Sensen, Wummen, Sägeblätter - der virtuelle Waffenwahnsinn

So sieht er aus, der inzwischen legendäre Gravity Gun: eigentlich ziemlich zerbrechlich

Die Wahl des Spiels ist auch die Wahl der Waffen. Eine Auslese stellt ein paar der schönsten Exemplare vor - irre Zerrbilder und kreative Konstruktionen, wie sie nur das Medium Spiel zulässt.

Der folgende Beitrag ist vor 2021 erschienen. Unsere Redaktion hat seither ein neues Leitbild und redaktionelle Standards. Weitere Informationen finden Sie hier.

Half-Life 2

Die Waffe: Eine der spektakulärsten und, gemessen am kommerziellen Erfolg des Spiels, vielleicht auch beliebtesten Waffen, ist bis heute der Gravitron, Gravity Gun oder länger: Zero Point Energy Field Manipulator bzw. deutsch: Nullpunkt Energiefeld Manipulator. Er war der erste seiner Art und nicht der letzte (u. a. in „Doom 3“ erschien eine der besseren Kopien). Wie der Name schon sagt, manipuliert das Gerät die Schwerkraft. Seine Eigenschaften machen es zum Universalwerkzeug im Kampf gegen Zombies und Aliens. Richtet ihn sein Träger auf ein beliebiges, zur Interaktion ausgelegtes Objekt wie ein Ölfass, zieht er es an und stößt es auf erneuten Befehl mit voller Wucht von sich. So lassen sich nicht nur Wege frei räumen und Schutzschilde errichten: Sauber geschossene Sägeblätter verursachen irreparablen Schaden am Gegner.

Das Spiel in der Realität: Half-Life 2. Im wahren Leben ließe sich der Gravity Gun, zumindest für Metallgegenstände, durch einen Supermagneten ersetzen. Trotzdem Quatsch: Er wäre zu schwer und die Selbstverletzungsgefahr wäre fatal. Triviales: HL2 hat sich weltweit rund 6,5 Millionen Mal verkauft. Nach Episode 1 und 2 warten die Fans seit Jahren vergeblich auf die erhoffte abschließende dritte Episode.

Dead Rising

Die Waffe: Zombies und Aliens sind generell gern gesehene Ziele für Sägen aller Art. Neben greifbaren Gegenständen wie Musik-CDs, Bowlingkugeln, Registerkassen, Sonnenschirmen oder Rasenmähern bringt auch die berüchtigte Heckensäge wandelnde Tote zur Strecke.

Dead Rising 2“: Auf den Fisch gekommen: Im Barbecue-Restaurant greift Chuck zu den Waffen der Natur - dieser zur Dekoration präparierte Schwertfisch erlebt so sein Revival

Das Spiel in der Realität: Dead Rising. Ihr hoher Grad an Realismus macht diese ironische Waffenidee für manche so beängstigend: Sie basiert auf allgegenwärtigen und ständig vorhandenen Objekten. Triviales: Teil 1 von Dead Rising erschien hierzulande nicht, verkaufte sich weltweit aber 1,4 Millionen Mal. Laut Online-Händler Gamestop bringt Hersteller Capcom den Nachfolger, statt wie geplant im März, erst im August 2010 auf den Markt. Anstelle eines Einkaufszentrums spielt „Dead Rising 2“ in Las Vegas. Unzählige neue Gegenstände wie Football-Granaten sollen Held Chuck als Waffen zur Verfügung stehen. Zu erwarten ist ein heißer Aufguss von Teil 1 mit ein paar neuen Gags.

Gears of War 1 +2

Die Waffe: Bajonette in Form der Kettensägen entstanden aus der Not heraus: Normale Bajonette schienen der widerstandsfähigen Haut und Rüstung der außerirdischen Soldaten nichts anhaben zu können. Eine zufällig eingesetzte Kettensäge schon. Der Vater des Helds, ein hochrangiger Militäringenieur, ließ sie daraufhin an die Unterseite der Gewehre montieren ließ: die Geburt des Lancer.

Die Lancer aus den „Gears of War“-Spielen ist ein Schnellschussgewehr mit einem fest installierten Kettensägen-Bajonett

Das Spiel in der Realität: Gears of War 1 +2. Diese umstrittene und eigentlich total kranke Waffe der aktuellen Konsolengeneration war ein Grund, weshalb sich die Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien (BpjM) veranlasst sah, beide Teile von „Gears of War“ auf den Index zu setzen. Im Rest Europas konnte der Third-Person-Shooter erscheinen. Auch das strenge Japan entschloss sich nach ausführlicher Absprache minimaler Änderungen für die Erlaubnis der Veröffentlichung einer der erfolgreichsten Lizenzen für Xbox 360. Triviales: Eine Verfilmung unter Produzent Wyck Godfrey („New Moon“, „Twilight“, „Eragon“, „I, Robot“) befindet sich im Entwicklungsstadium.

