Schlinge um geflüchteten Ex-König Spaniens zieht sich weiter zu
In der Schweiz wurde nun der Chef der Bank Mirabaud im Zuge der Korruptionsermittlungen gegen Juan Carlos angeklagt
Es ist fast genau ein Jahr her, seit der ehemalige spanische Staatschef Juan Carlos vor den Ermittlungen gegen ihn in die Vereinigten Arabischen Emirate (VAE) geflohen ist. Dabei sind die Ermittlungen gegen ihn in Spanien ohnehin nur auf Steuerhinterziehung beschränkt.
Die hat der vom Diktator Franco als eingesetzte Nachfolger eingesetzte Juan Carlos längst teilweise eingeräumt und auch Nachzahlungen geleistet. Die Aufklärung läuft in Spanien aber nur schleppend, da sie auch von den regierenden Sozialdemokraten (PSOE) nicht gewollt ist. Dies hatte die Expertin Rebeca Quintáns schon vor einem Jahr im Telepolis-Gespräch dargelegt.
In 14 Fällen hat die PSOE zusammen mit den gesamten rechten und ultrarechten Parteien im Parlament Versuche abgelehnt, eine parlamentarische Untersuchungskommission einzusetzen.
Quintáns hatte deutlich gemacht, dass Juan Carlos sich zu den befreundeten Autokraten nach Abu Dhabi begeben hat, um sich vor allem vor einer möglichen Auslieferung in die Schweiz zu schützen. Zwischen der Schweiz und der Wüstendiktatur bestehen keine Auslieferungsabkommen. Und: In der Schweiz wird gegen den Ex-König nicht nur wegen Steuerhinterziehung ermittelt, sondern auch wegen Korruption und Geldwäsche.
Die Anklage in der Schweiz
In diesem Rahmen wurde nun der Chef der Privatbank Mirabaud angeklagt. Der Genfer Staatsanwalt Yves Bertossa, der seit 2018 unter anderem auch gegen die ehemalige Geliebte von Juan Carlos ermittelt, wirft Mirabaud vor, den merkwürdigen Vorgang nicht den für Geldwäsche zuständigen Behörden gemeldet zu haben. Mit der Anklage zeigt Bertossa, dass er sich durch die "Ermittlungen" in Spanien nicht ausbremsen lässt. Nun spitzt sich Lage für Juan Carlos in der Schweiz weiter zu.
Es geht in dem Fall um 100 Millionen US-Dollar, die Juan Carlos, der wegen seiner Skandale frühzeitig 2014 abdanken musste, angeblich als Schenkung aus Saudi-Arabien bekommen habe. Die etwa 65 Millionen Euro gingen unversteuert auf einem Mirabaud-Konto ein, das auf den Namen der Lucum Foundation mit Sitz in Panama lautete.
Hauptbegünstigter dieser Stiftung war Juan Carlos - wie auch sein Sohn und Nachfolger auf dem Thron, Felipe. Der versuchte sich von einer Erbschaft zu distanzieren. Damit wurde allerdings auch öffentlich, dass er mindestens schon fast ein Jahr zuvor von den dubiosen Vorgängen wusste und sich erst zu distanzieren versuchte, als der Skandal das Licht der Öffentlichkeit erreicht hatte.
Allseits wird davon ausgegangen, dass es sich bei den 100 Millionen Dollar um Schmiergelder im Zusammenhang mit dem Bau eines Hochgeschwindigkeitszugs von Medina nach Mekka handelt. Unter der Vermittlung von Juan Carlos ging der Auftrag 2011 an ein spanisches Konsortium. Das hatte auch die ehemalige Geliebte von Juan Carlos bezeugt, an die Juan Carlos einen Großteil des Geldes überwiesen hatte. Die deutsche "Prinzessin" beschuldigt ihn etlicher korrupter Machenschaften, für die er Millionen kassiert haben soll.
Ob Schmiergelder für die Schnellzugtrasse der Hintergrund der Vorgänge sind, sei dahingestellt. Weitgehend klar ist nun durch journalistische Recherchen, dass Juan Carlos sein Vermögen, das auf mehr als zwei Milliarden Euro geschätzt wird, auch auf Basis von Waffengeschäften mit den Diktaturen in der arabischen Wüste angehäuft hat.
Ein Schema
Die Zeitung Público, die sich bei den Recherchen besonders engagiert, hat auch darüber berichtet, dass die Ermittler in der Schweiz einem "Schema" nachgehen, wonach Juan Carlos jeweils nach offiziellen Reisen in Länder wie Saudi-Arabien, Dubai, Kuwait oder Bahrein Zahlungen erhalten haben soll.
Klar ist, dass das Verhältnis zur Monarchie und den dunklen Vorgängen im Königshaus zusehends zu Spannungen in der Regierungskoalition zwischen Sozialdemokraten und der Linkskoalition "Unidas Podemos" (Gemeinsam können wir es) kommt. Dass die Flucht des Königs mit dem Wissen von Regierungschef Pedro Sánchez organisiert wurde, stößt der Koalition genauso auf wie die Tatsache, dass bis heute die Bewachung des Flüchtlings aus Steuergeldern finanziert wird.
Die Podemos-Chefin Ione Belarra spricht von einer "ernsten demokratischen Anomalie". Mit Blick auf den Koalitionspartner erklärte sie, dass einige in Spanien gerne von einer "vollständigen demokratischen Normalität" sprechen, die Flucht von Juan Carlos bewirke allerdings eine "enorme Diskreditierung der Institutionen". Der Ex-Staatschef habe das Weite gesucht, um nicht für seine "Akte vor der Bevölkerung geradestehen zu müssen".