Scharfschützenmorde in Kiew
Seite 2: Todesschützen vom Maidan zwingen Berkut zum Rückzug
- Scharfschützenmorde in Kiew
- Todesschützen vom Maidan zwingen Berkut zum Rückzug
- Von einem Dutzend Häuser feuerten die Todesschützen
- Die Fäden laufen beim Rechten Sektor zusammen
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In Deutschland so gut wie unbekannt: Der 20. Februar im Kiewer Stadtzentrum begann mit einem panikartigen Rückzug der Sonderpolizei Berkut, die zwei Tage zuvor noch große Teile der besetzten Innenstadt zurückerobert hatte. Die Spezialeinheit räumte das Feld, weil sie in den frühen Morgenstunden bereits 21 verletzte und drei tote Beamte durch Schusswunden zu beklagen hatte, rekonstruiert Katchanovski.4
Die Schüsse auf Berkut kamen aus dem Musik-Konservatorium, dem Hauptpostamt und weiteren Maidangebäuden, bestätigten unabhängig voneinander Videos, Augenzeugen und der Funkverkehr der Sicherheitskräfte. All diese Gebäude waren in Hand der Oppositionskräfte, schreibt der Universitätslehrer in seiner Analyse.5 Schon in den beiden Tagen zuvor soll von dort auf Polizisten geschossen worden sein.6
Gegen 9 Uhr leiteten die Berkut-Kommandeure den Rückzug ein. Bei einem kurzen Gegenangriffi bewaffneter Spezialeinheiten am Oktoberpalast (neben dem Hotel Ukraina), um eingeschlossene Polizisten aus dem Gebäude zu befreien, wurden auch Beamte dieser Spezialeinheiten beschossen. Insgesamt starben vom 18. bis zum 20. Februar 17 Polizisten in Kiew durch Schüsse, 196 weitere wurden durch Kugeln verwundet.
Schüsse vom Maidan auf Journalistenzimmer
Die Maidanschützen nahmen laut Katchanovski morgens und vormittags auch Journalisten im Hotel Ukraina ins Visier. Neben den BBC-Korrespondenten Gatehouse und Garland, die vom Hotel aus beschossen wurden, gerieten Reporter von Associated Press (USA), ABC-News (USA), TVP (Polen), Russia Today und der Australian Broadcasting Corporation in ihren Zimmern unter Feuer. Auch ein Hotelzimmer von ARD-Mitarbeitern wurde beschossen. Herkunftsort der Schüsse seien vom Maidan kontrollierte Gebäude gewesen - den Schussbahnen nach, erneut vor allem das Konservatorium und das Postamt, in dem der Rechte Sektor sein Hauptquartier aufgeschlagen hatte.
In westlichen Medien wurde der Beschuss der eigenen Journalisten zwar kurz registriert, rief jedoch keine nachhaltigen Fragen etwa nach Zweck und Schussrichtung hervor.7
Massenmord auf der Institutska
Das Hotel Ukraina war ab etwa 9 Uhr unter Kontrolle des Maidan, schreibt Ivan Katchanovski.8 Die Sonderpolizei Berkut und die Spezialeinheiten hatten sich (nach ihrem Gegenangriff) die Institutska-Straße aufwärts in Richtung der Präsidialadministration zurückgezogen. Die Maidan-Kämpfer rückten unmittelbar nach und wurden nun selbst zu Dutzenden Opfer von Scharfschützen ("Sniper").9
Fast zwei Stunden dauerte der Massenmord. Mehr als 30 Maidan-Kämpfer wurden an diesem Tag auf der Institutska erschossen. 49 Maidanaktivisten starben am 20. Februar insgesamt durch Schusswaffen. Das Blutbad hatten ukrainische Medien und die damalige Opposition sofort als Beweise für die Ruchlosigkeit Viktor Janukowitschs präsentiert. Und tatsächlich hatten Spezialeinheiten beim Rückzug und von einer Barrikade aus mit Kalaschnikows geschossen, was Videos und Einschusslöcher in Bäumen und Laternenmasten beweisen.
Aus "unerwarteten Richtungen" erschossen
Die meisten der auf der Institutska vorrückenden Maidankämpfer seien jedoch aus "unerwarteten Richtungen" erschossen worden, schreibt Katchanovski in seiner Analyse. Bereits ein Beitrag des ARD-Magazins Monitor vom April legte starke Indizien für einen Beschuss aus dem Hotel Ukraina im Rücken (also westlich) der Maidankämpfer vor. Katchanovskis Material bestätigt diesen Verdacht.
Zudem hat er jedoch Belege für zahlreiche weitere Todesschüsse aus nördlicher und südlicher Richtung entdeckt - alle aus Gebäuden, die seinen Recherchen nach von Maidankräften kontrolliert wurden. Die Scharfschützen von Polizei, Innenministerium und Inlandsgeheimdienst saßen hingegen auf den Regierungsgebäuden10 in östlicher und südöstlicher Richtung von der Todeszone auf der Institutska.