Schleich dich seitwärts!

Aquarell-Assassinin

Ubisofts "Assassin’s Creed Chronicles China" für PS4, Xbox One und PC

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Ubisofts "Assassin’s Creed"-Serie hat sich inzwischen als jährliches Action-Adventure mit wechselnden historischen Settings etabliert. "Assassin’s Creed Chronicles" ist ein Ableger der Serie, der als 2D-Platform-Spiel ein ganz anderes Konzept als die Originalserie hat. Dabei rückt das Schleichen und Verstecken in den Vordergrund, das einigen Spielern in der Hauptserie inzwischen zu kurz kommt.

Die chinesischen Templer haben die Bruderschaft der Assassine im Land vernichtend geschlagen. Shao Jun, eine ehemalige Konkubine des Kaisers Zhengde, lässt sich zur Assassinin ausbilden und zwar von niemand Geringerem als Ezio Auditore da Firenze, dem Protagonisten der "Assassin’s Creed II"-Trilogie (33807). Anschließend kehrt sie in ihre Heimat zurück, um sich am Templerordern zu rächen. Das Land ist von Machtkämpfen geprägt zu einer Zeit, in der sich die Ming-Dynastie dem Ende entgegen neigt.

Die Mischung aus historischen und fiktiven Ereignissen und Figuren steht in guter Tradition der Hauptserie. Spielerisch hat Assassin’s Creed Chronicles dagegen wenig mit den Action-Adventures gemein. Es ist ein sogenannter 2,5D-Platformer. Das bedeutet, dass es weitgehend zweidimensional ist, die Spielfigur aber anders als bei reinen 2D-Games gelegentlich die Ebene wechselt oder um die Ecke biegt.

Die Hauptfigur Shao Jun dringt in die Paläste mächtiger Templer ein, um sie zu töten. Dabei muss sie zahlreiche Wachen umgehen oder ausschalten. Hier helfen ihre Assassinenfähigkeiten, die der Spieler im Lauf der Geschichte in Form von kleinen Tutorial lernt.

Zum Basisrepertoire gehört das Erkennen und Ausnutzen von Verstecken. Anfangs sind das vor allem dunkle Räume im Hintergrund, in denen Shao aus dem Sichtfeld der Wachen verschwindet. Später kommen unter anderem Gebüsche hinzu, in denen sie nur dann unsichtbar ist, wenn sie still steht. Umgekehrt gibt es wie in der Hauptserie Menschengruppen, in deren Mitte sie nicht erkannt wird, solange sie sich dem Tempo der anderen anpasst.

Versteck hinter der Säule

Die Wachen pattroulieren auf den immer gleichen Wegen und ihr Sichtbereich wird stets angezeigt. Der Spieler kann auf die Weise sein Vorgehen planen und dabei tote Winkel ausnutzen. Gelegentlich muss die Assassinin sich vorsichtig und damit leise bewegen, wenn sie beispielsweise an einem Vogelkäfig vorbei geht. Von hinten und aus Verstecken kann Shao Jun arglose Wachen meucheln. Anschließend muss sie jedoch die Körper verstecken, da der Fund einer Leiche die anderen Aufpasser in Alarm versetzt.

Alarmierte Wachen ändern ihre vorgegeben Wege, was Shao Jun gelegentlich ausnutzen muss. So pfeift sie beispielsweise aus einem Versteck heraus, um Soldaten anzulocken und hinter deren Rücken den Bereich zu verlassen. Mit Knallkörpern verwirrt sie die Anwesenden kurzzeitig.

Einige Patrouillen haben eine bessere Wahrnehmung als andere

Die erhöhte Aufmerksamkeit hält jedoch nur ein paar Sekunden an. Anschließend kehren die Aufpasser wieder zu ihrer alten Routine zurück. Verlässt die Assassinin während der Suche die rote Zone, kann sie danach ungehindert weiter schleichen und morden.

Dass die Wachen sich nicht wie in modernen Stealth-Games Spielen halbwegs intelligent verhalten, gehört zum Konzept: Die Gegner folgen wie in vielen älteren Videospielen festen, erkennbaren Regeln. Wie wenig sie auf ihre Umgebung reagieren, wirkt trotzdem gelegentlich befremdlich. So gibt es immer wieder Soldaten, die sich unterhalten und zwischendurch kurz eine Runde drehen. Kehrt nur einer von seiner Patrouille zurück, stört ihn das Fehlen seines ewigen Gesprächspartners nicht.

