So ist Europa in den zweiten Kalten Krieg geschlittert

Seite 2: Die Ukraine-Lösung lag auf dem Tisch

Noch auf der Münchener Sicherheitskonferenz am vergangenen Wochenende hätte eine Kompromissplattform geschaffen werden können. Hätte der Westen diese Chance nur erkannt und genutzt! Als der chinesische Außenminister etwa eine neutrale Ukraine-Lösung vorschlug.

Diese realistische Kompromisslösung wurde seit Jahren, mehr noch, seit Jahrzehnten von westlichen Politikern und Wissenschaftlern vorgeschlagen. Er wurde sogar von einem ausgemachten Russland-Gegenspieler wie Zbigniew Brzezinski unterstützt.

Keiner dieser Vorschläge wurde gehört, keine dieser Initiativen hatte Erfolg.

Mit dieser Unflexibilität verspielten Kiew und der Westen die letzte Möglichkeit einer Lösung, die den Einfluss von Ost wie West auf das Land hätte einhegen können. Dies aber wäre die einzige Option zur Bewahrung der territorialen Integrität der Ukraine gewesen. Die Minsker Abkommen hätten weiterhin Basis eines diplomatischen Weges bleiben können. All das ist nun Geschichte. Putin diktiert noch mehr und noch dominanter das Geschehen.

Was also ist weiter denkbar?

Krieg im Donbass (12 Bilder)

Ein Infanteriepanzer in der Nähe der Ruinen des internationalen Flughafens Donezk (2015). Bild: Mstyslav Chernov / CC-BY-SA-4.0

Die beiden "Volksrepubliken" sind für die Ukraine ebenso unweigerlich verloren wie die Krim. Über kurz oder lang werden sie in die Russische Föderation eingegliedert. Die russische Truppenpräsenz dort soll abschrecken.

Putin hat den ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj bildlich gesprochen im Schwitzkasten: Selenskyj hat nur die Möglichkeit jetzt zu sagen: "Es ist genug, ich gebe auf!" Er könnte dann hoffen, dass Putin es beim neuen Status quo belässt. Selenskyj hätte dann zwar verloren, bliebe aber vorerst weiter Regierungschef in Kiew.

Alternativ ist denkbar, dass Selenskyj zur Befreiung der beiden Republiken aufrufen könnte und das ukrainische Militär in Marsch setzt. Doch darauf wartet Putin nur: Denn ein solcher Angriff auf russisch besetztes Territorium wäre – aus Putins Sicht – der willkommene Anlass, russische Truppen in einem propagandistisch verbrämten "Befreiungskrieg" gegen Kiew in Marsch zu setzen. Dann könnte Putin umfassend zuschlagen; im Osten gegen Mariupol vorstoßen, weiterhin zur See und von Norden aus mit russischen Truppen aus Weißrussland auf Kiew marschieren.

Es hängt jetzt völlig von Selenskyj sowie von dessen Beratungen mit den USA und der Nato ab, wie weiter verfahren wird.