eine eigene ukrainische Partei mit dem Namen "Bewegung Neue Kräfte" gegründete hatte, bei einem USA-Aufenthalt im Juli kurzerhand aus. Durch den Gouverneursposten hatte er zuvor die georgische verloren. Im September durchbrach der Kampagnenbegabte mit Hilfe seiner Anhänger an der polnisch-ukrainischen Grenze die Kette der ukrainischen Uniformierten einfach und zettelte bis zu seiner erfolgreichen Abschiebung mehrere Protestdemos in Kiew an.
Vermutlich hat er mit einer Demonstration Anfang Dezember bei der er die "Amtsenthebung" Poroschenkos forderte, eine rote Linie überschritten. Zumal nach eigenen Angaben 20.000 Menschen mitliefen. Danach wurde ihm von den ukrainischen Behörden ein Staatsstreich und Zusammenarbeit mit Putin vorgehalten (Ukrainische Regierung gegen Saakaschwili).
Mehrere Versuche, ihn zu verhaften, scheiterten an der Gegenwehr seiner Anhänger wie zuletzt am Freitag in einem Kiewer Hotel. Auch am Montagabend kam es aufgrund der Abschiebung zu Zusammenstößen mit der Polizei. Ukrainische Gerichte hatten ihm im Vorfeld einen Antrag auf Asyl oder seine Beschwerde gegen eine mögliche Abweisung zurück gewiesen.
Die ukrainischen Behörden begründeten die Ausweisung in das EU-Land Polen mit dem Hinweis, dass der 49-Jährige in den Niederlanden eine Staatsbürgerschaft beantragen könne. Einem Auslieferungsgesuch Georgiens, das Saakaschwili wegen Amtsmissbrauch und Unterschlagung anklagen will, traute man sich in Kiew doch nicht zu folgen - dies hätte Saakaschwili vermutlich mehrere Jahre Gefängnis eingebracht.
Die Frage bleibt, inwiefern Saakaschwili, der sich selbst weiterhin als ukrainischer Politiker sieht, von außerhalb des Landes agieren kann. Er selbst gibt sich davon überzeugt und kündigte Treffen mit dem Europäischen Parlament und anderen Institutionen der EU an, auch Begegnungen mit amerikanischen Politikern seien geplant und Angela Merkel wurde um Intervention gebeten.
Auch vor dem Europäischen Gerichtshof will Saakaschwili Klage gegen den Staatsbürgerentzug und die Ausweisung einreichen, was der Ukraine schaden könnte. Dort hat man immer noch vor ihm und seinen Anhängern Respekt - keine der staatlichen Institutionen wie die Generalstaatsanwaltschaft oder der Inlandsgeheimdienst SBU wollen die offizielle Verantwortung für die Abschiebung auf sich nehmen.
Sollte sich das alles hinziehen, droht dem temperamentvollen Selbstdarsteller mittelfristig die für ihn schlimmste Strafe - die sinkende Beachtung. Er wird sich sicher wieder etwas ausdenken.