"Scharia ist die schlimmste Form des Rassismus und der Geschlechterungerechtigkeit"

Seite 3: "Politikern und deutschen Richtern, die mit der Scharia flirten, ist die westliche Zivilisation anscheinend zu langweilig geworden"

Der folgende Beitrag ist vor 2021 erschienen. Unsere Redaktion hat seither ein neues Leitbild und redaktionelle Standards. Weitere Informationen finden Sie hier.

Deutsche Politiker können sich durchaus vorstellen, Scharia-Gerichte in Deutschland einzuführen. In England ist dies bereits geschehen. Was haben Sie daran auszusetzen? Ist der Versuch, die durch kein staatliches Recht gedeckten Ämter, welche von privaten Scharia-Richter in den hiesigen Gemeinschaften ausgeübt werden, unter staatliche Kontrolle zu bringen nicht legitim - und werden von deutschen Richtern nicht schon längst Urteile nach Scharia-Ausrichtung gesprochen?

Sabatina James: Das klingt nach einer Lust zum Einknicken vor dem Islam. Scharia-Gerichte wie in England laden zum Missbrauch von Frauen ein. Haitham al-Haddad, einer der britischen Scharia-Richter, der unter anderem auch der Berater der "Islamic Sharia Council" ist, äußerte öffentlich in einem Interview, dass ein Mann niemals gefragt werden sollte, warum er seine Frau schlägt. Muslimische Frauen aus England, denen Gewalt angetan wurde, haben sich bereits beklagt, dass sie sich von Großbritannien verraten fühlen. Sie kamen hierher, um von der Gewalt zu flüchten - und nun es ist noch schlimmer als in ihrem Herkunftsland.

Wollen wir in einer Kultur leben, in der Frauen so behandelt werden? Wollen wir wirklich, dass unsere Länder so unfrei werden wie die islamischen Staaten? Ist es nicht selbstverständlich, dass Menschen, die in unser Land kommen, sich an die hiesigen Gesetze halten?

Falls es Migranten gibt, die unseren Rechtsstaat ablehnen, dürfen wir ihnen nicht zustimmen, indem wir Scharia-Gerichte einführen. Vielmehr müssen wir unsere Freiheit verteidigen, damit sie weiterhin bestehen kann. Politikern und deutschen Richtern, die mit der Scharia flirten, ist die westliche Zivilisation anscheinend zu langweilig geworden. Vielleicht sollten sie mal einige Jahre in der Scharia-Zone des pakistanischen Swat-Tals verbringen, um die Freiheit wieder zu schätzen.

"Bankrotterklärung der europäischen Kirche"

Salafismus und IS sind unter einigen muslimischen Jugendlichen zu einer Art Pop-Phänomen geworden. Können Sie sich das erklären?

Sabatina James: Salafismus ist nicht nur unter muslimischen Jugendlichen ein Trend, sondern auch für Deutsche, die zum Islam konvertieren. In unserer säkularisierten Gesellschaft sind wir materiell reich, aber seelisch arm. Unsere Konsumgesellschaft füttert den Bauch, aber lässt die Seele verhungern. In diesem spirituellen Vakuum hat der radikale Islam besonders große Chancen.

Gerade Jugendliche suchen oft nach Sinn und Orientierung. Viele wollen in unserer stark individualisierten Gesellschaft, in der Familien instabil sind, nach einer neuen Familie suchen. Einer Art Bruderschaft. So begeben sich auf einer Suche nach Gott und Gemeinschaft. Und mal ehrlich: Es ist heutzutage leichter, einen Salafisten auf Deutschlands Strassen zu finden, der einem den Koran erklärt, als einen Christen, dem der Glaube an Jesus heilig ist.

Ich habe Aussteiger aus dem Dschihad kennen gelernt. Als ich sie gefragt habe, warum sie den Weg zum radikalen Islam gewählt haben, gaben mir fast alle dieselbe Antwort - "Ich wollte an Gott glauben und die Extremisten waren die einzigen, die mir sagen konnten, wer Gott ist." Das klingt nach einer Bankrotterklärung für die europäische Kirche. Aber es ist die Realität. Wir in Europa wissen nicht mehr was unsere Identität ist, was wir glauben und wofür wir stehen.

Sehen Sie in der deutschen Salafisten-Szene eine echte Bedrohung der Sicherheit?

Sabatina James: Der Salafismus ist deswegen gefährlicher als andere Strömungen des Islam, weil er Zustände wie zu den Zeiten Mohammeds anstrebt und das geistige Rüstzeug für Dschihadisten in Europa bietet. Eine Ideologie, die Gewalt an Frauen und Andersdenkenden rechtfertigt, ist natürlich eine Bedrohung für unsere Sicherheit. Wenn wir den Islamismus bekämpfen wollen, müssen wir unsere Sicherheitsbehörden darin schulen, was die Islamisten ideologisch motiviert. Nur wer die Radikalen ideologisch versteht, kann uns auch vor ihnen schützen.

Wie finanziert sich diese Szene?

Sabatina James: Ich denke, der puritanische Islam bekommt Unterstützung durch Saudi Arabien, beziehungsweise Katar.

