Schärfere Unschärfe

Die erste Demonstration verschränkter Laserstrahlen deutlich unter der Quantenrauschgrenze. Mit Hilfe eines grünen Lasers wird infrarotes Licht mit geringem Rauschanteil erzeugt (rot gepunktete Linie), das von Strahlsplittern geteilt wird, um die Strahlen miteinander zu verschränken. Ort und Richtung der Laserstrahlen werden mit speziellen Detektoren ermittelt (durchgehende rote Linien). Bild: Science

Die Heisenbergsche Unschärferelation verbietet, zwei komplementäre Eigenschaften eines quantenmechanischen Objekts gleichzeitig zu messen. Dagegen kommt man nur mit Quantentricks an - eine Tatsache, die selbst Einstein verblüfft hat

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In der Quantenwelt gelten eine Menge merkwürdiger Gesetze, die dem gesunden Menschenverstand nicht zugänglich sind. Gelänge es einem Autofahrer, sich selbst als quantenmechanisches Teilchen zu definieren (und auch die Polizei davon zu überzeugen), könnte er mit Sicherheit jeder Verurteilung wegen Geschwindigkeitsüberschreitung entgehen. Denn selbst der beste Blitzer könnte immer nur Impuls oder Ort des gemessenen Objekts mit Sicherheit feststellen. Die Behauptung, 20 km/h zu schnell gewesen zu sein, könnte ein quantenmechanischer Autofahrer also gut mit der unwiderlegbaren Gegenbehauptung kontern, an einer ganz anderen Stelle ohne Geschwindigkeitsbegrenzung derart auf das Gaspedal getreten zu haben.

Hoffen muss er dabei allerdings darauf, dass die Kontrolleure in Uniform nicht zu quantenmechanischen Tricks greifen. Gelänge es ihnen, ihr Zielobjekt mit einem anderen Fahrzeug zu verschränken (ein Polizeiauto böte sich an), dann gilt die Unschärferelation scheinbar plötzlich nicht mehr: Der Blitzer dürfte dann die Geschwindigkeit messen, den Ort hingegen kann die Polizei indirekt über den Ort des eigenen Wagens bestimmen. Dazu müssen die Freunde in Grün ihr Auto nicht einmal bewegen. Dieser so genannte Einstein-Podolski-Rosen-Effekt, auch EPR-Paradoxon genannt, lässt sich mit der Unschärferelation zum Beispiel so in Übereinstimmung bringen, dass die indirekte Messung via Fahrzeug 2 eben keine Messung an Fahrzeug 1 darstellt - auch wenn sie Informationen über Fahrzeug 1 erbringt.

Ein australisches Forscherteam beschreibt nun im Wissenschaftsmagazin Science, wie es genau diesen von der Form her uralten, aber von der Ausführung her schwierigen Trick auf die genaue Orts- und Richtungsbestimmung von Laserstrahlen angewendet hat. Kohärentes Licht, also Laserlicht, ist ein typischer Abkömmling der Quantenwelt, der im menschlichen Alltag mittlerweile eine wichtige Rolle spielt - gemeint sind hier nicht die Laserpointer der Powerpoint-Akrobaten, sondern die Laserquellen, die DVDs auslesen oder in der Lithographie von Chips zum Einsatz kommen. Es ist also nicht ganz unwichtig, hier genauere Positionsbestimmungen zu erreichen.

Den Forschern gelang es, wie sie in ihrem Science-Artikel beschreiben, zwei Laserstrahlen derart zu verschränken, dass sie sich über eine gemeinsame Wellenfunktion beschreiben lassen. Die Anordnung erfüllte beide Bedingungen, die die Physik an ein verschränktes System stellt: die es beschreibenden Wellenfunktionen dürfen nicht voneinander trennbar sein - und es muss zum oben beschriebenen EPR-Paradoxon kommen. Die Verschränkung der Laserstrahlen gelang im Experiment nicht perfekt - aber auch so konnten die Wissenschaftler Richtung und Position mit vorher unerreichter Präzision feststellen.

Das Forscherteam Jiri Janousek, Hongxin Zou and Katherine Wagner vom ACQAO Centre in Canberra (Australien), von einem zufällig vorbeigekommenen Fotografen in einer Verschränkung von Zufällen gemeinsam hinter der Versuchsanordnung angetroffen, intensiv damit beschäftigt, „sich auf die Aufrechterhaltung der zur Demonstration des Quanteneffekts nötigen perfekten Bedingungen zu konzentrieren“. Zitat und Bild: Science