Sánchez fällt durch: Chancen für Neuwahlen in Spanien steigen
- Sánchez fällt durch: Chancen für Neuwahlen in Spanien steigen
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Der spanische Sozialdemokrat konnte nur einen Abgeordneten zusätzlich für sich gewinnen; Podemos enthielt sich nur zähneknirschend
Es war abzusehen, dass der spanische Sozialdemokrat Pedro Sánchez im ersten Wahlgang durchfallen würde, da er keine absolute Stimmmehrheit im Parlament hat. Dass er sich aber eine derartige blutige Nase holen würde und nur 124 Parlamentarier hinter sich bringen konnte, erstaunte dann doch etwas.
Nur ein Parlamentarier einer Regionalpartei hat mit den 123 Abgeordneten der Sozialdemokraten (PSOE) gestimmt. Das ist der Unfähigkeit von Sánchez und seiner Partei zuzuschreiben, mit möglichen Unterstützern zu verhandeln.
170 Parlamentarier stimmten gegen ihn und nur zähneknirschend hat sich die Linksformation Unidas Podemos (UP) letztlich enthalten, um ein positives Signal für weitere Verhandlungen zu zeigen. Die Sozialdemokraten (PSOE) verhandeln seit Wochenende über eine mögliche Koalition mit der UP. Irene Montero aber, Freundin von Podemos-Chef Pablo Iglesias, stimmte als einzige mit Nein.
Die Podemos-Sprecherin im Parlament wird sogar als Vizepräsidentin einer Regierung gehandelt. Wegen ihrer Schwangerschaft hatte sie telematisch schon früher gewählt und darüber wurde deutlich, dass Podemos eigentlich geschlossen "Nein" stimmen wollte. Erst im letzten Moment vor der Abstimmung entschied man sich für die Enthaltung als Geste des guten Willens.
Vier Katalanen, die in einem höchst undemokratischen Akt aus dem Parlament ausgeschlossen wurden, weil sie im Gefängnis sitzen, durften ohnehin nicht abstimmen. Deshalb hat es Sánchez im zweiten Wahlgang sogar etwas einfacher, da er dann nur mehr Ja-Stimmen als Nein-Stimmen braucht. Die Nein-Stimmen der politischen Gefangenen fallen unter den Tisch. Doch sogar die UN fordert ihre Freilassung, da die vier ehemaligen Minister der katalanischen Regierung willkürlich inhaftiert wurden.
Der Sozialdemokrat Sánchez steht nun bis zur 2. Abstimmung am Donnerstag vor der Aufgabe, neben UP auch fast alle anderen Parlamentarier von seinem vagen Projekt zu überzeugen, die sich im ersten Wahlgang heute enthalten haben. Es erscheint aber fast unmöglich, dass er sich nicht erneut eine schmerzliche Niederlage holt wie schon 2016.
Nötig ist ein Dialog
Bisher hat sich bestätigt, was der baskische Parlamentarier Jon Inarritu im Telepolis-Gespräch ("Das absolute gegenseitige Misstrauen") erklärt hatte. Der zeigte sich angesichts der PSOE-Dialogverweigerung sehr skeptisch, ob diese Woche eine Regierung in Spanien zustande kommt. Alles scheint derzeit auf die vierten Wahlen in nur vier Jahren in Spanien zuzustreben, das ganz offensichtlich immer instabiler wird.
Allein die Angst, dass Neuwahlen wie in etlichen Regionen eine Rechtsregierung mit Unterstützung der rechtsextremen VOX zum Ergebnis haben könnte, ist noch der Grund, warum sich einige Parteien weiter gegenüber Sánchez offen zeigen und ihm nicht klar die Ablehnung ankündigen.
Zuletzt hatte Sánchez doch noch eingelenkt und mit UP über eine Koalition verhandelt. So schien es am Wochenende, als könnte erstmals seit dem Ende der Franco-Diktatur eine Koalitionsregierung entstehen. Zuvor hatten die Sozialdemokraten fast drei Monate ungenutzt verstreichen lassen und praktisch mit niemandem verhandelt.