Dead Space

Die Waffe: Lang-stelzige Monsterwesen auf einer verlassenen Raumstation gehen vor dem Ripper in die Knie. Mit einem schneidenden Geräusch rotiert das Sägeblatt dieser Waffe dem Feind in die Glieder. Im Primärmodus kann sie praktisch als verlängerter Arm gelenkt werden.

Held Isaac hat die Sägeblätter seines Rippers auf diesem Bild eingefahren

Das Spiel in der Realität: „Dead Space“. Der Ripper ist die Zukunftsvision des Metzgerwerkzeugs. Welche unsichtbaren Kräfte eine rotierende Sägescheibe sicher an sich binden könnten, ist unklar. Ihre realistische Alternative ist die Handkreissäge oder das Pizzamesser. Triviales: Beim für Ende des Jahres erwarteten zweiten Teil wird es neben einem Multiplayermodus auch spielerische Änderungen geben, die „Dead Space 2“ angeblich actionreicher machen. Isaac Clarke bekommt u. a. eine Nagelkanone zur bereits bekannten Ausrüstung hinzugefügt.

Ratchet & Clank: A Crack in Time

Die Waffe: Weniger präzise, dafür ebenso vernichtend jagen die so genannten Kreisklingen außerirdischem Ungeziefer nach. Mit einem Schuss schwadronieren gleich mehrere rasiermesserscharfe Miniflugscheiben durch die Luft und verfehlen nur selten ihr Ziel. Im gleichen Spiel sorgt der halborganische Schall-Erupter für mächtige Momente: Ein krötenartiges Reptil klemmt zwischen einem Pistolenlauf und lässt durch dessen Druck seinen Brunftruf los. Der rülpsende Hall wischt selbst elefantenschwere Gegner von der Platte.

Oben: Aus zwei Schlitzen schießt diese Waffe seine Kreisklingen ab. Unten: Der Schall-Erupter ist eine Zange, die ein außerirdisches Wesen hält, dessen Brunftruf Wände erzittern lässt.

Das Spiel in der Realität: „Ratchet & Clank: A Crack in Time“: Im abgefeuerten Zustand erinnern die Kreisklingen fast an ein Insektenspray, das viele kleine fliegende Aliens zuverlässig vom Himmel holt. Im Spiel hat Held Ratchet die Garantie nicht selbst getroffen zu werden. Realistischer schon der Schall-Erupter. Auf dem G20 Gipfel in Pittsburgh kam erstmals ein Long Range Acoustic Device zum Einsatz. Es soll jeden, der sich im Bereich der Soundwelle aufhält, dazu bewegen, unverzüglich zu verschwinden. Triviales: Entwickler Insomniac Games ist bekannt für seine ausgefallene Waffenkreationen und bewies auch in der „Resistance“-Reihe Kreativität für den besonderen Kick. Drei Beispiele: Das Bullseye-Gewehr eliminiert den Gegner nach einmaliger Markierung aus der Deckung, der Schuss der Auger schlägt durch Wände und die Patronen der Magnum detonieren ferngesteuert.

Darksiders

Die Waffe: Auch der Hall des Earthcaller-Horns dröhnt dem Feind in die Wäsche. Sein tiefes Brummen stößt ihn zurück und raubt ihm Kraft. Weniger originell, dafür immer gern gesehen ist eine im selben Spiel genutzte Sense, die sein Halter alternativ zum Monsterschwert schwenkt. Ein wunderbarer Rundumangriff ist mit ihr möglich, der den Umzingelten gleich mehrerer Feinde entledigt.

Das Schwert von Krieg, einem der Reiter der Apokalypse, ist auf längere Sicht die geeignetste Waffe, kann aber umstandslos mit anderen wie der Sense kombiniert werden

Das Spiel in der Realität: „Darksiders“: Das Horn der Götter wirkt ähnlich wie der Schall-Erupter von Ratchet & Clank (s. o.). Die Sense als Waffe stammt aus dem Mittelalter. Damals wurde sie dem leiblichen Tod an die Kutte gedichtet und stützt noch heute in gruseligen Kindermärchen dessen Sinnbild. Als Werkzeug hat das bäuerliche Arbeitsgerät größtenteils ausgedient und wird nur noch in ärmeren Regionen der Welt zum Schneiden von Gras und Getreide eingesetzt. In „Darksiders“, eine Spielumsetzung nach den Entwürfen des Superheldencomic-Zeichners Joe Madureira, werden die Dämonen von der Sense ebenso zurückgeworfen wie von Held Krieg‘s Primärwaffe, dem Schwert, und lösen sich nach ca. drei gezielten Treffern in bunte Seelenpunkte auf. Bis auf ein paar rote Matschflecken ist das optisch harmlos aber effektiv inszeniert, eben wie in einem kommerziellen Superheldencomic vom Büdchen.

