So synthetisch wird unser Essen sein (müssen)
Seite 2: Synthetische Proteine
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Der Gedanke, die Natur nachzuahmen, wird von einer anderen Firma noch konsequenter nachverfolgt: Die Firma Solar Foods aus Finnland stellt Proteine her, allerdings unter Umgehung des Vorgangs der Photosynthese.
Die Motivation ist ähnlich wie bei Aleph Farms: Die konventionelle Landwirtschaft habe laut Pasi Vainikka, CEO von Solar Foods, eine Menge Nachteile. 25 Prozent der weltweiten menschlichen Treibhausgasemissionen entfielen auf Nahrungsproduktion und damit verbundene Landnutzung. Ackerbau erfolge unter Einsatz großer Mengen Pestizide und Kunstdünger, die Artenvielfalt sinke in Gebieten intensiver landwirtschaftlicher Nutzung stark.
Der Fischfang zerstöre maritime Ökosysteme und die Probleme hinsichtlich Massentierhaltung sind ja allseits bekannt. Der Ansatz von Solar Foods ist nun, ein synthetisches Protein herzustellen, das sowohl das Halten von Landtieren, das Fangen von Fischen und den Anbau gigantischer Mengen Pflanzenprotein überflüssig machen könnte.
Rein technisch erfolgt das nach dem gleichen Prinzip wie die Herstellung von klimaneutralen E-Fuels: Dort werden mithilfe von Energie aus klimaneutralen Energiequellen und dem in der Atemluft in Form von CO2 enthaltenen Kohlenstoff Kohlenwasserstoffe synthetisiert. Werden diese wieder in einem Ottomotor verbrannt, ist der Vorgang insgesamt klimaneutral, weil nur CO2in die Atmosphäre entweicht, das ihr für den Prozess vorher entzogen wurde.
Für Motoren ist dieser Vorgang leider recht ineffizient, aber nach dem gleichen Schema können auch Proteine hergestellt werden. Für den Prozess werden bestimmte Mikroorganismen genutzt, die mit Hilfe von Energie und Umgebungsluft Proteine herstellen. Der Wirkungsgrad dieses Prozesses ist laut Herstellerangaben 20 mal so hoch wie der von natürlicher Photosynthese.
Das Endprodukt ist Solein, ein Pulver, dass bis zu 70 Prozent aus Proteinen besteht und über ein hochwertiges Aminosäureprofil verfügt. Aminosäuren sind die Bausteine von Proteinen. Während der menschliche Körper die meisten selbst herstellen kann, handelt es sich bei neun davon um sogenannte essentielle Aminosäuren, diese muss der Körper über Nahrung aufnehmen. Bezogen auf die meisten davon hat das Solar Foods-Produkt höhere Werte als Rindfleisch oder Soja.
Das Verfahren ist so effizient, dass es laut Hersteller einen Bruchteil der Ressourcen konventioneller Nahrungsmittelproduktion verbraucht. So benötige die Herstellung eines Kilos Protein aus Solein 1.000 Liter Wasser, während Pflanzen die 100-fache Menge und Rindfleisch die 700-fache Menge benötigen. Ähnlich große Einsparungen werden in Bezug auf Landnutzung in Aussicht gestellt: Mit einem Quadratmeter Fläche sei ein Kilo Protein aus Solein herstellbar, während Pflanzenanbau hierfür 20 Quadratmeter benötigt und Rindfleischproduktion 200 Quadratmeter.
Sollte sich dieses Konzept auch mit großen Stückzahlen bewähren, könnte die Menschheit nicht nur komplett ernährt werden, sondern auch große Flächen renaturieren oder wieder aufforsten. Das Pulver wäre als Grundzutat denkbar, als Ergänzung zu konventionell hergestellten Nahrungsmitteln oder als Fleischalternative.
Die nächste Hürde ist allerdings nicht technisch lösbar: Das Produkt muss eine Zulassung für Nahrungsmittel in der EU bekommen. Sollte das nicht schnell genug gehen, liebäugelt Solar Foods bereits damit, erst in anderen Ländern Märkte zu erobern, so Dr. Pasi Vainikka. Die Voraussetzungen seien geschaffen, das Solein-Pulver sei mit 4 Euro / Kilo heute schon günstiger herstellbar als Fleisch - und das in der Demonstrationsphase.
Die erste Solar Foods Fabrik mit vier bis 40 Millionen produzierten Mahlzeiten pro Jahr ist für 2022 geplant. Bei einer Produktion in dieser Größenordnung wird von weiteren starken Preisrückgängen ausgegangen – molekular hergestellte Lebensmittel wären dann bereits konkurrenzfähig.