Schöner sterben für 50 Euro

Makabre Geschäfte mit Sterbewilligen

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"Umsonst ist nur der Tod – und der kostet das Leben!". Das stimmte eigentlich noch nie, wie jeder weiß, der schon einmal ein Begräbnis ausrichten musste. Aber zumindest das Sterben war bislang kostenfrei. Doch es gibt anscheinend nichts, was sich im Internet nicht zu Geld machen lässt.

Wer nichts mehr zu verlieren hat, ist für Selbstmord durchaus zu haben – wobei es neben Liebeskummer, unheilbaren Krankheiten, zu erwartenden Skandalen und hohen Schulden noch viele andere Motive für eine solche unwiderrufliche Entscheidung geben kann.

"Gehen Sie kein Risiko ein und stellen Sie sicher, dass Ihr Ableben für uns finanziell angenehm wird"

Harte Männer und Frauen nehmen die Pistole oder den Fallschirm, werfen sich vor die Bahn, nehmen den Fön in die Badewanne mit, schlucken Zyankali oder stecken den Kopf in den Gasbackofen. Doch ist nicht immer klar, ob das dann auch funktioniert – andernfalls rennt man den Rest seines Lebens mit einem halben Gesicht und einem Bein herum, darf der Bundesbahn den Kraneinsatz bezahlen, um die S-Bahn wieder von einem runterzuhieven, hat das auslösende Problem – Misserfolg beim anderen Geschlecht – durch die nun nicht nur vom Leben, sondern auch noch von einem Zug gezeichnete Visage noch massiv verschärft und noch dazu den Hass der Mitmenschen am Hals, die wegen der dritten S-Bahn-Verspätung im Monat nun von ihrem Chef vor die Tür gesetzt wurden. Außerdem tut Sterben – ob mit oder ohne Erfolg – meistens weh, "Suicide is painless" gilt nur in Popsongs.

Die meisten Selbstmorde sind Kurzschlusshandlungen – klar ist ein Bankrott oder eine Kündigung kein Grund, sich aufzuhängen, aber so etwas sagen dann typischerweise die Leute, die selbst als Beamte unkündbar und für die 100.000 Euro Peanuts sind. Unheilbare schmerzhafte Krankheiten werden jedoch mitunter als Motiv akzeptiert, der Quälerei ein Ende bereiten zu wollen. Nur Ärzte dürfen dies nicht tun und auch Bücher mit Selbstmordtipps werden schnell verboten.

Der besondere Service für den, der sich noch öfter umbringen will: Die Kunden-ID mit persönlichem Passwort erlaubt die Wiederbenutzung des Accounts im nächsten Leben

Doch für Geld geht so mancher über Leichen und deshalb geht es nun ganz sauber mit einem Mausklick und einem kräftigem Griff in die Brieftasche: Für 50 Euro kann man sich auf Sterbehilfen.de nun eine Anleitung zum Selbstmord kaufen.

Angesprochen werden ausschließlich schwerkranke Personen ohne Chance auf Heilung. Um zu verhindern, dass Kinder oder Jugendliche diese Informationen erhalten und aus nichtigen Gründen (Liebeskummer etc.) diesen Schritt gehen, kontrolliert Sterbehilfen.de das Alter der Interessenten anhand Ihrer Bankverbindung. Hierfür ist eine Transaktion notwendig. Durch die Summe von 50 € wird ebenfalls verhindert, dass Erwachsene mit Schulden, welche keinen Ausweg sehen, diesen Weg gehen.

Nun, für das geniale System, das mit dem Zahlen von 50 Euro das Alter des Kontoinhabers nachweist, wäre so mancher Erotikanbieter dankbar, der ja für Moralapostel weit gefährliche Ware zu zeigen hat, nämlich wie man Menschen ins Leben bringt statt sie aus dem Leben zu befördern. Auch interessant, dass ein Selbstmord aus Liebeskummer nur bei Kindern und Jugendlichen ein "nichtiger Grund" ist. Und auch ein hoffnungsloser Bankrotteur wird noch eine geeignete Kreditkarte finden – es muss ja nicht die eigene sein. Aber nach Dialern zum Abzocken von Tierfreunden und Kindern war es wohl nur noch eine Frage der Zeit, wann auch jene abkassiert werden, denen bereits alles egal ist und die sich nach Empfang der Ware auch nicht mehr über deren Qualität beschweren können