Schlechte Aussichten fürs Kino

Diesmal haben aber nicht die Internet-Piraten Schuld

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Trotz weitgehend gleich gebliebener Eintrittspreise gehen in Deutschland immer weniger Leute ins Kino. Nach Angaben der Filmförderungsanstalt (FFA) kauften in den ersten sechs Monaten dieses Jahres nur 60,3 Millionen Menschen eine Eintrittskarte, im Vorjahreszeitraum lag diese Zahl noch bei 72,3 Millionen. Und auch der Umsatz von 352,5 Millionen Euro ist um 67 Millionen niedriger als im Vorjahr. Nach Meinung des FFA-Vorstands Peter Dinges ist für diesen Rückgang unter anderem Hollywood verantwortlich, das derzeit am europäischen Publikumsgeschmack vorbei produziere.

"Ohne US-Blockbuster geht es nicht in Deutschland," sagte er. Und im ersten Halbjahr habe es keine Blockbuster gegeben, die Millionen von Zuschauern angelockt hätten.Die Lage sieht für deutsche Kinobesitzer also derzeit alles andere als rosig aus. Und es könnte noch viel schlimmer kommen, wenn Hollywood das umsetzt, was dort gerade diskutiert wird.

Angedacht ist nämlich eine Verkürzung oder sogar eine völlige Abschaffung des so genannten Kinoauswertungsfensters. Das heißt: Zwischen der ersten Kinoausstrahlung und der Zweitvermarktung per DVD lagen bisher sechs Monate. Doch inzwischen versuchen die Produktionsfirmen und die Verleiher diese Frist immer öfter zu verkürzen. Was im Fall von "Herbie: Fully loaded" und "Sin City" zum Boykott dieser Filme durch große Kinoketten geführt hat. Ähnliche Fristen gibt es auch in den USA, allerdings wurde die bis 1994 übliche Sechs-Monats-Frist bereits um zwei Monate gekürzt.

Doch nun wird sogar ganz offen über eine völlige Abschaffung diskutiert, aber nicht aus Angst vor Internet-Piraten und Raubkopierer, sondern um den jetzt schon äußerst profitablen Verkauf von DVDs noch profitabler zu machen. Inzwischen ist der Handel mit DVDs und Videos nämlich die wichtigste Einnahmequelle der Studios, also noch wichtiger als die Kinoauswertung.

So sprach kürzlich der zukünftige Disney-Chef Robert Iger davon, dass der Tag kommen werde, an dem eine DVD veröffentlicht wird, während der Film noch in den Kinos laufe. Das würde seiner Meinung nach die Vermarktungskosten erheblich reduzieren, weil eine spätere Werbekampagne zum Start der DVD dann nicht mehr nötig sei.

Ein weiterer Anreiz die Frist erheblich zu reduzieren, liegt in der bisherigen Praxis der Kinoauswertung. In den ersten Wochen geht in etwa die Hälfte der Einahmen an das jeweilige Kino und die andere Hälfte an den Filmverleiher. In den Wochen danach erhöht sich dann sukzessiv der Anteil der Kinos, was die Verleiher mit einer früheren DVD-Veröffentlichung ausgleichen könnten. Zudem setzten die Verleiher und Produktionsfirmen zunehmend auf neue Vermarktungswege via Internet, Pay-TV, Video-on-Demand und sogar übers Handy. Und der große Verlierer dieser Entwicklung ist das Kino, das nicht nur erheblich an Gewicht, sondern wohl auch zunehmend seine Besucher verlieren wird.