Gegenüber der linken UP hatte Sánchez sogar Veto um Veto eingelegt, bis es schließlich am Wochenende doch noch zu eiligen Gesprächen kam. Zuvor musste Podemos ihm einige Warnschüsse vor den Bug setzen und Iglesias von seinem Ansinnen Abstand nehmen, Mitglied der Regierung zu werden. Das zerstörte Vertrauensverhältnis wurde darüber aber nur noch weiter verschlechtert.
Inhaltlich hatte Sánchez in seiner Bewerbungsrede am Montag nur einige vagen Gesten für UP übrig. Man müsse "ein Abkommen" auf Basis dessen erreichen, "was uns vereint" und das sei das "linke Versprechen". Schon bevor Sánchez am Montagmittag mit seiner Rede begann, war aus Verhandlungskreisen zu vernehmen, dass die Positionen sehr weit auseinander liegen.
Die geschäftsführende Vize-Ministerpräsidentin Carmen Calvo traf mit dem Podemos-Verhandlungsführer Pablo Echenique zusammen, während Sánchez seine Rede hielt. Auffällig war, dass Sánchez von den UP-Bänken keinerlei Applaus erhielt, auch wenn er viele schöne Worte von einem "progressiven, pro-europäischen, ökologischen und feministischen" Spanien verlor.
Ernste Miene beim Podemos-Chef
Mit besonders ernster Miene verfolgte der Podemos-Chef Iglesias die Rede. Klar ist, dass er unter keinen Umständen in eine Regierung eintreten kann, da Sánchez sich mit einem Veto gegen ihn durchgesetzt hat, da er keine "Wächter" in der Regierung haben wolle. Auch das befördert Verhandlungen nicht gerade.
Die PSOE habe außer schönen Tönen in den Gesprächen über das Wochenende keinen Schritt vorwärts gemacht und nur "symbolische Verantwortungen" angeboten, kritisierte die UP. Die Formation will aber die Ministerämter entsprechend des politischen Gewichts beider Parteien verteilen. Doch man habe in den Verhandlungen stets nur Absagen erhalten, machte Iglesias den Sozialisten zum Vorwurf.
So warfen sich beide Parteiführer harte Worte an den Kopf. Man hatte in diesen Tagen nicht den Eindruck, dass hier zwei Partner streiten, die demnächst eine gemeinsame Regierung bilden. Auch die Zeitung eldiario.es, die beiden Parteien mit Sympathien begegnet, sprach von einer "harten Auseinandersetzung", nachdem Iglesias auf die Sánchez-Rede geantwortet hatte.
Sánchez hatte zuvor große Töne anklingen lassen. Mit Blick auf den Übergang von der Diktatur zur Demokratie schlug er eine "große zweite Transformation" vor. Und er sprach davon, wegen der ausufernden befristeten Beschäftigung, müssten nun "Festverträge" zum Normalzustand werden und es solle "qualitativ hochwertige Beschäftigung" geschaffen werden. Natürlich will er auch die Renten sichern oder gegen den Klimawandel vorgehen und auch Diktator Franco soll - erneut - aus seinem Mausoleum exhumiert werden.
Doch stets ist das "Wie" das Problem. Die umgehende Franco-Exhumierung hatte er schon vor einem Jahr angekündigt, als er über ein konstruktives Misstrauensantrag an die Macht kam. Umsetzen konnte er das bisher nicht. Dass das "Tal der Gefallenen" vom Pilgerort für Ewiggestrige zu einem Gedenkort für die Opfer des Franquismus werden sollte, hat Sánchez sogar schon wieder beerdigt. Erneut versprach der Sozialdemokrat auch, das "Maulkorbgesetz" zu streichen. Doch viele fragen sich, warum das alles nicht längst geschehen ist.
Eigentlich sollte auch die aggressive Arbeitsmarktreform der konservativen Vorgänger längst gestrichen sein, die für die prekären Bedingungen auf dem Arbeitsmarkt verantwortlich ist. Aber auch das ist kein Ziel der Sozialdemokraten (PSOE) mehr, die nun nur noch die "schädlichsten Teile" streichen wollen. So ist es kein Wunder, dass Alberto Garzón, Partner von Iglesias und Chef der Vereinten Linken (IU), erklärt, Sánchez sei "bewusst vage" geblieben.