Saudi-Arabien denkt über Aufrüstung mit Atomwaffen nach

Nicht nur die mit der amerikanischen Besetzung des Irak einhergehende Instabilität der Region führt bei arabischen Staaten zum Wunsch nach der Bombe, sondern vor allem die heimliche Atommacht Israel

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Das Veto, das die US-Regierung im UN-Sicherheitsrat gegen eine Resolution eingelegt hat, mit der Israel davor gewarnt worden wäre, Arafat auszuweisen, hat sicherlich noch einmal die Stimmung im Nahen Osten aufgeheizt und auch die UN im Ansehen beschädigt. Anstatt, wie angeblich beabsichtigt, den Nahen Osten durch einen "Regime-Wechsel" im Irak und eine palästinensisch-israelische Friedenslösung zu befrieden, hat die US-Regierung die Region eher noch instabiler gemacht. Das einseitige Eintreten für das mit Atomwaffen aufgerüstete Israel, die Absicht, selbst Atomwaffen einzusetzen und neue taktische Atomwaffen zu entwickeln, sowie die Drohungen an Iran und neuerdings an Syrien dürften dazu führen, dass mehr und mehr Staaten überlegen werden, ob sie zur Abschreckung Atomwaffen erwerben oder herstellen.

Ein seit Jahrzehnten im Nahen Osten schwelender Konflikt hat mit der heimlichen israelischen Aufrüstung mit Atomwaffen zu tun. Es ist ein bekanntes Geheimnis, das Israel auch zur Abschreckung dient (Israels Atompolitik). Man geht davon aus, dass das Land zwischen 100 und 400 Atomsprengköpfe bezieht, was Israel zur größten Atommacht nach den "offiziellen" Atommächten machen würde.

Dass die US-Regierung zwar die Verhinderung der Verbreitung von Massenvernichtungswaffen zum Hauptthema im Krieg gegen den Terrorismus gemacht hat und auch den Waffenhandel mit Alliierten durch militärische Kontrollen auf den Meeren verhindern will, aber in der explosiven Nahost-Region das Thema israelische Atomwaffen wie eh und je ausspart, weckt und weckte die Ambitionen der Nachbarstaaten, sich auch mit Atomwaffen auszurüsten. Als Israel 1981 den irakischen Atomreaktor Osirak mit Bomben von Kampflugzeugen zerstörte, war auch klar geworden, dass es das Monopol auf Atomwaffen in der Region mit allen Mitteln aufrechterhalten will.

Dauerthema: Der Nahe Osten als atomwaffenfreie Region

Nach dem Irakkrieg wurde erneut von arabischen Ländern im Juli in dem Resolutionsentwurf A/58/137 vorgeschlagen, die Region zu einer atomwaffenfreien Zone zu machen, nachdem eine entsprechende Resolution 56/27 im November 2001 und dann im November 2002 (57/55) von der UN-Vollversammlung angenommen wurde. Mit dem wachsendem Druck auf den Iran, sein Atomprogramm offen zu legen und zu beweisen, dass es nicht heimlich Atomwaffen entwickeln will, setzt sich nun die Arabische Liga erneut für diesen Vorschlag ein und hat einen diesbezüglichen Resolutionsentwurf bei der UN-Atomaufsichtsbehörde IAEA eingebracht. Vor allem auf der Druck der USA hat die IAEA am 12. September in einer Resolution entschieden, dem Iran noch eine Frist bis 31. Oktober zu gewähren, um Beweise vorzulegen, dass es kein verstecktes Atomwaffenprogramm hat. Im Gegensatz zu Israel hat der Iran den Atomwaffensperrvertrag unterzeichnet und sich damit verpflichtet, Kontrollen zuzulassen.

Der Resolutionsentwurf würde verlangen, dass auch Israel den Atomwaffensperrvertrag unterzeichnen und sein Atomprogramm von UN-Inspektoren kontrollieren lassen solle. Salim Riyami, der Vertreter Omans bei der IAEA und Sprecher der Arabischen Liga, sagte, es sei unfair, wenn man so scharf gegen den Iran vorgehe, aber die existierenden Atomwaffen Israels ignoriere: "In der arabischen Region glauben die Menschen, dass es einen doppelten Maßstab für Länder und dafür gibt, wie damit (mit deren Atomprogrammen) umgegangen wird." Am Mittwoch hat Ägypten zudem erneut einen Resolutionsentwurf eingebracht, der eine atomwaffenfreie Zone im Nahen Osten fordert. Seit 1987 hat es schon 13 derartige Resolution der UN und der IAEA gegeben, die aber folgenlos blieben.

Gideon Frank, der Leiter der israelischen Atomaufsichtsbehörde, erklärte, Israel könne der Errichtung einer atomwaffenfreien Zone möglicherweise im Rahmen einer Friedenslösung für den Nahen Osten zustimmen. Man dürfe Israel aber nicht wegen der Nichtunterzeichnung des Atomwaffensperrvertrags verurteilen, da es "niemals einen seiner Nachbarn bedroht, noch in Verletzung seiner internationalen Verpflichtungen gehandelt" habe.

Saudi-Arabien und die Bombe

Wie der Guardian berichtet, wird in Saudi-Arabien derzeit auch über die Notwendigkeit diskutiert, Atomwaffen zu erwerben. In einem Strategiepapier seien drei mögliche Optionen vorgelegt worden. Saudi-Arabien können entweder Atomwaffen zur Abschreckung erwerben, in eine Allianz mit einem Staat eintreten, das Atomwaffen besitzt und Schutz anbietet (Pakistan?), oder ein Abkommen fördern, das die Region atomwaffenfrei machen würde. Ob über eine der Optionen bereits entschieden wurde, sei unbekannt.

Das Dokument zeigt jedoch, dass Saudi-Arabien noch weiter auf Distanz zu den USA gehen will, aber auch Sorgen wegen der instabilen Lage in der Region hat, was vor allem die Ambitionen Irans und die Atommacht Israel betrifft. "Es gibt offenbar eine Menge Unruhe im Nahen Osten", zitiert der Guardian einen UN-Mitarbeiter. "Die regionale Unsicherheit führt dazu, nach einem Atomwaffenschutz zu suchen. Die Saudis haben das Geld und könnten dies von Pakistan erhalten."