Startschuss für Handelskrieg? EU beschließt Strafzölle gegen chinesische E-Autos
Aufschläge von bis zu 37,6 Prozent. Warum fraglich ist, ob das China hemmt. Und wie dadurch vor allem Deutschland gefährdet ist.
Die Europäische Union hat entschieden, vorläufige Strafzölle auf Importe von Elektroautos aus China zu verhängen. Ab dem 5. Juli dieses Jahres werden je nach Hersteller Aufschläge zwischen 17,4 und 37,6 Prozent erhoben, die zu den bereits bestehenden zehn Prozent Einfuhrzoll hinzukommen.
Dies gab die EU-Kommission heute bekannt. Das Gremium den Schritt mit den umfangreichen staatlichen Subventionen, die Chinas Regierung der eigenen E-Auto-Produktion zukommen lässt. Diese Subventionen über die gesamte Wertschöpfungskette hinweg, würden europäischen Herstellern Wettbewerbsnachteile bescheren, so die Argumentation der EU-Behörde.
Kritische Stimmen aus Deutschland
Die Maßnahme der EU-Kommission trifft allerdings nicht überall auf Zustimmung. Der deutsche Bundeskanzler Olaf Scholz und mit ihm große Teile der deutschen Autoindustrie sowie die Bundesregierung stehen den zusätzlichen Zöllen kritisch gegenüber.
Ihre Befürchtung: direkte negative Auswirkungen auf heimische Betriebe und die Gefahr von Vergeltungsmaßnahmen durch China, die bis zu einem offenen Handelskrieg eskalieren könnten. Einer solchen Eskalation sind beide Seiten nun ein gutes Stück nähergekommen.
Mögliche Konsequenzen
Die Strafzölle, die derzeit als vorläufig gelten, könnten ab November 2024 zu realen Kosten für die Autobauer werden. Bis dahin sollen Gespräche zwischen Brüssel und Peking im Rahmen der Welthandelsorganisation (WTO) nach einer Lösung suchen.
Die Entscheidung kommt zu einem Zeitpunkt, an dem chinesische Elektroautos einen immer größeren Anteil am europäischen Markt erlangen – von knapp drei Prozent vor drei Jahren auf fast 22 Prozent aktuell. Acht Prozent der in der EU verkauften Elektro-Pkw entfallen auf chinesische Marken.
Blick auf die Zahlen
Die höchsten Strafzölle drohen jenen chinesischen Autobauern, die nicht an der von der EU vor neun Monaten eingeleiteten Untersuchung mitgewirkt haben. Hierzu gehört etwa der Volkswagen-Partner SAIC mit einem möglichen Aufschlag von 37,6 Prozent.
Für den Hersteller BYD sind 17,4 Prozent vorgesehen, während Geely mit 19,9 Prozent rechnen muss. Auch für Unternehmen wie BMW oder Tesla, die aus China in die EU exportieren, könnte sich der Zollaufschlag auf 20,8 Prozent belaufen.
Analysten sehen geringe Auswirkungen für chinesische Hersteller
Analysten, darunter Gao Shen aus Shanghai und Ray Kwok von CGS International, sind jedoch der Meinung, dass die Strafzölle die chinesischen Autobauer nicht abschrecken werden, da sie aufgrund niedrigerer Produktionskosten und strategischer Bedeutung des europäischen Marktes weiterhin Autos nach Europa exportieren werden. Das berichtete Telepolis unlängst.
Die South China Morning Post stellt heraus, dass chinesische Hersteller wie BYD ihren Zugang zum europäischen Markt auch angesichts dieser Zölle nicht gefährdet sehen.
China als neuer Spitzenreiter im Automobil-Export
Mit einem Anstieg von 58 Prozent im Vergleich zum Vorjahr hat China im Jahr 2023 Japan überholt und ist nun der weltweit größte Automobilexporteur. Laut der europäischen Lobbygruppe Transport & Environment stammen etwa 20 Prozent der in der EU verkauften reinen Elektroautos aus chinesischer Produktion, darunter auch Fahrzeuge von Tesla und Volvo.
EU und WTO-Regeln
Die EU zeigt sich zwar offen für alternative Lösungen, die den gleichen Effekt wie die Ausgleichszölle haben könnten, besteht jedoch darauf, dass diese im Einklang mit den Regeln der Welthandelsorganisation (WTO) stehen müssen. Selbst auferlegte Exportquoten für chinesische Elektroautos könnten diesen Anforderungen nicht gerecht werden.
Reaktionen und mögliche Folgen
China hat die geplanten EU-Zölle als protektionistisch bezeichnet und mit Gegenmaßnahmen gedroht, indem es Anti-Dumping-Untersuchungen gegen Importe von Schweinefleisch und Spirituosen eingeleitet hat. Trotz der angespannten Lage und der Diskussionen über mögliche Zölle aus Kanada und den USA scheint Beijing bis zur Einführung endgültiger EU-Sanktionen im November keine wesentlichen Zugeständnisse zu machen.
In diesem komplexen Geflecht aus diplomatischen Verhandlungen, Wirtschaftsinteressen und handelspolitischen Maßnahmen bleibt abzuwarten, wie sich die Beziehungen zwischen der EU und China weiterentwickeln und welche Auswirkungen dies auf die globale Automobilindustrie haben wird.