Scholz in China: Konflikt oder Kommerz?

Von links, mit Mercedes-Stern: Diplomatenauto beim EU-China-Gipfel 2017.Bild: European Council President, CC BY-NC-ND 2.0

Wie steht es um die Beziehungen zwischen Berlin und Beijing? Der Kanzler folgt dem grünen Konfrontationskurs bislang nicht. Warum das sinnvoll ist.

Am morgigen Freitag beginnt Bundeskanzler Olaf Scholz seinen ersten Staatsbesuch in der Volksrepublik China. Es werde "um die gesamte Bandbreite unserer Beziehungen zu China gehen, aber auch um internationale Themen wie etwa die gemeinsamen Anstrengungen bei der Bekämpfung des Klimawandels, den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine oder Spannungen in der Region Ost-Asien", heißt es in einer wortkargen Pressemitteilung der Bundesregierung.

Dass Scholz mit seinen Gesprächspartnern, dem scheidenden Premierminister Li Keqiang und dem Präsidenten und KP-Chef Xi Jinping eine gemeinsame Antwort auf den Ukraine-Krieg findet, ist eher unwahrscheinlich. Die chinesische Regierung tritt für eine Verhandlungslösung ein und beteiligt sich wie auch die überwiegende Mehrheit der Staaten nicht an den Sanktionen gegen Russland. Eine Position, wie sie im hiesigen Diskurs mitunter fast wie Landesverrat behandelt wird.

Interessant dürfte sein, ob sich die beiden Seiten im Hinblick auf die "Spannungen in der Region Ostasien" auf eine gemeinsame Formel einigen können. Ob Xi und Li Scholz erzählen, was sie von deutschen Kriegsschiffen vor ihrer Küste halten, die "den chinesischen Machtansprüchen in der Region etwas entgegensetzen" wollen?

Immerhin misst die chinesische Regierung den Beziehungen zu Deutschland eine besondere Bedeutung bei, denn Scholz ist der erste Regierungschef eines westlichen Landes, der seit Ausbruch der Pandemie in Beijing empfangen wird.

Um einen Eindruck vom Zustand der Beziehungen zu bekommen, sollte man darauf achten, ob es eine gemeinsame Pressekonferenz zum Abschluss gibt. Wichtig ist dabei insbesondere, ob Scholz sich auf dieser zur sogenannten Ein-China-Politik bekennen wird, jener Formel, mit der seit Mitte der Siebzigerjahre so ziemlich alle Staaten – ob einem das gefällt oder nicht – anerkennen, dass die Volksrepublik China auf dem Festland und die Republik China auf Taiwan eine souveräne Einheit bilden und diese auf der internationalen Bühne von Beijing (Peking) vertreten wird.

So richtig entspannt wie zu jenen Zeiten, als Helmut Kohl und Gerhard Schröder der deutschen Automobilindustrie in China den Weg ebneten oder als Angela Merkel auf ihren immerhin zwölf Staatsbesuchen im Land der Mitte für gute Geschäftsbeziehungen sorgte, wird es diesmal jedenfalls nicht zugehen.

Dafür dürfte unter anderem auch gesorgt haben, dass die Gruppe der Sieben (G7: USA, Kanada, Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Italien und Japan) im Sommer auf ihrem Gipfel in Deutschland erstmalig China mit scharfen Formulierungen angegriffen hat.

Die Frage ist indes, wie weit die Bundesregierung der konfrontativen Politik ihres Verbündeten jenseits des Atlantiks folgen wird und ob sie bereit ist, dafür Opfer zu bringen. Im grün geführten Wirtschaftsministerium hat man bereits ein chinesisches "Klumpenrisiko" ausgemacht, das man, wie berichtet, in den Griff bekommen wolle. Der aktuelle Besuch in Beijing könnte Aufschluss darüber geben, wie weit der Bundeskanzler die Position seines Koalitionspartners teilt.

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