Ninja Gaiden 2

Die Waffe: Derartige Sensen kommen in diversen anderen Action-Adventures von gestern und morgen verdächtig ähnlich zum Einsatz. Mal provozieren sie mit Brutalität, …

In „Ninja Gaiden Sigma“, der PlayStation 3-Umsetzung des ersten Teils, kann in einigen Levels Dämonen-Jägerin Rachel mit ihrer teuflischen Sense gesteuert werden

Das Spiel in der Realität: „Ninja Gaiden 2“: Hier fliegen die Fetzen: „Ninja Gaiden 2“ ist japanisches Gore-Gameplay mit jeder Menge scharfer Waffen, neben Schwertern, Klauen und Stäben auch eine Sense. Triviales: Wo die Xbox 360-Version wegen abgetrennter Gliedmaßen und sprudelnder Blutfontänen knapp ein Jahr nach Veröffentlichung von der BPjM auf Liste B (strafrechtlich relevant, kann u.U. nach Gerichtsentscheid bundesweit beschlagnahmt werden) gesetzt wurde, darf die entschärfte und von technischen Fehlern weitgehend befreite PlayStation 3-Version „Ninja Gaiden Sigma 2“ ganz normal ab 18 Jahren verkauft werden.

Dante’s Inferno

Die Waffe: … dann wieder wirkt die Sense „spielerisch korrekt“.

Kämpfer Dante erntet hier mit seiner Sense überdimensionale Fledermäuse. Als nächstes wartet ein Satyr

Das Spiel in der Realität: „Dante’s Inferno“: Noch weiß man nicht, wie das Spiel letztlich ausfallen wird - es erscheint erst am 04. Februar 2010. Nach Anspielproben zu urteilen erwartet Fans von Hack & Slash- und Puzzle-Spielen im Stile von „God of War“ und „Ninja Gaiden“ bewährte Hausmannskost in spannender Atmosphäre. Die überdimensionale Todessense, mit der Held Dante die neun Kreise der Hölle durchreist, um seine Geliebte Beatrice zu retten, macht sich in Natura eher unpraktisch, wie z.B. der Nachbau eines Fans beweist.

God of War 1 + 2

Die Waffe: Flexibler als Sensenmänner ist der Träger der Blades of Chaos oder Athenas Blades. In dynamischen Angriffskombinationen schwingt er die Ketten, an deren Enden Krummsäbel hängen: geradeaus wie eine Peitsche oder kreisend wie einen Propeller, über Kopf und vor sich her.

Kratos nutzt seine Athenas Blades von „God of War 2” in zig unterschiedlichen Combos. Hier: beide Ketten synchron (Bild rechts) oder hintereinander (Bild links)

Das Spiel in der Realität: „God of War 1 + 2“: Nichts geht über die Blades of Chaos bzw. Athenas Blades in beiden „God of War“-Teilen. Nur die wenigsten würden sich trauen, solch eine Waffe kreisen zu lassen. Die alten Samurai waren bekanntlich aus anderem Holz geschnitzt und es gab kaum eine Waffe, die es nicht gab. Die Kusarigama war eine Kombination aus Kette und Sichel und den Blades of Chaos/Athenas Blades verdammt ähnlich. Triviales: In „God of War III“, das am 22.03. für PlayStation 3 erscheint, brennen die Messerketten zum dritten Mal, bekommen aber vor den nicht weniger attraktiven Cestus Konkurrenz - zwei eiserne Handschuhe in Form von Löwenköpfen, mit denen sich Held Kratos durch Feinde boxt oder sie ihnen an Ketten entgegenwirft.

Bayonetta

Die Waffe: Eine neu erschienene Heldin klatscht ihren Opfern nicht nur die klebrige Lederrute vors Gesicht. Ihr von Bizarrerie geprägtes Arsenal beinhaltet neben einer Panzerfaust und Katanas gleich vier dicke Ballermänner - befestigt an Händen und Füßen.

Entspannt und gelassen wartet Titelheldin Bayonetta auf den nächsten Feind

Das Spiel in der Realität: „Bayonetta“: Anspruchsvolle asiatische Filmproduktionen wie „Crouching Tiger, Hidden Dragon“ oder „Hero“ machen es vor, wie man während eines Rückwärtssaltos gezielt mit dem Bogen schießt oder tödliche Schwerthiebe ausübt. Noch besser sieht’s im Spiel aus: Bayonetta zielt im Handstand aus allen Rohren und vollführt dabei sexy Hüftschwünge. Das Action-Adventure von Sega ist ein surrealer Action-Trip japanischer Videospielkunst, das neben den Waffen verheerende Angriffszauber enthält, wie sie die Welt noch nie gesehen hat.

Fortsetzung folgt.