Spurensuche am rechten Rand

Seite 4: Im vorpolitischen Raum

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Derweil versuchen rechtsextreme Parteien aus der unübersichtlichen Lage Kapital zu schlagen und die Nachwuchsarbeit noch intensiver als bisher in den Aufbau der "nationalen Opposition" einzubeziehen.

Ein Anfang März veröffentlichtes Strategiepapier der NPD-Jugendorganisation "Junge Nationaldemokraten" empfiehlt deshalb die verstärkte Konzentration auf den "vorpolitischen Raum", worunter der Autor Matthias Gärtner alle sozialen Systeme versteht, "die die Prägung und damit die dauerhafte Normsetzung der Individualperspektive in Hinblick auf das Verständnis gesellschaftlichen Lebens, daraus resultierend eine politische Perspektive, vollziehen." Hinter diesen kryptischen Formulierungen verbirgt sich der unmissverständliche Versuch, den Wertekanon der freiheitlich-demokratischen Grundordnung zu untergraben.

Über die Methode der Politik außerhalb der Parlamente muss der Legitimitätsglaube an die zur Zeit durchgeführte Ideologiepolitik in Frage gestellt werden können. Geistige Produkte dessen, wie die "demokratische Zivilgesellschaft" oder die "westliche Wertegemeinschaft", sind im vorpolitischen Raum zu hinterfragen und ggf. am Beispiel zu entkräften, um das bestehende Ideenkonstrukt in seiner Gesamtheit langfristig zu destabilisieren. In das entstandene Vakuum sollten dann umgehend Alternativen Platz finden, die auf den Fundamenten einer modernen nationalpolitischen Ideengeschichte stehen.

JN-Strategiepapier "Vorpolitischer Raum"

Eine enge Kooperation mit anderen Aktivisten aus dem "nationalistischen Spektrum" ist ausdrücklich beabsichtigt.

Es ist dabei vonnöten, daß die JN als politische Organisation im vorpolitischen Raum die Vernetzung zu Institutionen und Organisationen wahrnimmt, die im nationalistischen Spektrum ebenfalls abseits der parlamentarischen Tätigkeit agieren. Somit erweitert sich auch das Spektrum zur Bildung so genannter Multiplikatoren, wenn zugleich die Orientierung der JN nicht ausschließlich auf die "parlamentarische" Kaderbildung zur politischen Tätigkeit beschränkt ist, sondern vielmehr im Denken, Fühlen und Handeln im Sinne des Deutschtums veranlagt wird. Die Entwicklung von Persönlichkeiten zu tragenden Säulen der deutschen Volksgemeinschaft vollzieht sich in ihrer notwendigen Gesamtheit nicht in parteifreien Zusammenschlüssen, aber auch nicht in Parteiverbänden, sondern muss in der Sphäre zwischen Parlament und Alltagswelt verankert werden. Die JN-Organisation sollte zukünftig als Schnittstelle eines solchen Netzwerkes bezeichnet werden können.

JN-Strategiepapier " Vorpolitischer Raum"

Unter diesen Umständen bleibt nur zu hoffen, dass Politik, Polizei und Verfassungsschutz die Entwicklung tatsächlich "mit großer Aufmerksamkeit" verfolgen und zeitnah die richtigen Schlüsse ziehen. Der Verweis der Bundesregierung auf die Aktenlage des Jahres 1995 bietet dieser optimistischen Betrachtung allerdings nicht allzu viel Spielraum.