"Wir suchen nach Lösungen, ohne das Problem zu verstehen"

Welchen Anteil hat der Westen am Aufkommen islamistischer Organisationen wie dem IS?

Sabatina James: Auf diese schwierige Frage gibt es keine einfache Antwort. Ich bin keine Spezialisten für Außenpolitik und es gibt Menschen, die hier einen besseren Einblick haben. Dennoch habe ich eine Meinung dazu: Ich glaube, dass Europa und die USA mit den Dschihadisten zu naiv umgegangen sind. Wir haben die Rebellen in Syrien unterstützt und sie als Freiheitskämpfer gefeiert. Dieselbe Bande nennt sich heute IS und richtet ein Blutbad an. Diese Verbrecher köpfen, vergewaltigen und kreuzigen Menschen - und für ihre Opfer ist keine Hilfe in Sicht. Wir hier im Westen sind derweil mit Gedanken über das Wetter beschäftigt oder freuen uns auf die nächste Fernsehserie.

Unsere Politiker sehen im Islamischen Staat wiederum nichts anderes als eine kleine Gruppierung von Psychopathen, die angeblich keine religiöse Natur hat. Allen voran Barack Hussein Obama, der den IS sogar als "unislamisch" bezeichnete. Durch solche Aussagen werden wir in die Irre geführt. Wir suchen nach Lösungen, ohne das Problem zu verstehen. Denn in Wirklichkeit sind die Gräueltaten des IS konsequent umgesetzte islamische Theologie nach den Lehren Mohammeds. Der IS will unsere heutige Welt in das Zeitalter Mohammeds zurückversetzen. Wer das verschleiert, hilft den Terroristen.

"Mir fehlt der Aufstand der moderaten Muslime"

Wie haben sich die islamischen Institutionen in Deutschland von Hebdo-Morden und den Taten des IS distanziert?

Sabatina James: Was mir bei den islamischen Institutionen in Deutschland auffällt ist, dass sie sehr gerne Islamophobie beklagen aber gleichzeitig keine Verantwortung für die Muslime übernehmen, die Gewalt gegen Andersgläubige ausüben. Mir fehlt der Aufstand der moderaten Muslime gegen die Mörder von Charlie Hebdo und des IS. Die Stimme der Moderaten ist im Vergleich zu den Terroristen sehr leise. Warum fühlen sich moderate Muslime beleidigt, wenn Karikaturen Mohammeds gezeigt werden, aber nicht, wenn im Namen Mohammeds getötet und versklavt wird? Da hilft auch das "Das hat nicht mit dem Islam zu tun"-Gerede in deutschen Talkshows nicht.

In den Moscheen sollten sie das verkünden und ihre Glaubensbrüder davon überzeugen. Es ist es an der Zeit, dass innerhalb der etablierten islamischen Theologie eine historisch kritische Betrachtung des Islam stattfindet.

Sie kritisieren in Ihrem Buch den Bau von Moscheen in Deutschland. Begeben sie sich hiermit nicht in ein rechtes Fahrwasser? Was ist Ihre Haltung zu den rechten Islamhassern, zu Geert Wilders, zu Pegida, zur FPÖ et cetera?

Sabatina James: Wer aus Gründen der political correctness Menschenrechtverletzungen in der islamischen Kultur verschweigt, übergibt das Thema den Rechten. Ich kritisiere den ursprünglichen Islam, weil ich der Meinung bin, dass er mit seinem Rechtssystem, der Scharia, die schlimmste Form des Rassismus darstellt. Mein Großvater war ein Imam. Ich habe in einer Moschee den Koran lesen gelernt. Und dann gesehen, wie durch denselben Koran Gewalt an Frauen gerechtfertigt wird. Wäre die Moschee nur ein Haus zur rituellen Religionsausübung, hätte ich kein Problem. Aber sie ist leider viel zu oft die Quelle zur Radikalisierung vieler Muslime.

In meiner Heimat Pakistans musste ich erleben, wie Frauen brutal missbraucht, ermordet und wegen Ehebruch in Gefängnisse gesperrt werden. Scharia ist die schlimmste Form der Geschlechterungerechtigkeit. Mich verfolgt täglich der Hilfeschrei von Menschen, die unter diesen Gesetzen leiden. Wissen Sie was es bedeutet, wenn man seine Heimat und Familie verliert, nur weil man den Islam verlassen hat? Können Sie sich vorstellen, wie es sich anfühlt, wenn man nicht selber entscheiden darf, wen man liebt? Haben Sie jemals den Schmerz gespürt, den man im Herzen trägt, weil man von der eigenen Familie und Gesellschaft verfolgt wird, nur weil man anders denkt wie sie? Ich habe es erfahren und so wie mir geht es Tausenden. Für sie spreche ich. Die Liebe zu ihnen treibt mich an. Und es ist mir herzlich egal, wer sich dadurch beleidigt oder bestätigt fühlt.

Empfohlener redaktioneller Inhalt

Mit Ihrer Zustimmmung wird hier eine externe Buchempfehlung (Amazon Affiliates) geladen.

Ich bin damit einverstanden, dass mir externe Inhalte angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen (Amazon Affiliates) übermittelt werden. Mehr dazu in unserer Datenschutzerklärung.