Sollen elektronisch abgeschlossene Verträge auch elektronisch gekündigt werden können?

Eine Massenpetition will Verbraucherschutzministerin Aigner zu einer Gesetzesänderung drängen

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Sehr viele Anbieter ermöglichen das Abschließen von Rechtsgeschäften über ein Webformular – zum Beispiel bei Verträgen über Telekommunikationsdienstleistungen – beharren aber bei einer Kündigung in ihren Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGBs) auf die Schriftform. Bernd Storm, der Betreiber des Hilfsportals Aboalarm, findet das ungerecht und sammelt deshalb auf OpenPetition Unterschriften, mit denen er die Verbraucherschutzministerin Ilse Aigner dazu bewegen will, gesetzlich gegen die Kündigungshürden vorzugehen. Bislang hat er damit etwa achteinhalbtausend Menschen aus Deutschland erreicht.

Im Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz (BMELV) räumt man ein, dass "insbesondere Schriftformklauseln in Allgemeinen Geschäftsbedingungen ein Ärgernis darstellen können" und hält das Anliegen, dass Verbraucher über das Internet geschlossene Verträge dort auch wieder kündigen können, für "grundsätzlich nachvollziehbar" – auch wenn dafür eigentlich das Justizministerium zuständig wäre.

Bundesverbraucherschutzministerium in der Berliner Wilhelmstraße (ehemals Geheimes Civil-Cabinett des Kaisers). Foto: Beek100. Lizenz: CC BY-SA 3.0.

Allerdings gibt man zu bedenken, dass eine Pflicht von Unternehmen, Kündigungen elektronisch entgegenzunehmen, "für die Verbraucher nicht unbedingt vorteilhaft" wäre. Denn im Gegensatz zum Vertragsschluss (den im Regelfall beide Parteien einvernehmlich wollen) erfolge eine Kündigung einseitig. Im Streitfall müsse deshalb vor Gericht geklärt werden, ob eine Kündigungserklärung den Empfänger wirklich erreichte oder nicht. Da die Beweislast für den Zugang einer Erklärung jedoch der Erklärende trage, hätten es Unternehmen beim Ausfüllen eines Formulars auf einer Website oder bei einem Telefonanruf sehr viel leichter, den Zugang der Kündigung zu bestreiten, als bei einem Fax, einem Einschreiben mit Rückschein oder der sichersten Methode: der Zustellung durch einen Gerichtsvollzieher.

Darüber hinaus werde die vertraglich vereinbarte Schriftform nach § 127 Absatz 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) im Zweifel auch durch eine E-Mail erfüllt, wenn deren Zugang rechtssicher nachgewiesen werden kann. Durch das Klauselverbot des § 309 Nummer 13 BGB könnten dem Verbraucher durch allgemeine Geschäftsbedingungen außerdem schon jetzt keine strengeren Formanforderungen als die Schriftform aufgebürdet werden, wie zum Beispiel besondere Zugangserfordernisse.

Aus Sicht des Verbraucherschutzministeriums gründen die in der Petition beschriebenen Probleme weniger in einer besonderen Form der Kündigung, sondern in ungewollten Vertragsabschlüssen. Um diesen abzuhelfen, habe man im letzten Jahr mit dem Gesetz gegen Kostenfallen im Internet die sogenannte Button-Lösung für Online-Geschäfte eingeführt, die sicherstellen soll, dass ein Vertrag nur dann zustande kommt, wenn der Verbraucher vor Vertragsabschluss "klar, verständlich und in hervorgehobener Weise" über die wesentlichen Vertragselemente wie beispielsweise die Kosten informiert wurde. Die bisherigen Erfahrungen mit dieser Regelung bewertet man im BMELV so positiv, dass man keinen weiteren Handlungsbedarf sieht.

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