Wird die Assassinin entdeckt, kann sie entweder kämpfen oder fliehen. Bei der Flucht hilft ihr, dass die Wachen sich nicht zu weit von ihrem Standort entfernen. In sicherer Entfernung kann sie in Ruhe darauf warten, dass die alte Routine einkehrt. Mit dem Schwert besteht sie gegen die meisten Feinde zumindest ein Duell problemlos. Das Kampfsystem ist simpel und eingängig: Shao Jun kennt leichte und starke Attacken und kann gegnerische Angriffe blocken und kontern. Gegen mehrere Wachen, die sie womöglich noch mit Wurfsternen oder Geschossen angreifen, zieht die Assassinin jedoch den Kürzeren.

Der direkte Kampf sollte die Ausnahme bleiben

Ein Game Over gibt es nicht: Beim Ableben startet der Spieler zu Beginn des aktuellen Abschnitts - eventuell besiegte Wachen erscheinen ebenfalls wieder auf der Bildfläche. Nach jedem erfolgreich absolvierten Bereich erhält der Spieler eine Bewertung. Rennt er ständig ins Sichtfeld der Wachen, gibt es Punktabzüge. Außerdem wird das grundsätzliche Vorgehen mit einbezogen: Bewegt sich die Assassinin ungesehen ohne Waffeneinsatz, meuchelt sie nur im Verborgenen oder rennt sie offensiv von Kampf zu Kampf. Die Gesamtpunktzahl am Ende eines Levels schaltet zusätzliche Belohnungen wie erhöhte Gesundheit oder mehr Knallkörper frei.

Der Großteil des insgesamt etwa fünfstündigen Spiels besteht aus Schleichpassagen, die geplantes, ruhiges Vorgehen verlangen. Genau das Gegenteil gilt für die wenigen Fluchtszenen, in denen Shao Jun beispielsweise vor einer Feuersbrunst wegrennt. Hierbei zählen vor allem gute Reflexe, wenn sie über Hindernisse springt oder Wachen im Gleiten oder aus dem Sprung meuchelt. Die Bewertungsgrundlage dabei ist am Ende nicht die Punktzahl, sondern die Zeit.

Die Steuerung reagiert weitgehend gut, hakelt jedoch manchmal an den Passagen, an denen Shao Jun zwei Wege einschlagen kann, wenn es beispielsweise um die Ecke und nach oben weiter geht. Im Kampf passiert es gelegentlich, dass Shao Jun aufgrund derselben Button-Belegung eine besiegte Wache hochhebt, statt den Angriff eines aktiven Gegners zu blocken. Im Großen und Ganzen bleiben diese Pannen aber die Ausnahme.

Brennende Schiffe

Optisch ist das Spiel sehr hübsch. Die Gestaltung erinnert an Aquarelle. Das wie ein Farbtupfer auf dem Hintergrund verschwimmende Blut verstärkt diesen Effekt. Auch die Musik ist angenehm. Die ewig gleichen Dialoge der Wachen nerven jedoch. Die Hintergrundstory kann nicht überzeugen, zumal sie nur aus kurzen Sequenzen zwischen den Levels besteht. Die getestete PS4-Version lief weitgehend flüssig, ruckelte jedoch gelegentlich ohne erkennbare Gründe.

Wer das Spiel abgeschlossen hat, kann besuchte Level erneut absolvieren und in "Neues Spiel Plus" zusätzliche Eigenschaften freischalten, sowie auf erhöhter Schwierigkeit spielen. Der Reiz hält sich jedoch in Grenzen, sodass der Durchschnittsspieler nach einem Durchlauf fertig sein wird.

Das liegt vor allem daran, dass es insgesamt zu wenig Abwechslung gibt und die Schwierigkeit kaum ansteigt. Wer kein Perfektionist auf der Suche nach der besten Bewertung ist, kommt problemlos ans Ziel. Die Werkzeuge wie Knallfrösche sind oft überflüssig und Puzzles fehlen völlig.

Für 10,- Euro ist "Assassin’s Creed Chronicles: China" ein nettes Spielchen, aber nicht mehr. Es bringt viele gute Ideen mit, die leider lustlos umgesetzt sind und auf Dauer eintönig werden. Andere kleine Ubisoft-Titel wie Child of Light oder "Valiant Hearts" machen mehr Spaß. Bei den 2D-Schleich-Games finden Xbox- und PC-Gamer mit Mark of the Ninja eine bessere Alternative zu einem kaum höheren Preis. Bleibt zu hoffen, dass die Entwickler der Assassinen-Chroniken die durchaus gute Basis für die beiden geplanten Nachfolger, die in Indien und Russland spielen sollen, interessanter ausbauen.

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