Speicherproblem: Wie die Energiewende politisch ausgebremst wird

Dass sich die Energiewende ohne Speicher für Wind- und Solarstrom schlecht umsetzen lässt, ist kaum noch umstritten. Was fehlt, ist der politische Wille zur Lösung

Die teilweise geäußerte Hoffnung, die Netzstabilität in Deutschland mithilfe der überkommenen zentralen thermischen Großkraftwerke in die Zukunft zu retten, schwindet sowohl im Falle von Stein- oder Braunkohle oder Kernenergie als auch beim inzwischen verstärkt aus außenpolitischen Gründen unter Druck kommenden Erdgas.

Auch die existierende Infrastruktur mit Pumpspeicherkraftwerken ist als Speicher für Erneuerbare Energie kaum geeignet, weil die damals mehrheitlich als Minutenreserve für große Kraftwerksblöcke ausgelegt wurden und nicht zu den mit der Energiewende etablierten dezentralen Einspeisungen passen. Denn diese Einspeisung erfolgt vielfach dezentral in die Verteilnetze. Daher sollten auch die Speicher dezentral in den Verteilnetzen angeordnet sein.

Der für die Umsetzung der Energiewende dringend benötigte Speicherausbau kommt in Deutschland jedoch kaum vom Fleck. Wo liegen die Ursachen für dieses Dilemma?

Die benötigte Speichertechnik ist heute verfügbar. Das betrifft nicht nur die Fertigungskapazitäten für elektro-chemische Akkumulatoren, wie sie für die E-Mobilität benötigt werden, sondern auch Techniken, die sich vorwiegend für den stationären Einsatz eignen.

Welche Speichertechniken sind heute verfügbar?

Man kann hier unterscheiden zwischen elektrischen, elektro-chemischen, mechanischen und chemischen Energiespeichern. Bei den elektrischen Speichern handelt es sich zumeist um Kurzzeitspeicher wie Kondensatoren und supraleitende magnetische Energiespeicher.

Die bekanntesten elektro-chemischen Speicher sind Bleiakkus, wie sie als Starterbatterien, Staplerbatterien und aus stationären unterbrechungsfreien Stromversorgungen bekannt sind. Lithium-Ionen-Baterien nutzen heute alle Smartphones, Tablets und Notebooks sowie alle E-Mobile. Akkus aus/für E-Mobile werden auch in stationären Speichern genutzt.

In Bayern gab es auch die Idee, derartiges Akkus nach Ablauf ihres Lebens im Fahrzeug im Keller der Nutzer als stationären Speicher einzusetzen.

Flow-Batterien sind als stationäre Energiespeicher schon länger verfügbar, konnten sich jedoch in der Praxis noch nicht in größeren Stückzahlen durchsetzen. Das hat jedoch weniger technische als wirtschaftliche und da in erster Linie politische Ursachen. Natrium-Schwefel-Akkus kommen ohne Lithium und ohne Kobalt aus.

Bei den mechanischen Speichern sind die Pumpspeicher die bekanntesten. Die benötigen allerdings eine entsprechende Topologie und stoßen in der öffentlichen Meinung immer wieder auf Widerstand und sind für dezentrale Einspeisung ins Verteilnetz meist überdimensioniert. Ein weiteres Problem ist auch bei Pumspeicherwerken die Wirtschaftlichkeit, die jedoch in erster Linie am fehlenden politischen Willen oder vielleicht sogar am fehlenden technischen Verständnis in der Politik beruht.

Neben Druckluftspeichern und Flüssigluftspeichern kommen auch Schwungradspeicher vorwiegend in der unterbrechungsfreien Notstromversorgung zum Einsatz. An der TU Dresden ist derzeit ein deutlich größeren Schwungradspeicher in der Entwicklung.

Bei chemischen Energiespeichern handelt es sich um Power-to-Gas/Gas-to-Power-Systeme, die zwar einen im Vergleich niedrigeren Gesamtwirkungsgrad haben, jedoch den Vorteil der verlustfreien Langzeitspeicherung.

Wo kommen Stromspeicher derzeit zum Einsatz?

Etwa zwei Drittel der aktuellen Investitionen in Stromspeicher finden in privaten Haushalten, Industrie und Gewerbe statt. In diesen Fällen wird auf dem Nutzer-Grundstück investiert und das öffentliche Netz nicht tangiert. Anbieter wie die Shell-Tochter Sonnen bieten neben der Speichertechnik auch die Einbindung in eine virtuelle Kraftwerksstruktur an.

Nur ein Drittel der Investitionen geht in Deutschland bislang in die Systeminfrastruktur. Grund dafür sind die regulatorischen Rahmenbedingungen für den Speichereinsatz, die weiterhin die größte Wachstumsbremse für den Speicherausbau im Netz sind. Die rechtliche Einordnung der Speicher ist völlig unzureichend.

Strom wird bei Speichern mehrfach besteuert und mit Abgaben belegt, denn der Speicher gilt einerseits als Endverbraucher und andererseits als Stromerzeuger. Das derzeitige Energierecht basiert in seinen Grundzügen hauptsächlich noch auf dem alten Energiesystem mit zentralen Großkraftwerken und der Kaskadierung über die einzelnen Netzebenen bis ins Verteilnetz.

Der Bundesverband Energiespeicher Systeme e. V. (BVES) in Berlin begrüßt nun die Festlegung im Koalitionsvertrag der neuen Bundesregierung, dass Energiespeicher als eigenständige Säule des Energiesystems definiert werden sollen. Urban Windelen, BVES Bundesgeschäftsführer: "

Seit bald zehn Jahren fordert der BVES eine verlässliche Definition der Energiespeicherung. Toll, dass dies nun endlich aufgenommen wurde und damit Energiespeicher die rechtliche Basis bekommen, auf der die weitere Regulatorik ohne doppelte Steuern und Abgaben, ohne komplizierte Ausnahmeregelungen aufgebaut werden kann.

Die Energiebinnenmarktrichtlinie der EU gibt inhaltlich die Richtung vor. Speicherung wird dort als Verschiebung von Energie auf der Zeitachse definiert. "Dieser passenden Position sollte nun auch rasch das deutsche Recht folgen. Speicher können viel dringend benötigte Flexibilität für das Energiesystem liefern. Das muss man ihnen jedoch auch erlauben über passende Rahmenbedingungen und sie nicht – wie bisher – in falsche regulatorische Schubladen einsperren", so Windelen.

Empfohlener redaktioneller Inhalt

Mit Ihrer Zustimmmung wird hier eine externe Buchempfehlung (Amazon Affiliates) geladen.

Ich bin damit einverstanden, dass mir externe Inhalte angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen (Amazon Affiliates) übermittelt werden. Mehr dazu in unserer Datenschutzerklärung.