Salafistischer Dschihadismus als Quellcode der Agenda des IS

US-Generäle im Ruhestand warnen die US-Politik davor, den militanten Islamismus nicht ernst genug zu nehmen

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Die pensionierten US-Generäle Michael Flynn und James Livingston warnen in einem zusammen mit dem privaten Sicherheitsberater Michael S. Smith II verfassten Brandbrief davor, die Gefahr des militanten Islamismus weiter zu unterschätzen. Die Politik der Unterstützung des "Arabischen Frühlings" war nach Ansicht der Ex-Militärs grundfalsch und hatte nicht nur mehrere zerfallene und zerfallende Staaten zur Folge, sondern beförderte auch den Aufstieg des "salafistischen Dschihadismus", den die Verfasser des Brandbriefs als "Quellcode" der Agenda der Terrorgruppe Link auf http://www.heise.de/tp/artikel/43/43729/s1.html ausgemacht haben.

Diese Gefahr, die von diesem salafistischen Dschihadismus ausgeht, habe die Obama-Administration grob unterschätzt, so die drei pensionierten Soldaten: 2011, kurz nach dem Tod von Osama bin Laden, behauptete sie in einem Strategiepapier zur Terrorabwehr, die Ideologie von al-Qaida habe an Bedeutung verloren. Bald darauf begann der rasante Aufstieg der al-Qaida-Tochter IS - und auch die Terrormutter selbst beherrscht heute ein größeres Gebiet im Jemen, den Obama vor kurzem noch als Vorbild in Sachen Terrorbekämpfung darstellte.

Aufgrund solcher Fehleinschätzungen befürchten die Generäle, dass Obamas Berater die Welt weiterhin nicht so betrachten, wie sie tatsächlich ist, sondern so, wie sie ihrer Ansicht nach sein sollte. Der Präsident solle deshalb weniger auf "Idealisten und Jasager" im Weißen Haus hören, sondern auf Vertreter arabischer Staaten, unter denen es mehrere gebe, die den IS und al-Qaida gerne besiegen würden.

Michael Flynn. Foto: Defense Intelligence Agency

Konkrete Beispiele dafür nennt der Brief nicht - möglicherweise bezieht er sich aber auf Gerüchte, nach denen der ägyptische Präsident al-Sisi anbot, den Ostteil Libyens vom IS zu säubern. Die US-Regierung soll ihm jedoch ein direktes militärisches Eingreifen verboten und ihn stattdessen dazu gedrängt haben, dass er die Truppe des von den Amerikanern favorisierten libyschen Generals Chalifa Haftar unterstützt.

Al-Sisi zieht angeblich trotz dieses Verbots Truppen an der Grenze zu Libyen zusammen - ob sie nur das Eindringen von Terroristen verhindern, oder eine Invasion vorbereiten sollen, ist unklar. Es wird aber bereits darüber spekuliert, wie solch eine Invasion beginnen könnte: Mit einem von Fallschirmspringern unterstützten Angriff von See aus auf die libysche IS-Provinzhauptstadt Darna. Ob Ägypten die Beute aus so einem Feldzug ohne weiteres wieder hergeben würde, ist fraglich: Bei einem Anschluss könnten die reichen libyschen Ölvorräte nicht nur sechs, sondern 93 Millionen Menschen zugute kommen und die wirtschaftlichen Probleme des Nillandes entscheidend lindern.

Allerdings ist offen, ob die ägyptische Armee mit den den Dschihadisten in Libyen überhaupt fertig werden würde: Im Sinai hat sie das bislang nicht geschafft.

James Livingston. Foto: United States Marine Corps

Livingston und Smith sind Gründer der privaten Sicherheitsberaterfirma Kronos, die einen eher zweifelhaften Ruf genießt, seit sie den Kongress 2011 von Verbindungen zwischen dem Iran und al-Qaida überzeugen wollte. Smith plädierte damals auch für einen Regimewechsel in Syrien, um den Iran geopolitisch zu schwächen. Seine im Jahr darauf getätigten Voraussagen zu Libyen erwiesen sich dagegen als zutreffend.

Aktuelle militärische Ereignisse in Syrien, im Irak und in Nigeria scheinen auch seine aktuellen Befürchtungen zu bestätigen: In Syrien eroberte die al-Nusra-Front nach der Stadt Dschisr al-Schughur (mit der sie eine wichtige Verbindung zwischen Damaskus und der Alawitenprovinz Latakia kontrolliert) gestern auch den Armeestützpunkt al-Karmid und erbeutete dabei schwere Artillerie und Panzer.

Im Irak weht die schwarze IS-Fahne jetzt über dem nördlich von Bagdad gelegenen al-Tharthar-Staudamm, den die Terrorgruppe nun sprengen könnte, wenn sie militärischen Bedarf danach sieht. Im Hauptstadtviertel Bab al-Scheich, in der Vorstadt Bajaa und im etwa 35 Kilometer von Bagdad entfernten Mahmudija starben bei Sprengstoffanschlägen am Wochenende mindestens 20 Menschen - Dutzende weitere wurden teilweise schwer verletzt. An der Grenze zu Jordanien verübten am Samstag ein Belgier, ein Franzose und ein Senegalese Selbstmordanschläge im Auftrag des IS. Danach sperrte das Königreich den Grenzübergang Trebil für Lieferwagen und Taxis.

Boko-Haram-Terroristen, die sich im März dem IS anschlossen, griffen zur gleichen Zeit auf der Tschadseeinsel Karamga mit Motorbooten eine Einheit aus dem Niger an, die dabei schwere Verluste erlitt.

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