Schuldsprüche im Blackwater-Prozess
Sieben Jahre nach dem Massaker in Bagdad werden vier frühere Mitarbeiter der US-"Sicherheitsfirma" des Mordes und Totschlags schuldig gesprochen. Der damalige Blackwater-Chef Prince und politisch Verantwortliche bleiben verschont
28 Tage hatten sich die Geschworenen zum Überlegen zurückgezogen, gestern erfolgte dann der Schuldspruch gegen vier ehemalige Blackwater-Mitarbeiter: einmal Mord, drei Mal Totschlag im Affekt. Das Urteil des Richters zum Strafmaß steht noch aus, wann es erfolgt, ist unklar. Sieben Jahre sind seit der blindwütigen Schießerei, die Blackwater-Angestellte am Nisour-Platz in Bagdad veranstalteten, vergangen. Ein Prozess war bereits gescheitert. Die Hindernisse für eine Verurteilung waren hoch (Blackwater Topmanager: "Ich könnte Sie töten...").
US-Ermittler gingen von 14 getöteten Zivilisten aus, irakische Ermittler von 17. Doch geben die Zahlen kaum etwas von dem Grauen wieder, dem die Passanten im September 2007 ausgesetzt waren, die im falschen Moment an dem Platz waren, wo die Mitarbeiter der privaten US-"Sicherheitsfirma" Blackwater blindlings Maschinengewehrsalven auf alles abgaben, was sich dort bewegte.
30 Zeugen waren aus dem Irak angereist, um bei diesem Gerichtsverfahren auszusagen - die größte Anzahl von Zeugen aus dem Ausland, die jemals zu einem Strafgerichtsprozess in den USA angereist waren, berichtet die Washington Post. Es ist ein Hinweis darauf, dass das Massaker eine gewisse Dimensionen hatte, die bis heute in die Beziehungen zwischen den USA und Irak hineinspielt. Blackwater wurde im Irak zu einem Symbol für eine "US-Kultur im Irak": "shoot first, sometimes kill, and ask questions later", wobei gelte, dass der Schütze sich vor keinem Gericht zu verantworten hat.
Die angereisten Angehörigen der Opfer fordern die Todesstrafe, wahrscheinlich ist lebenslänglich und mehrjährige Freiheitsstrafen, möglich sind auch mildere Strafen: Die Anwälte der früheren Blackwater-Mitarbeiter haben Einspruch angekündigt.
Ihre Mandanten hätten "vernünftig" gehandelt. Damals sei die irakische Hauptstadt Schauplatz fürchterlicher Bedrohungen gewesen: Autobomben, Hinterhalte und Angriffe. Der Staatsanwalt hatte dieser Verteidigungslinie bei der Verhandlung entgegengehalten, dass in der Situation damals keinerlei Bedrohung gegeben gewesen sei. Der mörderische Vorfall wurde mehrere Wochen lang untersucht.
Während US-Zeitungen das Urteil als wichtiges Signal kommentieren, das freilich von dem Fakt getrübt werde, dass die USA noch immer viel von privaten Sicherheitsfirmen Gebrauch machen (im letzten Jahrzehnt stellten die Privaten im Irak -und Afghanistankrieg 50 Prozent und mehr der US-Truppenstärke), gab Jeremy Scahill anderes zu bedenken.
Scahill hat sich als Buchautor mit Blackwater auseinandergesetzt. Von ihm stammen auch die eindrücklichsten Berichte über das Massaker vom September 2007. In seinem Kommentar zum aktuellen Schuldspruch der Jury, veröffentlicht bei The Intercept, freut auch er sich über einen "seltenen Moment, in dem eine private Kriegsindustrie, die meistens dagegen gefeit ist, endlich zur Verantwortung gezogen wird".
Aber, so seine Kritik, dies rühre nicht "an dem Faktum, dass jene, die über ihre Machstellung dafür verantwortlich sind - die Unternehmensführer, die Regierungsvertreter und die Kriegsgewinnler - auf freiem Fuß bleiben, wahrscheinlich bis an ihr Lebensende".
Erik Prince, seinerzeit Chef von Blackwater, der bald den Namen der Firma änderte und sie dann für 200 Millionen Dollar verkaufte, hatte persönlich niemals auch nur das Geringste von Gerichten in der Sache zu fürchten. So spricht er er dieser tage ganz wehmütig von den großen Taten des Blackwater-Teams im Irak, das mit dem IS kurzen Prozess machen würde, weil Private ihren Job besser erledigen ("Wenn nur das alte Blackwater Team noch zusammen wäre").